BRAK-Magazin 4/2020

18 BRAK MAGAZIN 04/2020 Mit dem Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) hat der Gesetzgeber das als defizitär geltende Anti-Do- ping-Strafrecht neu geregelt. Es wurden Strafbar- keitslücken geschlossen, Strafdrohungen präzi- siert und das Nebeneinander von Strafverfolgung und Verbandssanktion kodifiziert: Das AntiDopG stellt auch das freiverantwort- liche Selbstdoping unter Strafe, das von den Kör- perverletzungstatbeständen (§§ 223 ff. StGB) nicht erfasst wird. Gemäß § 4 I Nr. 4 i.V.m. § 3 I 1 AntiDopG wird ein Sportler bestraft, der ohne medizinische Indikation und in der Absicht, sich ei- nen Wettbewerbsvorteil im organisierten Sport zu verschaffen, ein Dopingmittel oder eine -methode an sich anwendet oder anwenden lässt; gemäß § 4 I Nr. 4. i.V.m. § 3 II AntiDopG ist strafbar, wer gedopt an einem Wettbewerb des organisierten Sports teilnimmt. § 4 II i.V.m. § 3 IV AntiDopG stellt den bloßen Besitz von Dopingmitteln durch den Sportler unter Strafe und verlagert die Strafbarkeit damit weit in das Vorfeld des Dopings. Unklar bleibt die exakte Reichweite des Tatbestands, da nur Spitzensport- lerinnen und -sportler des organisierten Sports taugliche Täter sein können. Spitzensportler ist, wer entweder Mitglied eines Testpools im Rahmen des Dopingkontrollsystems ist oder mit dem Sport erhebliche Einnahmen erzielt (§ 4 VII AntiDopG). Wann Einnahmen erheblich sind, bleibt fraglich: Soll hierfür eine absolute Betragsgrenze gelten? Ist nach Sportarten (z.B. ist im Tennis erheblich mehr zu verdienen als im Modernen Fünfkampf) zu dif- ferenzieren? Sind länderspezifische Unterschiede (ein Sportler kann in Deutschland im Durchschnitt deutlich höhere Einnahmen generieren als in ei- nem Entwicklungsland) anzuerkennen? § 4 i.V.m. § 2 I und II AntiDopG stellt Vorfeld- handlungen des Dopings wie die Herstellung (§ 2 I Nr. 1 AntiDopG) und das Verschreiben von Do- pingmitteln (§ 2 I Nr. 4 AntiDopG) unter Strafe. § 4 I Nr. 2 i.V.m. § 2 II AntiDopG regelt das kri- minelle Fremddoping. Diese Strafbarkeiten gehen über den Bereich des Profisports hinaus, da § 2 AntiDopG nicht auf den organisierten Sport be- schränkt ist. Erfasst wird – was erste Gerichtsur- teile bestätigen – auch der Breiten- und Freizeit- sport und möglicherweise sogar der Schul- und Hochschulsport. Dies hat z.T. absurde Konsequen- zen: Eine Ärztin, die wissentlich Dopingmittel ver- schreibt, um die Leistungsfähigkeit ihrer Patienten beim Mathematik-Abitur zu steigern, bleibt straf- los. Verschreibt sie dieselben Mittel für das Sport- Abitur, kann sie strafbar sein. Flankiert sind die neuen Vorschriften durch Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung (§ 100a II Nr. 3 StPO) sowie durch die Einzie- hungsvorschriften der §§ 73 ff. StGB, so dass z.B. Preis- und Sponsorengelder oder Arzthonorare ab- geschöpft werden können. § 8 AntiDopG ermög- licht die wechselseitige Informationsweitergabe aus staatlichen Ermittlungsverfahren bzw. ver- bandsinternen Ermittlungen an das jeweils andere Ermittlungsorgan. Diese Informationsweitergabe, die gem. Art. 14.2 NADC für die NADA zu einer Pflicht erstarkt, ermögliche parallele staatliche und verbandliche Straf- bzw. Dopingverfahren. Nach herrschender Meinung gilt das Doppelbe- strafungsverbot des Art. 103 III GG insoweit nicht. Der Sportrechtspraktiker muss sich angesichts des AntiDopG und seines Zusammenspiels mit den Verbandsregelungen darauf einstellen, bei der Ver- teidigung vermeintlicher Dopingsünder im Einzel- fall auf erhebliche Schwierigkeiten zu stoßen. DAI AKTUELL Doping im Profisport – straf- und sportrechtliche Konsequenzen in der Praxis Rechtsanwalt Michael Reinhart, Augsburg STRAFRECHTLICHE UND STRAFPROZESSUALE PROBLEME DES DOPINGS IM PROFISPORT 19. November 2020 ∙ Online-Vortrag 11. Dezember 2020 ∙ Heusenstamm (bei Frank- furt am Main) Referent: Michael Reinhart, Rechtsanwalt, Augsburg STRAFRECHTLICHE VERANTWORTUNG VON OR- GANEN UND MITGLIEDERN VON SPORTVEREINEN 11. November 2020 ∙ Bochum Referent: Michael Reinhart, Rechtsanwalt, Augsburg Informationen und Anmeldungen: Deutsches Anwaltsinstitut e. V. Tel.: 0234 97064-0; Fax: 0234 703507 E-Mail: info@anwaltsinstitut.de www.anwaltsinstitut.de

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