BRAK-Magazin Ausgabe 3/2024

BRAK MAGAZIN 3/2024 15 für eine unparteiische Streitbeilegung bieten. Sie unterliegen keinerlei Weisungen und werden für mindestens drei Jahre bestellt. Eine vorherige berufliche Tätigkeit in den letzten drei Jahren, die die Neutralität beeinträchtigen könnte – sei es auf Unternehmer- oder Verbraucherseite –, schließt eine Bestellung aus. Sie müssen über Fach- und Rechtskenntnisse insbesondere im Verbraucherrecht verfügen; nur mit zweitem juristischem Staatsexamen oder als zertifizierte Mediatorin bzw. zertifizierter Mediator kann man Streitmittler werden. 6. WELCHE WEITEREN VORTEILE GIBT ES? Verbraucherstreitbeilegung ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn eine gerichtliche Auseinandersetzung gescheut wird, etwa wegen des sog. rationalen Desinteresses (Aufwand vs. Risiken des Gerichtsverfahrens im Verhältnis zum relativ niedrigen Streitwert). Die Streitigkeit würde also einfach versanden, was aber zumindest für eine der Parteien, oft sogar für beide, unbefriedigend ist. Hier hilft die Niedrigschwelligkeit des wenig formalen Schlichtungsverfahrens. 7. SIND TERMINE UND FRISTEN ZU BEACHTEN? Wenn es sich um echte Mediationen handelt – derzeit die absolute Ausnahme – muss ein Termin gefunden werden. Schlichtung ist aber der Regelfall und findet meist schriftlich statt, wobei Textform die Regel ist. In dem Verfahren werden Fristen für Stellungnahmen gesetzt und auch für die Annahme des Schlichtungsvorschlags. Selbstverständlich ist eine Einigung auf dieser Basis aber auch noch nach Verstreichen dieser Frist möglich. Eine besondere Frist gilt bei der Universalschlichtungsstelle: § 30 VI 2 VSBG. Hier wird die gebührenauslösende Teilnahmebereitschaft des Unternehmers fingiert, wenn er zwar keine Bereitschaft erklärt hat, aber die Teilnahme nicht innerhalb von drei Wochen nach Übermittlung des Antrags ablehnt. 8. WIE VERTRAULICH IST DAS VERFAHREN? Die Verbraucherschlichtungsstelle ist nach § 22 VSBG zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Parteien selbst trifft diese Pflicht nicht; zusätzliche Verschwiegenheitsabreden sind aber denkbar. 9. WELCHE AUSWIRKUNGEN HAT EINE ANTRAGSTELLUNG AUF DIE VERJÄHRUNG? Hier gilt das bereits von der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft Gesagte (s. Fölster/Jeroch, BRAK-­ Magazin 1–2/2024, 16) für alle Verbraucherschlichtungsstellen. Vor allem: Auf ausreichende Individualisierung und Konkretisierung des Antrags achten und darauf, ob bereits im Vorfeld vom Antragsgegner signalisiert wurde, dass er nicht bei einem Verfahren mitmachen werde. Hieran kann die Hemmung scheitern. Zwar ist ein Antrag ohne Anwältin oder Anwalt möglich; kommt es dabei aber auf die Hemmung an, kann eine rechtliche Beratung zur Antragstellung – wenn nicht gar eine Vertretung – sehr sinnvoll sein. Diese Beratung wird nicht von den neutralen Verbraucherschlichtungsstellen geleistet. Beratung ist hier Sache einer Anwältin/eines Anwalts oder der Verbraucherzentralen. 10. STEHT DIE VERBRAUCHERSTREITBEILEGUNG IN KONKURRENZ ZU GERICHT UND ANWALTSCHAFT? Nein, es ist eine Ergänzung, die aus mehreren Gründen Sinn macht. Bei typischerweise geringen Streitwerten kommen diese Streitigkeiten wegen des erwähnten rationalen Desinteresses häufig nicht vor Gericht. Ohne Verbraucherschlichtungsstellen würde hier also oft gar nichts passieren. Wie man aber an der Rechtsprechung zum Verbraucherrecht sieht, gibt es dennoch ausreichend Fälle, die gerichtlich entschieden werden. Das ist gut so, denn so gibt es richterliche Rechtsfortbildung, die wiederum in Schlichtungsvorschläge Eingang findet. Es braucht also beides. Die meisten Verbraucherschlichtungsstellen lehnen eine Schlichtung sogar ab, wenn eine grundsätzliche Rechtsfrage, die für die Bewertung der Streitigkeit erheblich ist, nicht geklärt ist. Es kann durchaus Sinn für Anwältinnen und Anwälte machen, Verbraucher erst zu einer Verbraucherschlichtungsstelle zu schicken oder den Antrag dort für sie zu stellen. Denn verbraucherseitig ist der Antrag kostenlos. Kommt es nicht zu einer Lösung, steht das einer späteren Vertretung vor Gericht freilich nicht entgegen. Rechtanwältinnen und Rechtsanwälte sind Lotsen dafür, wie man einen Konflikt bestmöglich im Mandanteninteresse lösen kann. In der Reihe „10 Fragen…“ stellt der Ausschuss Außergerichtliche Streitbeilegung der BRAK die wichtigsten Methoden der außergerichtlichen Streitbeilegung kurz und kompakt vor. Die Reihe startete in BRAK-Magazin 5/2023, dort erläutert Cramer die anwaltliche Lotsenfunktion.

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