BRAK-Magazin Ausgabe 3/2024

BRAK MAGAZIN 3/2024 4 EIN BLICK IN DEN MASCHINENRAUM So funktioniert die BRAK-Hauptversammlung Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin Die Kammern lehnen den Vorschlag einer anlasslosen Kontrolle anwaltlicher Sammelanderkonten einhellig und strikt ab. So heißt es in einem Bericht aus der BRAK-Hauptversammlung in Warnemünde Ende April. Doch wie kommt es eigentlich dazu, dass die Hauptversammlung so etwas zu einem aktuellen Gesetzesvorhaben verlautbaren lassen kann? Für die meisten Anwältinnen und Anwälte ist „die BRAK“ etwas recht abstraktes und „BRAK-Hauptversammlung“ klingt wenig greifbar. Klar kann man sich als Juristin oder Jurist ungefähr etwas unter einer Hauptversammlung vorstellen – aber mit der anwaltlichen Selbstverwaltung hat man schließlich im Alltag kaum zu tun. Was passiert also wirklich in einer BRAK-HV? ERSTE ANNÄHERUNG Beginnen wir, wie Juristen klassischerweise beginnen: mit einer Begriffsklärung. Nach § 187 BRAO fasst die BRAK ihre Beschlüsse regelmäßig auf Versammlungen ihrer Mitglieder – den Hauptversammlungen (oder kurz: HVen). Die Hauptversammlung kommt in der Regel zweimal jährlich zusammen, so sieht es die Satzung der BRAK (§ 8 I) vor. Damit ist vorgezeichnet, dass der Hauptversammlung die wesentliche Willens- und Meinungsbildung der BRAK vorbehalten ist, zu Fragen, die die Gesamtheit der Rechtsanwaltskammern und der Anwaltschaft berühren. Die HV setzt also die Richtlinien der Berufspolitik und beschließt über grundlegende Fragen wie z.B. Beiträge und den Haushalt. Und sie wählt das Präsidium. Das Alltagsgeschäft erledigt das BRAK-Präsidium. Es setzt die Beschlüsse der HV um (die sich übrigens bereits im Herbst 2023 mit großer Mehrheit gegen anlasslose Kontrollen von Sammelanderkonten durch die Kammern aussprach) und wird dabei von der Geschäftsführung und den Fachausschüssen der BRAK unterstützt. Diese bereiten für das Präsidium Gutachten und Stellungnahmen insbesondere zu Gesetzgebungsvorhaben vor. WER IST DIE HV? Die BRAK ist der Zusammenschluss der Rechtsanwaltskammern (§ 175 I BRAO), sie bildet also deren Dachorganisation und vertritt sie gegenüber Behörden und Organisationen. Das spiegelt sich im Katalog ihrer gesetzlichen Aufgaben in § 177 BRAO. Historisch gab es erstmals in der Weimarer Zeit eine Reichs-Rechtsanwaltskammer als kammerübergreifende Institution. Sie wurde 1935 unter den Nationalsozialisten gleichgeschaltet und zu einer hierarchischen, der NS-Politik verpflichteten Organisation umgebaut. Zu deren Rolle hat die BRAK eine rechtshistorische Studie in Auftrag gegeben, die im Herbst 2024 vorgestellt werden wird. Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes kooperierten die Kammern zunächst in der „Arbeitsgemeinschaft der Anwaltskammervorstände im Bundesgebiet“, die als GbR organisiert war. Erst im Jahr 1959, mit dem Inkrafttreten der BRAO, wurde die Bundesrechtsanwaltskammer eingesetzt, die bewusst als Bindeglied zwischen ihren Mitgliedern – den Rechtsanwaltskammern – konzipiert ist und deren Entscheidungsträger und Entscheidungen demokratisch legitimiert sind. Die Frage, wer die HV ist, lässt sich also ganz kurz beantworten: die Kammern. WER GIBT DER KAMMER IHRE STIMME? Damit die Kammern in der BRAK-HV abstimmen können, müssen sie sich erst einmal selbst eine Meinung zu den Themen bilden, die auf der Tagesordnung stehen. Um im eingangs erwähnten Beispiel zu bleiben: Über den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen, in dem auch die anlasslose Kontrolle von Sammelanderkonten durch die Kammern in § 73a BRAO-E enthalten war, haben die Kammern in ihren Vorständen diskutiert. Über das Gesetzesvorhaben wurden sie durch die BRAK informiert, die im Rahmen der Verbändebeteiligung durch das BundesjustizministeFoto: Smart Design/shutterstock.com

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