BRAK-Magazin Ausgabe 3/2024

BRAK MAGAZIN 3/2024 8 HÖRT IHR NICHT DIE ZEICHEN DER ZEIT? Die Juristenausbildung muss reformiert werden! Rechtsanwältin Kristina Trierweiler, LL.M., BRAK, Berlin Nicht erst seit Veröffentlichung der Ergebnisse der groß angelegten Umfrage der Initiative iur.reform im Frühjahr 2023 ist bekannt, dass die große Mehrheit der Befragten mit dem Jurastudium unzufrieden ist. Wie in NJW-aktuell 23/2024 kürzlich zu lesen war, würden es ca. 60 % der Studienanfänger nicht bis zu einem bestandenen ersten Examen schaffen. Angesichts des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels muss dieser Entwicklung endlich entgegengesteuert werden. Das juristische Studium und der Vorbereitungsdienst müssen zweifelsfrei höchsten Qualitätsanforderungen genügen. Sie müssen aber auch attraktiv und zukunftsorientiert ausgestaltet sein, um beständig in hinreichender Zahl qualifizierten Nachwuchs für die reglementierten juristischen Berufe auszubilden. Sehr erfreulich ist daher der Vorstoß, der mit dem sog. Hamburger Protokoll zur Reform der ersten (juristischen) Prüfung unternommen wurde. Im Dezember 2023 lud die Bucerius Law School in Hamburg Professoren und Studierende von verschiedenen juristischen Fakultäten zu einer Arbeitssitzung ein. Ergebnis dieser Sitzung ist das Hamburger Protokoll, in dem vier Kernforderungen zur Reform der ersten juristischen Prüfung formuliert wurden. VIER KERNFORDERUNGEN FÜR EIN BESSERES STUDIUM Das Hamburger Protokoll plädiert für die Verlagerung bestimmter Stoffgebiete aus der staatlichen Pflichtfachprüfung in das Studium. Das verringert die Belastung der Studenten und ermöglicht eine praxisnähere Ausbildung. Der Bachelor of Laws (LL.B.) sollte in den Staatsexamensstudiengang integriert werden, damit er eine attraktive Ergänzung und eine flexiblere Ausbildung für angehende Juristinnen und Juristen bietet. Ferner sollen niedrigschwellige Ansprechstellen Konflikte in Prüfungssituationen vermeiden und eine Sensibilität für die Belange der Prüflinge entwickeln. Schließlich soll eine langfristige Überprüfung und Evaluation der Ausbildungsziele und -inhalte die Qualitätssicherung gewährleisten und eine kontinuierliche Verbesserung ermöglichen. Weitere Reformansätze umfassen die Stärkung von Grundlagen- und Methodenkompetenz, die Überlegung zur Einführung verdeckter Zweitkorrekturen und eine diversere Besetzung der Prüfungskommissionen. IM GESPRÄCH MIT DER ANWALTSCHAFT Auf Einladung des Präsidenten der Bucerius Law School, Prof. Dr. Michael Grünberger, und des Studiendekans der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg, Prof. Dr. Dr. Milan Kuhli, diskutierten am 29.5.2024 für die BRAK Dr. Thomas Kuhn, Christian Pope (BRAK-Ausschuss Juristenausbildung) und Kristina Trierweiler sowie Sophie Dahmen für die Initiative iur.reform über das Hamburger Protokoll und mögliche Verbesserungen in der juristischen Ausbildung. Uneingeschränkt bestand Einigkeit, dass nur Staatsprüfungen eine einheitliche Qualität sichern. Daneben müssen jedoch Strukturen geschaffen werden, die langfristig dafür sorgen, dass sich auch in der Zukunft viele junge Menschen für die Rechtswissenschaft und die Vielfalt juristischer Berufsfelder interessieren und begeistern lassen. JUSTIZMINISTERKONFERENZ Auch die Justizministerinnen und -minister von Bund und Ländern haben sich auf ihrer Frühjahrskonferenz mit der Nachwuchsgewinnung in der Justiz und der Zukunft der volljuristischen Ausbildung befasst. Trotz begleitender studentischer Proteste wurde wieder einmal lediglich festgestellt, dass sich die volljuristische Ausbildung bewährt habe und insgesamt gut geeignet sei, das notwendige Fachwissen und die wesentlichen Kompetenzen zu vermitteln, die für eine Tätigkeit in den volljuristischen Berufen erforderlich sind. Grundlegender Reformbedarf bestehe nicht. Hört die Zeichen der Zeit! Im Bereich der Ausbildung der Rechtsanwaltsfachangestellten hat man schon genug Zeit verschlafen – dieser Fehler sollte nicht beim juristischen Nachwuchs wiederholt werden! Foto: Bucerius Law School Liv-Bjane Heiser (Bucerius Law School), Jonathan Schramm (Bucerius Law School), Dr. Thomas Kuhn (BRAK), Kristina Trierweiler (BRAK), Prof. Dr. Michael Grünberger (Bucerius Law School), Christian Pope (BRAK), Sophie Dahmen (iur.reform), Alexandra Malcha (Bucerius Law School).

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