BRAK MAGAZIN 4/2024 17 können. Der Vermittler selbst hat keine Entscheidungsbefugnis. Er kann keine verbindlichen Entscheidungen treffen. Vermittlungsvorschläge sind nur dann verbindlich, wenn ihnen beide Seiten zustimmen. Allerdings kann es vertragliche Regelungen zwischen den Streitparteien geben, nach dem Vermittlungsergebnisse zwischen den Parteien verbindlich sind, z.B. in Gesellschaftsverträgen. 5. HEMMT DAS VERMITTLUNGSVERFAHREN DIE VERJÄHRUNG? Eine Verjährungshemmung gem. § 203 BGB (Verhandlung) setzt voraus, dass beide Parteien an dem Vermittlungsverfahren teilnehmen. Eine Verjährungshemmung bei einseitiger Antragstellung kann bei Verbraucheranträgen durch die unwiderlegliche Einvernehmensvermutung des § 15a III 2 EGZPO i.V.m. § 204 I Nr. 4 BGB (Güteantrag) bewerkstelligt werden. Soweit dies in den Landesschlichtungsgesetzen vorgesehen ist, können die Rechtsanwaltskammern gleichzeitig als Gütestellen zugelassen werden. In diesem Fall kann auch die einseitige Antragstellung von Mandanten, die keine Verbraucher sind, oder die einseitige Antragstellung von Anwälten zur Verjährungshemmung gem. § 204 I Nr. 4 BGB führen. Dann wäre aber ein Schlichtungs-, und kein Vermittlungsantrag bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu stellen. Sofern der Antragsgegner allerdings bereits vorab erklärt hat, dass er sich nicht an einer außergerichtlichen Streitbeilegung beteiligen wird, kann sich der Antragsteller auf die Verjährungshemmung nicht berufen, da die Antragstellung trotz Ablehnung rechtsmissbräuchlich ist (vgl. BGH, NJW 2016, 233). Im Übrigen ist Voraussetzung der Verjährungshemmung gem. § 204 I Nr. 4 BGB in jedem Fall die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags an den Antragsgegner. Davon, dass jede Stelle für die außergerichtliche Streitbeilegung die Bekanntgabe des Antrags an den Antragsgegner veranlasst, ist jedoch nicht zwangsläufig auszugehen (vgl. das Vorgehen der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft bei Vorliegen eines Ablehnungsgrundes, Ruge, BRAK-Magazin 5/2016, 4 (5)). Wie die zuständige Kammer vorgeht, sollte im Einzelfall vor Antragstellung erfragt werden. Auf keinen Fall sollte man sich ohne nähere Prüfung auf die Verjährungshemmung verlassen! 6. SIND VERMITTLUNGSVEREINBARUNGEN VOLLSTRECKUNGSTITEL? Vermittlungsvereinbarungen sind grundsätzlich keine Vollstreckungstitel, da die Kammervorstände keine Gütestellen i.S.d. § 794 I Nr. 1 ZPO sind. Allerdings können die Rechtsanwaltskammern, soweit dies in den jeweiligen Landesgesetzen vorgesehen ist, als Gütestellen zugelassen werden. In diesem Fall kann die Rechtsanwaltskammer als Gütestelle einen vollstreckbaren Titel i.S.d. § 794 I Nr. 1 ZPO schaffen, wenn das Verfahren als Schlichtungsverfahren durchgeführt wird. 7. SIND DIE VERMITTLER ZUR VERSCHWIEGENHEIT VERPFLICHTET? Sowohl die Kammervorstände, die als Vermittler tätig sind, als auch andere Rechtsanwälte, die in Vermittlungsverfahren mitwirken, sind gem. § 76 BRAO zur Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten, die ihnen aufgrund ihrer Vermittlungstätigkeit bekannt geworden sind, nicht aussagen. Nicht an diese Verschwiegenheitspflicht gebunden sind selbstverständlich die Parteien selbst. 8. WIE IST DAS VERHÄLTNIS ZU ANDEREN VERFAHREN? Vermittlungsverfahren und staatliche Gerichtsverfahren können parallel durchgeführt werden. Regelmäßig wird es aber nicht sinnvoll sein, die Verfahren zu„doppeln“. Das Gleiche gilt für das Verhältnis von Vermittlungsverfahren vor der Kammer und Verfahren vor der Schlichtungsstelle. 9. WIE IST DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN VERMITTLUNG UND BERUFSAUFSICHT? Die Durchführung eines Vermittlungsverfahrens tangiert die Berufsaufsicht gem. § 73 II Nr. 4 BRAO nicht. Hierauf sollte der am Vermittlungsverfahren beteiligte Anwalt von der Kammer ausdrücklich hingewiesen werden. 10. WAS KOSTET DAS VERMITTLUNGSVERFAHREN? Eine Kostenerhebung für das Vermittlungsverfahren ist nicht zwingend. Ob die jeweilige Rechtsanwaltskammer Kosten für die Durchführung des Vermittlungsverfahren erhebt, sollte vor Antragstellung erfragt werden. Rechtanwältinnen und Rechtsanwälte sind Lotsen dafür, wie man einen Konflikt bestmöglich im Mandanteninteresse lösen kann. In der Reihe „10 Fragen…“ stellt der Ausschuss Außergerichtliche Streitbeilegung der BRAK die wichtigsten Methoden der außergerichtlichen Streitbeilegung kurz und kompakt vor. Die Reihe startete in BRAK-Magazin 5/2023, dort erläutert Cramer die anwaltliche Lotsenfunktion.
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