BRAK MAGAZIN 4/2024 5 Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit standen hier von Anfang an die anwaltlichen Meldepflichten. Anwältinnen und Anwälte, die Verpflichtete aufgrund der in § 2 I Nr. 19 GwG umgesetzten alten EU-Richtlinie sind, sind gem. § 43 GwG meldepflichtig. Die alte Richtlinie – umgesetzt im GwG – sah vor, dass Angehörige von rechtsberatenden Berufen Informationen nicht melden müssen, die vor, während oder nach einem Gerichtsverfahren oder im Rahmen der Beurteilung der Rechtslage für einen Mandanten erlangt wurden, es sei denn, sie sind selbst an der Straftat beteiligt, erteilen die Rechtsberatung zu deren Zweck oder sie wissen, dass der Mandant die Rechtsberatung zum Zweck der Straftat in Anspruch nimmt. War der Vorschlag der Kommission ursprünglich wortlautgleich mit der alten Richtlinie, taten sich im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens so einige Schreckenskonstrukte auf. Schließlich sieht ein Großteil der Abgeordneten angesichts zahlreicher Skandale im Finanz- und Steuerbereich in der Anwaltschaft nach wie vor „professional enablers“, die ihre Fachkenntnisse und ihre spezielle Stellung gezielt für Straftaten einsetzen. Die faktische Untermauerung dieses pauschalen Verdachts fehlte dabei oftmals. Den „enablers“ versuchte man im Besonderen auch mit dieser Verordnung beizukommen. So wurden im Europäischen Parlament im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens allerhand Regel-Ausnahme-Tatbestände für anwaltliche Meldepflichten diskutiert, wobei man eben versuchte, mögliche kriminelle Handlungen seitens der Anwaltschaft einzubauen. Dies ging jedoch auf Kosten der Klarheit der Normen und damit auch der Rechtssicherheit. Doch präventive Anti-Geldwäschepflichten, die die berufliche Tätigkeit weiter Kreise der Anwaltschaft betreffen, eignen sich ihrer Natur nach nicht für ein Vorgehen gegen wenige, aber leider medial sehr präsente, kriminelle Individuen. Diesen muss man mit den Mitteln des Strafrechts begegnen. Glücklicherweise waren die meisten dieser Vorschläge schnell wieder vom Tisch. Bis zuletzt hielt sich jedoch die „wellgrounded suspicition“ einer Straftat, die dafür sorgen sollte, dass ein Anwalt sich nicht auf seine Ausnahme von der Meldepflicht berufen kann. Zu guter Letzt sah man aber auch von dieser – wenig konkreten – Einschränkung ab. Die neue Regelung entspricht nun weitestgehend der alten; die Ausnahmetatbestände wurden im zugehörigen Erwägungsgrund klarstellend legaldefiniert. In diesem Zusammenhang muss die Rechtsprechung zu mehreren bei den europäischen Gerichten anhängigen Verfahren verfolgt werden, in denen es um die Konkretisierung der Anwaltsausnahme geht. Die Verordnung enthält zahlreiche weitere Vorschriften zu Details anwaltlicher Geldwäscheaufsicht, darunter die Verpflichteteneigenschaft von Berufsausübungsgesellschaften oder Synidici sowie Modalitäten von Identifikationspflichten. Für Barzahlungen gilt nun eine Obergrenze von 10.000 Euro. Die BRAK arbeitet diese Pflichten, die auf die Anwaltschaft zukommen, derzeit umfassend auf. GELDWÄSCHERICHTLINIE Die neue Geldwäscherichtlinie gilt für öffentliche Stellen. Auf unsere große Besorgnis trafen die gem. Art. 52 einzurichtenden zentralen nationalen Geldwäschebehörden. Sie sollten dem Entwurf der Kommission zufolge sicherstellen, dass die Selbstverwaltung ihre Aufgaben „den höchsten Standards entsprechend“ durchführt, und dabei weisungsbefugt sein. Die BRAK sah darin eine Erweiterung der reinen Überprüfung von Gesetz und Satzung im Sinne der jetzigen Aufsicht hin zu einer fachaufsichtlichen Beurteilung von Angemessenheit und Zweckmäßigkeit. Dies würde in Deutschland jedoch zu einer nicht hinnehmbaren Durchbrechung des Prinzips der Selbstverwaltung führen, was wiederum die Unabhängigkeit der Anwaltschaft gefährden würde – und damit Grundrechte von Mandantinnen und Mandanten. Jetzt ist das Ergebnis der Verhandlungen da – nach wie vor mit dem Wort „Weisung“. Kommt also die Fachaufsicht und damit das Ende der unabhängigen Anwaltschaft? Glücklicherweise ist dies nach Ansicht der betroffenen Verbände nicht der Fall. Wichtig ist hierbei, dass eine EU-Richtlinie nicht unter Heranziehung nationaler Begriffsbestimmungen ausgelegt werden kann, und dass eine Abgrenzung zwischen Rechts- und Fachaufsicht den anderen EU-Mitgliedstaaten und damit auch dem EU-Gesetzgeber fremd ist. Dieser muss jedoch die nationale Identität der Mitgliedstaaten achten (Art. 4 II AEUV). Die deutsche Unterscheidung zwischen Fach- und Rechtsaufsicht war auch in den Trilogverhandlungen ein Thema. Infolge ausführlicher Diskussionen kam man von der ursprünglichen, im Sinne einer Fachaufsicht gefassten Formulierung „den höchsten Standards entsprechend“ ab und einigte sich am Ende zur Bewahrung unserer nationalen Besonderheit – der (bloßen) Rechtsaufsicht über die Selbstverwaltung – auf die abgeschwächte Formulierung in Art. 52 II lit. c) GW-RL, der zufolge die nationale Behörde nur noch die Angemessenheit und Wirksamkeit, also die Rechtmäßigkeit der getroffenen Maßnahmen überprüfen soll. In Ermessensentscheidungen darf sie nicht eingreifen. Entsprechend schränkt auch der Erwägungsgrund 100 die Befugnisse ein: Ausübung der Tätigkeit im Einklang mit der Richtlinie, keine Aufsichtsaufgaben
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