BRAK-Magazin Ausgabe 1/2025

BRAK MAGAZIN 1/2025 17 führe zur Ausschüttung von Glückshormonen, man fühle sich sofort besser. Das geht ganz einfach, indem man sich einen Stift quer zwischen die Zähne klemmt. De Bark machte es vor und verteilte Bleistifte; das Publikum testet den Trick unter viel Gekicher selbst. Mit ebensoviel Witz ging es außerdem darum, wie man sein Gegenüber lesen kann, wie man Vielredner mit der Fischmaultaktik stoppt oder wie man trotz Robe souverän wirkt. BEDROHTER RECHTSSTAAT Im zweiten „Salongespräch“ wurde es ernst und nachdenklich. Gleich zwei Präsidenten waren zu Gast: Dr. Klaus von der Weiden, Richter am BVerwG und Präsident des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, und Jan Helge Kestel, Präsident der Rechtsanwaltskammer Thüringen. Ihr Thema: Bedrohungen für den Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz. Im Fokus war die starke Stellung der AfD nach den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, dort sogar mit Sperrminorität. Kestel betonte, dass gerade vom Thüringer Landesverband der AfD Ärger zu erwarten sei. Und zwar nicht nur bei Verfassungsänderungen, ergänzte von der Weiden, sondern z.B. auch bei Wahlen von Verfassungsrichterinnen und -richtern, zum Landesrechnungshof oder bei der Besetzung des parlamentarischen Kontrollgremiums. Man dürfe aber nicht „aus Angst vor dem Tod Selbstmord begehen“, meinte Kestel, sondern müsse die richtigen Maßnahmen für unseren Rechtsstaat treffen. Die Krux: Es könnte zu einer vollständigen Blockade kommen, etwa im Richterwahlausschuss, wenn man nicht selektiv doch mit der AfD arbeite; sonst drohten negative Folgen für die Justiz und den Zugang zum Recht. Diskutiert wurde außerdem über ein AfD-Verbotsverfahren, dessen politischen Nutzen Beyrich und ihre Gäste unterschiedlich einschätzten. Von der Weiden wies darauf hin, dass ein Bejahen der Erfolgsaussichten nicht auch eine Pflicht zum Verbotsantrag bedeute; hier bestehe ein politisches Ermessen. Das Dilemma: Eine verfassungswidrige Partei stelle erst ab einer gewissen Größe eine Gefahr dar und könne verboten werden. In Thüringen sei aktuell eine Position am VerfGH zu besetzen. Kestel gab zu bedenken: Sollte man die AfD mitreden lassen, um den von ihr oft bemühten „Ausgrenzungsmythos“ nicht zu befeuern? Von der Weiden zeigte auf, dass dieses Problem bei der Besetzung von Richterinnen- und Staatsanwaltsstellen viel drängender sei, also dort, wo Bürgerinnen und Bürger den Rechtsstaat erleben. Ist die starke AfD also ein Standortnachteil für Thüringen bei der Gewinnung von Justiz-Nachwuchs? Hierüber und über weitere Fragen diskutierten Kestel und von der Weiden sehr differenziert. FASZINATION DES BÖSEN Ein ganz anderes Wechselbad der Gefühle bereitete das dritte„Salongespräch“ mit der forensischen Psychiaterin Dr. Nahlah Saimeh über die „Faszination des Bösen“. Als Sachverständige in Strafverfahren begutachtet sie seit fast 25 Jahren u.a. Mörder, Kindesmisshandler und Sexualstraftäter. Genau das Gegenteil von Anwältinnen und Anwälten sei sie als Sachverständige, erklärte Saimeh: nämlich zu 100 % unparteiisch. Vor allem in den sozialen Medien unterscheiden Menschen aber oft nicht zwischen Emotion und Fakten. Dass sie ein Phänomen beschreibe und erkläre, werde schnell missverstanden als Identifikation mit dem Täter. Immer häufiger würden Sachverständige für ihre Tätigkeit abgewertet und kritisiert. Hintergrund für den Hass seien die häufig sehr aufwühlenden Fälle, in denen Sachverständige tätig sind. Ihre Aufgabe dabei: Den Anfang der Gewalt zu erklären, z.B. Mechanismen der Dehumanisierung anderer und der Stabilisierung des eigenen Selbstwerts durch deren Erniedrigung. Aus selbst erlebten Drohungen und Beleidigungen ließ Saimeh sich ein „Shitstorm-Kleid“ designen – so könne sie den Hass rückstandsfrei ausziehen, erklärte sie schmunzelnd. Trotz aller Anfeindungen ist ihr wichtig, im öffentlichen Diskurs weiter zur Aufklärung beizutragen. Saimeh schilderte ihre Fälle mit viel schwarzem Humor, aber sehr klar und objektiv und mit fachlicher Präzision; gruselige Details der Fälle wechselten sich ab mit theoretischen, manchmal fast philosophischen Ausführungen – eine faszinierende Mischung, die das Publikum von der ersten Sekunde an fesselte. Viel zu schnell war das makaber-­ lustig-lehrreiche Feuerwerk vorbei. Doch man kann es, wie die beiden anderen Gespräche, als Podcast und Video nacherleben. SALONGESPRÄCHE ZUM NACHHÖREN UND NACHSCHAUEN: Teil 1 mit Yvonne de Bark als Podcast und Video Teil 2 mit Dr. Klaus von der Weiden und Jan Helge Kestel als Podcast und Video Teil 3 mit Dr. Nahlah Saimeh als Podcast und Video

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