BRAK MAGAZIN 1/2025 4 VERFOLGUNG, BEDROHUNG UND INHAFTIERUNG VON ANWÄLTEN Tag des verfolgten Anwalts in Nürnberg Rechtsanwalt Sven Krautschneider, BRAK, Berlin Jährlich findet am 24. Januar der internationale Tag des verfolgten Anwalts statt. Auch in diesem Jahr versammelten sich im Nürnberger Justizpalast Juristen, Politiker, Verbände- und Behördenvertreter und zahlreiche Interessierte, um auf die Schicksale von Anwältinnen und Anwälten aufmerksam zu machen, die aufgrund ihrer anwaltlichen Tätigkeit Hass, Bedrohung und Verfolgung erleiden. NÖTIGER GEDENKTAG Der Gedenktag wurde von europäischen Anwaltsvereinigungen ins Leben gerufen und geht auf die Ermordung von vier spanischen Gewerkschaftsanwälten und eines Angestellten ihrer Kanzlei in Madrid im Jahr 1977 zurück. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Juristengruppe bei Amnesty International (AI) Nürnberg in Kooperation mit der Rechtsanwaltskammer Nürnberg, dem NürnbergFürther Anwaltsverein, dem OLG Nürnberg, musica nova e.V. und der BRAK. Jedes Jahr wird das Augenmerk besonders auf die Situation in einem bestimmten Land gerichtet. Im Jahr 2025 steht Belarus im Fokus. Dass dieser Gedenktag nach wie vor nötig ist, zeigen zahlreiche besorgniserregende Entwicklungen im In- und Ausland. So wurden drei Anwälte aus dem Team des verstorbenen russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny kürzlich in der Nähe von Moskau zu mehrjährigen Haftstrafen in Straflagern verurteilt, wobei die ihnen vorgeworfenen Taten offensichtlich auf ihrer Verteidigertätigkeit für Alexej Nawalny beruhen. Die BRAK protestierte öffentlich gegen die Urteile. Weil sie ihrer ureigenen Arbeit nachgehen, werden Anwälte in vielen Teilen der Welt nach wie vor Zielscheibe von Hetze und Angriffen. JURISTEN SIND AUCH TÄTER In ihrer Rede führte Rechtsanwältin Christine Roth, Vorsitzende der Nürnberger AI-Juristengruppe, aus, dass Juristen und Journalisten in Unrechtsregimen am meisten bedroht und verfolgt werden. Sie wies aber auch darauf hin, dass Juristen nicht nur Opfer, sondern häufig auch Täter sind. So hatten sich Roland Freisler und viele hundert Juristen willfährig als Helfer und Vollstrecker der Nazibarbarei betätigt. In dieser Schreckenszeit wurde mit zehntausenden Todesurteilen eine justizielle Mord- und Hinrichtungsmaschinerie am Laufen gehalten. Dabei zitierte Christine Roth das Urteil des amerikanischen Militärgerichts beim Nürnberger Juristenprozess: „Der Dolch des Mörders war unter der Robe des Juristen verborgen“. In dem Verfahren wurden 14 Juristen der Nazis zu Haftstrafen verurteilt. Die meisten von ihnen wurden indes bald begnadigt und waren wenig später wieder in Amt und Würden. DIE BEDEUTUNG VON MENSCHENRECHTEN UND DEMOKRATIE BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels betonte in seiner Rede die Bedeutung von Menschenrechten als Fundament jeder funktionierenden Demokratie. Er verwies auf die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland als grausames Beispiel dafür, was geschehen kann, wenn der Schutz der Menschenrechte zusammenbricht und Anwälte ihrer Pflicht, das Recht und die Freiheit zu verteidigen, nicht mehr nachkommen können. Neben der erschütternden rechtsstaatlichen Situation in Russland wies Dr. Wessels auch darauf hin, dass Rechtsanwälte in China und Hong Kong staatliche Repressionen befürchten zu haben. Dies geschehe auf Grundlage des 2020 in Kraft getretenen sog. Sicherheitsgesetzes. Er betonte auch, wie wichtig es ist, gerade in Anbetracht der aktuellen politischen Lage menschenrechtsverachtenden Standpunkten geschlossen entgegenzutreten. Der Präsident des OLG Nürnberg, Dr. Thomas Dickert, legte in seinem Grußwort dar, dass Demokratie und Rechtsstaat die tragenden Säulen unserer Gesellschaft sowie zwei Seiten einer Medaille sind. Er hob hervor, dass eine funktionierende Gewaltenteilung, freie und kritische Medien, unabhängige Gerichte und eine freie Advokatur für eine funktionierende Demokratie und einen starFoto: Christian Oberlander Musikalische Begleitung durch Gordian Teupke
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