BRAK-Magazin Ausgabe 1/2025

BRAK MAGAZIN 1/2025 6 KARRIERE MIT ZUKUNFT Wie Kanzleien die Ausbildung zur Erfolgsgeschichte machen – und wo es klemmt Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin Sie sind die erste Anlaufstelle für Mandantinnen und Mandanten und damit das Gesicht der Kanzlei: die Rechtsanwaltsfachangestellten. Und nicht nur deshalb sind sie zentral für den Erfolg einer Kanzlei. Mit dieser Feststellung eröffnete BRAK-Vizepräsidentin Sabine Fuhrmann die Veranstaltung „Karriere mit Zukunft“, zu der die BRAK und die Rechtsanwaltskammer Berlin am 28.11.2024 gemeinsam einluden. Doch trotz ihrer zentralen Bedeutung steht es schlecht um ReFas. In der Ausbildung gibt es erschreckend hohe Abbrecherzahlen, in manchen Kammerbezirken mehr als 40 %. Viele Schülerinnen und Schüler entscheiden sich gar nicht erst für eine Ausbildung zum/zur ReFa. Denn die Ausbildung ist sehr anspruchsvoll, andere freie Berufe zahlen besser – obwohl die Kammern ihre Vergütungsempfehlungen in den letzten Jahren mehrfach erhöht und an verwandte Berufe angepasst haben – und Anwältinnen und Anwälte haben als Chefs ein mieses Image. Vier Vorträge beleuchteten die ReFa-Ausbildung aus unterschiedlichen Perspektiven. Knapp 150 Interessierte nahmen vor Ort und online an der Veranstaltung teil, vom Azubi über die erfahrene ReFa bis zu Anwältinnen und Kammervertretern. EMPIRISCHER BLICK Den Aufschlag machte Prof. Dr. Matthias Kilian (Universität zu Köln), der einen Überblick über die zentralen Ergebnisse und wesentlichen Handlungsfelder aus drei Studien zum Thema ReFas gab. Aus anwaltlicher Sicht konstatierte er einen rückläufigen Bedarf an ReFas, zumindest einen veränderten Bedarf, was ihre Kompetenzen angeht. Die Ausbildung sei zu stark auf den Prozess ausgerichtet, nichtjuristische Kompetenzen würden wichtiger. Darin sieht Kilian ein strukturelles Problem, das sich potenziell verschärft. Ein Problem sei, dass viele allgemein ausgerichtete Kanzleien gar nicht ausbilden. Und viele bilden aus, ohne wirklich Personalbedarf zu haben – doch ohne Aussicht auf Übernahme ist für junge Leute die Ausbildung unattraktiv. Kilian appellierte an Kanzleien, auf die geänderte Erwartungshaltung der (potenziellen) Azubis zu reagieren. Das gelte auch für die Kommunikationskänale, über die man rekrutiert; denn der wichtigste Grund für die Wahl der Ausbildungsstelle sei inzwischen persönliche Sympathie für Kanzlei und Chefs. Kilian mahnte auch, dass Kanzleien die materiellen Zwänge von Azubis ernst nehmen müssen. Vor allem in den Großstädten würden die Vergütungsempfehlungen der Rechtsanwaltskammern häufig sogar deutlich unterschritten. Eine bessere Ausbildung haben die Kanzleien selbst in der Hand: Sie können dafür sorgen, dass ihre Azubis nicht unterfordert sind, wenig Leerlauf haben und gut betreut werden, am besten durch eine erfahrene ReFa als Ansprechperson. Viele Azubis bewerteten die Betreuungsqualität negativ; auf der anderen Seite kritisierten Ausbildende oft die mangelnde Motivation der Azubis. Kilians wesentliche Erkenntnisse: Mitarbeitendenbindung ist für Kanzleien zentral. Ein gutes Gehalt genüge dabei nicht, nicht-monetäre Anreize seien wichtig. Zudem dürften Anwältinnen und Anwälte ihre Fähigkeiten als Chefs und Ausbilder nicht überschätzen; schließlich lernen sie das nicht in ihrer eigenen Ausbildung. Gute Kommunikation, enger Kontakt zu einer festen Bezugsperson und soziale Unterstützung nannte Kilian als wichtige Faktoren, und auch das Wohlfühlen in den Kanzleiräumen. ERFAHRUNGSBERICHT AUS DER AUSBILDUNG Der zweite Vortrag des Abends ließ aufhorchen. Jasmin Troitsch, ReFa-Auszubildende im zweiten Lehrjahr, berichtete von ihren Erfahrungen in ihren beiden Ausbildungskanzleien – der ersten, die sie nach wenigen Monaten verließ, und der zweiten, in der sie sich gut aufgehoben fühlt und nach der Ausbildung bleiben möchte. Die Ursachen dafür, warum sie die Kanzlei wechselte und warum viele ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler dies tun oder sogar die Ausbildung abbrechen, benannte sie glasklar in ihrem Vortrag – und lieferte auch Lösungsvorschläge für eine bessere Ausbildung. Umständliche Arbeitsweisen, starre Prozesse, überflüssiges Abheften, zeitraubende Wiedervorlagen, doppelte Akten- und Kalenderführung – Troitsch identifizierte eine Reihe von Punkten, wo administrativer Aufwand unnötig Zeit bindet, die man für wichtigere Aufgaben nutzen könnte. Das stört angehende ReFas, denn sie lernen in der Berufsschule, Zeitfresser zu vermeiden. Und junge Leute suchten heutzutage Jobs mit zeitgemäßen Arbeitsweisen und einem modernen Arbeitsum-

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