BRAK-Mitteilungen 4/2020
AUFSÄTZE BERUFSRECHT DER INSOLVENZVERWALTER – REGELUNGSVORSCHLAG VON BRAK UND DAV RECHTSANWALT ROLF G. POHLMANN* * Der Autor ist Fachanwalt für Insolvenzrecht sowie Partner der Kanzlei Pohlmann Hofmann Insolvenzverwalter Rechtsanwälte Partnerschaft in München, Augsburg, Ulm und Miesbach; er ist zudem Vizepräsident der RAK München und Mitglied der Ausschüsse Insolvenzrecht und Bundesrechtsanwaltsordnung der BRAK. Nach dem Willen der Regierungskoalition und der EU sollen Berufszulassung und Berufsausübung der Insol- venzverwalter reguliert werden. Ausgehend von der An- nahme, dass über 90 % der Insolvenzverwalter Rechts- anwälte sind, hat die BRAK einen Regelungsvorschlag für eine BRAO-Novelle erarbeitet, der die Integration der Insolvenzverwalter in das Berufsrecht der Anwalt- schaft vorsieht. Die 158. Hauptversammlung der BRAK hat den Formulierungsvorschlag am 22.6.2020 be- schlossen. Die ARGE Insolvenzrecht und Sanierung im DAV hat sich dem Vorschlag angeschlossen. Der Autor stellt den Regelungsvorschlag vor und erläutert ihn. I. EINLEITUNG Im Koalitionsvertrag der großen Koalition ist vereinbart, dass „gesetzliche Rahmenbedingungen für die Berufs- zulassung und -ausübung von Insolvenzverwalterinnen und Insolvenzverwaltern“ geschaffen werden sollen. 1 1 Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode v. 12.3.2018, 131 f., Zeilen 6195-6199. Daneben gibt die bis zum 31.7.2021 umzusetzende EU- Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen 2 2 Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.6.2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restruk- turierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtli- nie (EU) 2017/1132, Art. 26 I lit. b). den Mitgliedstaaten vor, „die Zulassungsvoraussetzun- gen sowie das Verfahren für die Bestellung, die Abberu- fung und den Rücktritt von Verwaltern klar, transparent und fair“ auszugestalten. Ferner heißt es in der Richtli- nie, dass „Aufsichts- und Regulierungsmechanismen“ einzurichten sind, „um sicherzustellen, dass die Arbeit von Verwaltern wirksam überwacht wird, damit ge- währleistet ist, dass ihre Dienste wirksam und sachkun- dig und gegenüber den beteiligten Parteien unpartei- isch und unabhängig erbracht werden“. 3 3 Ebd., Art. 27 I. Nach durchgeführten Erhebungen sind deutlich mehr als 90 % der Insolvenzverwalter Rechtsanwälte. 4 4 Ausweislich einer beim InDAT-Verlag in Auftrag gegebenen Auswertung der Berufs- attribute bei im Jahr 2018 bestellten Insolvenzverwaltern v. 8.10.2019, die hin- sichtlich Personen ohne Berufsattribut noch mit dem bundesweiten amtlichen An- waltsverzeichnis abgeglichen wurde, wurden im Jahr 2018 2.170 Personen zu In- solvenzverwaltern bestellt, davon waren 2.058 (94,8 %) Rechtsanwälte. Sie üben die Insolvenzverwaltertätigkeit im Rahmen ihres Anwaltsberufs und ohnehin schon nach dessen Vorga- ben aus. 5 5 BGH, Urt. v. 6.7.2015 – AnwZ (Brfg) 24/14 Rn. 21 ff.; Henssler, in Henssler/Prüt- ting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 59c Rn. 6; Brüggemann, in Weyland, BRAO, 10. Aufl. 2020, Einl. Rn. 18 f.; a.A. etwa Prütting , ZIP 2016, Beilage zu Heft 22, 61-63. Es ist deshalb naheliegend und auch zweck- mäßig, die Regulierung des Insolvenzverwalter-Berufs- rechts durch Integration in das bestehende System der anwaltlichen Selbstverwaltung vorzunehmen. 6 6 BRAK-Eckpunktepapier zur Einführung eines Berufsrechts für Insolvenzverwalter v. 29.3.2019. Der vorliegende Gesetzesvorschlag, 7 7 Veröffentlicht unter https://www.brak.de/w/files/01_ueber_die_brak/aus-der-arbeit- der-ausschuesse/brao_bivo_entwurf_29042020_6.2.1_plain.pdf der als Synopse zur BRAO erarbeitet wurde, hat dabei zuvörderst zum Ziel, die Vorgaben und Forderungen aus Koalitionsver- trag, EU-Richtlinie und Gesellschaft mit möglichst we- nig zusätzlicher Regulierung und ohne weiteren Büro- kratie- und Behördenaufbau umzusetzen. Dementspre- chend sieht der Regelungsvorschlag für den absoluten Großteil der Insolvenzverwalter, die Rechtsanwälte sind, weder zusätzliche Mitgliedspflichten oder die Zu- ordnung zu neuen Aufsichtsbehörden vor noch detail- reiche neue Berufsausübungsregelungen. Für den Insol- venzverwalter gelten im Wesentlichen dieselben berufs- rechtlichen Vorgaben wie für den Rechtsanwalt. Sie werden nur ergänzt oder modifiziert, wo ein spezifi- sches Bedürfnis hierfür besteht bzw. ausgenommen, wo die bestehenden Anwaltspflichten auf ein Mandatsver- hältnis im engeren Sinne abzielen. Die Bestellung zum Insolvenzverwalter setzt nach dem Vorschlag künftig die Eintragung in ein Verzeichnis vor- aus. Für die Eintragung sind praktische Erfahrung und besondere theoretische Kenntnisse auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung erforderlich. Insolvenzverwalter, die nicht Rechtsanwälte sind, müssen anstelle der Befä- higung zum Richteramt ein rechts- oder wirtschaftswis- senschaftliches Studium vorweisen und werden im Übri- gen weitestgehend unter denselben Voraussetzungen statusbegründend als Mitglied in die Rechtsanwalts- kammer aufgenommen, wie Rechtsanwälte zur Anwalt- schaft zugelassen werden. Diese Vorgaben orientieren sich an den bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Aufnahme von Rechtsbeiständen. Die einzelnen Regelungsvorschläge sind insgesamt ganz überwiegend nicht neu konzipiert, sondern beste- henden Normen nachgebildet, etwa aus dem Rege- lungsbereich betreffend Syndikusrechtsanwälte und Rechtsbeistände sowie aus dem StBerG. Das hat den BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 AUFSÄTZE 174
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