BRAK-Mitteilungen 4/2020

liche Haftung des Insolvenzverwalters gem. § 60 InsO gegenüber. 15 15 Vgl. MüKoInsO/Schoppmeyer, 4. Aufl. 2019, § 60 Rn. 1a. 1. SPEZIFISCHE PFLICHTEN Zentrale Norm zur Bestimmung der insolvenzverwalter- spezifischen Pflichten ist § 47b BRAO-V. Hier stellt Abs. 1 zunächst klar, dass der Insolvenzverwalter zur Beratung und Vertretung Dritter nicht befugt ist und sich seine Befugnisse nach den einschlägigen Gesetzen bestimmen, also insbesondere nach der InsO, ggf. auch nach dem RDG. 16 16 § 8 I Nr. 1 Alt. 1 RDG erlaubt Rechtsdienstleistungen, die gerichtlich bestellte Per- sonen im Rahmen ihres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs erbringen. a) TÄTIGKEITSVERBOTE § 47 II BRAO-V normiert über § 45 BRAO hinausgehen- de Tätigkeitsverbote, damit die von § 56 I InsO gefor- derte Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters sicher- gestellt wird. So sieht der Regelungsvorschlag in § 47 II Nr. 1 BRAO-V vor, dass der Insolvenzverwalter nicht tä- tig werden darf, wenn er Schuldner oder Gläubiger des Insolvenzschuldners ist. Nicht selten erledigt sich ein In- solvenzantrag nach Anordnung der vorläufigen Insol- venzverwaltung, weil die dem Insolvenzantrag zu Grun- de liegende Forderung beglichen wurde. In diesen Fäl- len entsteht ein Vergütungsanspruch des vorläufigen In- solvenzverwalters gegen den Insolvenzschuldner, so dass der Verwalter zum Gläubiger des Schuldners wird. Im Falle eines weiteren Insolvenzantrags ist es in dieser Konstellation aber sachgerecht, dass der vormalige vor- läufige Insolvenzverwalter die Verwaltung erneut über- nimmt. Durch den Vergütungsanspruch als solchen wird regelmäßig nicht die Unabhängigkeit des Insol- venzverwalters gegenüber dem Schuldner in Frage zu stellen sein, weshalb § 47b II Nr. 1 BRAO-V für derarti- ge Konstellationen eine Ausnahme vom Tätigkeitsver- bot vorsieht. § 47b II Nr. 2 BRAO-V verbietet dem Insolvenzverwalter in Anlehnung an § 45 I Nr. 1 BRAO, tätig zu sein, wenn er mit dem Insolvenzschuldner bereits als Rechtsan- walt, in einem anderen sozietätsfähigen Beruf (z.B. Steuerberater), als Richter, Schiedsrichter, Staatsan- walt, Angehöriger des öffentlichen Dienstes, Notar, No- tarvertreter, Notariatsverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker, Betreuer oder in ähnlicher Funk- tion befasst war. Das ist Konsequenz der Pflicht des In- solvenzverwalters, seine berufliche Unabhängigkeit nach allen Seiten zu wahren und das Verwalteramt ge- wissenhaft auszuüben. § 56 I 3 InsO gibt spezifische Konstellationen vor, in de- nen der Gesetzgeber der InsO die Unabhängigkeit des Verwalters nicht in Frage stellt. Insoweit stellt § 47b II Nr. 2 Hs. 2 BRAO-V klar, dass diese insolvenzrechtliche Regelung unberührt bleibt. Die Tätigkeitsverbote wer- den in § 47b VIII BRAO-V – wie schon de lege lata in Be- zug auf § 45 I und II BRAO durch § 45 III BRAO – auf die mit dem Insolvenzverwalter in Sozietät oder in sons- tiger Weise zur gemeinschaftlichen Berufsausübung ak- tuell oder früher verbundenen Personen erstreckt, um die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters sicherzu- stellen und „Grauzonen“ auszuschließen. b) KEINE BERATUNG DES SCHULDNERS Dessen Nr. 1 verbietet dem Insolvenzverwalter, den In- solvenzschuldner sowie diesem nahestehende Personen i.S.v. § 138 InsO während der Dauer des Insolvenzver- fahrens z.B. als Rechtanwalt oder Steuerberater zu be- raten oder zu vertreten, weil dies der Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters zum Schuldner entgegenstehen würde. Der Normvorschlag steht, auch über die Sozie- tätserstreckung in § 47b VIII BRAO-V, nicht der Praxis entgegen, dass der Insolvenzverwalter Kanzleikollegen mit seiner eigenen anwaltlichen Vertretung – als Partei kraft Amtes – betraut; insoweit steht die Unabhängig- keit des Verwalters auch nicht in Gefahr. c) VERBOT VON DRITTVERGÜTUNGEN § 47b III Nr. 2 BRAO enthält das Verbot, mit Dritten für Leistungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens eine Vergütung zu vereinbaren oder von diesen anzuneh- men. Der Insolvenzverwalter wird nach Maßgabe der §§ 26a, 63 ff. InsO vergütet. Diese Regelungen – zu- sammen mit der auf Grund von § 65 InsO erlassenen Rechtsverordnung – sind abschließend. „Nebenentloh- nungen“, soweit deren Zulässigkeit überhaupt denkbar ist, bergen in sich jedenfalls die Gefahr, die Unabhän- gigkeit in Frage zu stellen. Verboten werden nach dem Vorschlag nur Vergütungen von Dritter Seite. Vergütun- gen aus der Masse, etwa für anwaltliche oder steuerbe- ratende Tätigkeiten, schließt der Normvorschlag nicht aus. Solche Vergütungen sind grundsätzlich zulässig (vgl. § 5 InsVV) und solche muss der Verwalter ohnehin nach § 8 II InsVV transparent darlegen, damit das In- solvenzgericht über deren Rechtfertigung befinden kann. d) KEINE „GESCHÄFTE MIT DER MASSE“ § 47b III Nr. 3 BRAO-V verbietet dem Verwalter „Ge- schäfte mit der Masse“. So darf er weder selbst Eigen- tum an Massegenständen erwerben, noch ihm naheste- henden Personen Eigentum an Massegegenständen verschaffen. Damit wird zum einen dem Selbstkontra- hierungsverbot (§ 181 BGB) Rechnung getragen, das seinerseits Interessenkollisionen verhindern soll, und zum anderen ausgeschlossen, dass der Verwalter oder ihm nahestehende Personen Massegegenstände unter Marktwert erwerben oder auch nur der Eindruck dessen entstehen kann. Ebenso verbietet der Normvorschlag dem Verwalter jede persönliche Nutzziehung aus Mas- segegenständen sowie deren Nutzbarmachung gegen- über nahestehenden Personen zu nicht marktüblichen Konditionen. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 177

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