BRAK-Mitteilungen 4/2020
einer separaten Gerichtsbarkeit bedarf es nicht. Das würde nicht nur einen überbordenden (zu finanzieren- den) bürokratischen Aufwand verursachen, sondern im Hinblick auf den absoluten Großteil der Insolvenzver- walter, die Rechtsanwälte sind, einen unverhältnismäßi- gen Eingriff bedeuten, weil die Insolvenzverwaltertätig- keit Teil (auch) des anwaltlichen Berufsbilds ist. Nicht zuletzt stellten sich bei einer isolierten Lösung auch Fol- geprobleme, bis hin zu rentenversicherungsrechtlichen Fragestellungen der Insolvenzverwalter und ihrer Mitar- beiter. Der vorliegende Gesetzesvorschlag der BRAK, dem sich die ARGE Insolvenzrecht und Sanierung im DAV angeschlossen hat, zeigt, dass das Insolvenzver- walter-Berufsrecht unproblematisch und damit kurzfris- tig sowie höchst effektiv nach den Vorgaben im Koali- tionsvertrag und in der EU-Restrukturierungsrichtlinie in das bestehende Berufsrecht der Rechtsanwälte inte- griert werden kann und auch integriert werden sollte. SYNDIKUS-ZULASSUNG BEI ARBEITGEBERWECHSEL GRUNDSÄTZLICHE KLÄRUNG ZUR ZULASSUNGSERSTRECKUNG DURCH DEN BGH 1 DR. HENNING LÖWE, LL.M. (UNIV. GA, USA)* * Der Autor ist Hauptgeschäftsführer der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg. Der Aufsatz gibt nur die persönliche Meinung des Autors wieder. Das 1 Zugleich Anmerkung zu BGH AnwZ (Brfg) 49/19, BRAK-Mitt. 2020, 236 (in diesem Heft). Urteil des BGH vom 30.3.2020 – AnwZ (Brfg) 49/ 19 ist für die Zulassung von Syndikusrechtsanwältinnen und Syndikusrechtsanwälten 2 2 Im folgenden wird in den meisten Fällen wegen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet: selbstverständlich sind damit auch alle anderen Ge- schlechter gemeint und inkludiert. von großer Bedeutung. Auf den ersten Blick hat der BGH nur eine weitere grundsätzliche Frage bei der Zulassung von Syndikus- rechtsanwälten entschieden: Bei einem Arbeitgeber- wechsel von Syndikusrechtsanwälten kommt eine Er- streckung der Zulassung nicht in Betracht. Die Zulas- sung für die bisherige Tätigkeit ist zu widerrufen und eine neue Zulassung für die neue Tätigkeit auszuspre- chen (dazu unter I.). Auf den zweiten Blick enthält die Entscheidung aber eine Vielzahl von Hinweisen des BGH, die für die Zulassungspraxis von Syndikusrechts- anwälten von Bedeutung sind (dazu unter II.). Deshalb verdient die Entscheidung eine nähere Betrachtung. I. KERNAUSSAGE: BEI EINEM ARBEITGEBER- WECHSEL KEINE ERSTRECKUNG 1. WIDERRUF UND ZULASSUNG STATT ERSTRECKUNG Im Vordergrund des Urteils steht die grundsätzliche Entscheidung, dass bei einem Arbeitgeberwechsel eines Syndikusrechtsanwalts, also von einer Syndikustätigkeit zu einer neuen Syndikustätigkeit bei einem neuen Ar- beitgeber, die bisherige Zulassung als Syndikusrechts- anwalt nicht gem. § 46b III BRAO „erstreckt“ werden kann, sondern die Zulassung für die bisherige Tätigkeit gem. § 46b II BRAO zu widerrufen ist und eine neue Zu- lassung gem. § 46a BRAO erteilt werden muss. Diese Entscheidung hat große Bedeutung für die Verwaltungs- praxis der Rechtsanwaltskammern, aber nur geringe Bedeutung für die Antragsteller, weil das Ergebnis für sie gleich bleibt. Viele regionale Rechtsanwaltskammern haben bisher in den Fällen des Arbeitgeberwechsels von Syndikus- rechtsanwälten, zumindest wenn die beiden Tätigkeiten zeitlich nahtlos aneinander anschlossen, den Weg der Erstreckung gewählt (teilweise verbunden mit einem Teil-Widerruf der Zulassung für die bisher ausgeübte Tä- tigkeit). Das hatte jedenfalls den Vorteil, dass eine naht- lose Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gewährleistet war, während der Weg über den Widerruf und eine Neuzulassung die Gefahr barg und birgt, dass es nach Wirksamwerden des Widerrufs eine Zeit ohne Zulas- sung als Syndikusrechtsanwalt gibt. Denn der Widerruf wird regelmäßig mit Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen den Widerrufsbescheid nach einem Monat bestands- kräftig, während die Bearbeitung des Zulassungs- antrags oft knapp drei Monate dauert. § 46b III BRAO sieht die Erstreckung vor, wenn „inner- halb bereits bestehender Arbeitsverhältnisse eine we- sentliche Änderung der Tätigkeit“ eintritt oder wenn „weitere Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt aufgenommen“ werden. Wie der BGH nun klarstellt, sei zwar der Wortlaut des § 46b III BRAO nicht eindeutig, aber aus der Systematik der Regelungen ergebe sich, dass der Wechsel des Arbeitgebers etwas anderes sei als das Hinzutreten eines „weiteren“ Arbeitsverhältnis- ses, denn ein „weiteres“ Arbeitsverhältnis liege nur vor, wenn zu einem bereits bestehenden ein zusätzliches Ar- beitsverhältnis hinzukomme und nicht, dass eines durch ein anderes ersetzt werde. Deshalb komme in den Fäl- len eines Arbeitgeberwechsels, also der Aufgabe der bisherigen Beschäftigung beim alten Arbeitgeber und der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses beim neuen Arbeitgeber, keine Erstreckung in Betracht; viel- mehr müsse in diesen Fällen die Zulassung für die alte LÖWE, SYNDIKUS-ZULASSUNG BEI ARBEITGEBERWECHSEL BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 AUFSÄTZE 180
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