BRAK-Mitteilungen 4/2020

Tätigkeit widerrufen werden und für die neue Tätigkeit eine neue Zulassung ausgesprochen werden. Dies gelte auch, wenn die Zulassungsvoraussetzungen gem. §§ 46a, 46 II-V BRAO durchgängig erfüllt seien, also auch dann, wenn die neue Tätigkeit zeitlich nahtlos an die alte Tätigkeit anknüpft. Für die Erstreckung nach § 46b III BRAO bleiben in Zu- kunft somit nur noch wenige Fälle übrig: Nämlich zum einen der Fall, dass innerhalb eines bestehenden Ar- beitsverhältnisses eine wesentliche Änderung der Tätig- keit eintritt (wobei es in der Praxis nach wie vor große Probleme bereitet, die „wesentliche“ von der „unwesent- lichen“ Änderung abzugrenzen) und zum anderen der Fall, dass zusätzlich zu dem bisherigen und fortgeführ- ten Arbeitsverhältnis ein weiteres, zusätzliches Arbeits- verhältnis als Syndikusrechtsanwalt begonnen wird. 2. AUSWIRKUNGEN FÜR DIE ANTRAGSTELLER Für die Antragsteller wird sich wenig ändern – außer dass sie neue Antragsformulare werden verwenden müssen und möglicherweise für die neue Zulassung eine höhere Gebühr zahlen müssen, verglichen mit einer bei vielen Kammern kostenmäßig privilegierten Gebühr für eine Erstreckung. Die Antragsteller werden nach Ende des Verfahrens, bei antragsgemäßer Be- scheidung, wie bisher über eine Zulassung als Syndikus- rechtsanwalt nur noch für die neue Tätigkeit verfügen. 3. AUSWIRKUNGEN FÜR DIE PRAXIS DER KAMMERN Die meisten regionalen Rechtsanwaltskammern, näm- lich die, die bisher den Weg der Erstreckung gegangen sind, müssen aber ihre Verwaltungspraxis ändern. Da- bei erkennt der BGH ausdrücklich das Interesse der An- tragsteller an einer nahtlosen Zulassung als Syndikus- rechtsanwalt an. Er regt ausdrücklich an, dass das bis- her durch die Erstreckung erzielte Ergebnis einer nahtlo- sen Zulassung damit erreicht werden könne, dass der Widerruf für die bisherige Tätigkeit und die Zulassung für die neue Tätigkeit „in einem Akt“, also einem Be- scheid, zusammengefasst werden können. Der BGH regt sogar ausdrücklich an, (für die neue Zulassung) die sofortige Vollziehung anzuordnen. Die Kammern dürften diesen Hinweis dankbar aufneh- men und entsprechend verfahren: Wenn der Widerruf bestandskräftig wird, ist dann auf jeden Fall die neue Zulassung schon ausgesprochen. Allerdings bedeutet dieses Verfahren, dass der Widerruf für die bisherige Zulassung regelmäßig erst Monate nach dem tatsäch- lichen Ende der Tätigkeit wirksam wird – solange steht der Wechsler im Bundesweiten Amtlichen Anwaltsver- zeichnis noch als Syndikusrechtsanwalt des bisherigen Arbeitgebers und solange ist auch noch das für die Tä- tigkeit bei dem bisherigen Arbeitgeber eingerichtete be- sondere elektronische Anwaltspostfach (beA) aktiv und können dort Nachrichten eingehen. Für die neue Zulassung muss eine Zulassungsurkunde gem. §§ 46a IV, 12 I BRAO ausgehändigt werden. Wenn tatsächlich eine lückenlose Zulassung gewähr- leistet werden soll, dann empfiehlt es sich, die Urkunde für die neue Tätigkeit vor Bestandskraft des Widerrufs für die alte Tätigkeit auszuhändigen und, jedenfalls wenn ein Rechtsbehelf gegen den Zulassungsbescheid eingelegt wird, außerdem die sofortige Vollziehung an- zuordnen. 4. EINBINDUNG DER DEUTSCHEN RENTEN- VERSICHERUNG BUND Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Deutsche Ren- tenversicherung Bund bei jedem Widerruf einer Syndi- kusrechtsanwaltszulassung vorher anzuhören, §§ 46b II 3, 46a II 1 BRAO. Wenn, wie vom BGH empfohlen, der Widerruf und die neue Zulassung in einem Bescheid zusammengefasst werden, ist das aber unproblema- tisch, weil die DRV ohnehin zur beabsichtigten Zulas- sung anzuhören ist. Die Anhörung des Antragstellers zu dem Widerruf kann gem. § 32 BRAO i.V.m. § 28 II Nr. 3 VwVfG unterbleiben; er ist – jedenfalls nach der Recht- sprechung – auch nicht vor einer Versagung der Zulas- sung anzuhören 3 3 BVerwG, Urt. v. 30.4.1981 – 3 C 135/79. . 5. ÖRTLICHE ZUSTÄNDIGKEIT BEI GLEICHZEITIGEM KAMMERWECHSEL Der BGH musste sich nicht zu den in der Praxis häufi- gen Fällen äußern, in denen der Arbeitgeberwechsel mit einem Kammerwechsel verbunden ist. Hier stellt sich in der Praxis die Frage, wo wann welcher Antrag zu stellen ist. Diese Frage wird von den regionalen Kammern nicht einheitlich beantwortet. Richtig erscheint hier, dass die bisherige Kammer nach § 33 III Nr. 1 BRAO bis zum Vollzug des Kammerwech- sels auch für den Antrag auf Zulassung im Bezirk der neuen Kammer zuständig ist. Der Regierungsentwurf des „Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungs- richtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Be- reich der rechtsberatenden Berufe“, mit dem im Jahr 2017 u.a. § 46c IV 3 BRAO a.F. gestrichen wurde, sah das allerdings offenbar anders: Ausweislich der Begrün- dung ging man damals davon aus, dass bei der Verbin- dung einer Zulassung oder Erstreckung mit einem Kam- merwechsel die Zulassung oder Erstreckung durch die neue Rechtsanwaltskammer nach der „logischen Sekun- de“ nach Aufnahme zu bescheiden sei. 4 4 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe, BT-Drs. 18/9521, 114. Der Wortlaut der BRAO ist aber insoweit eindeutig: § 33 III Nr. 2 BRAO ist zu § 33 III Nr. 1 BRAO subsidiär, das heißt, dass nicht nach Nr. 2 die Kammer zuständig ist, bei der die Zulassung beantragt wird, sondern nach Nr. 1 die, deren Mitglied der Rechtsanwalt „ist“. Weil die Mitgliedschaft in der bisherigen Kammer beim Kam- merwechsel gem. § 27 III 3 BRAO erst dann endet, wenn das Mitglied von der neuen Kammer aufgenom- AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 181

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