BRAK-Mitteilungen 4/2020

werden Erweiterungen der Rechtsformen angestoßen, sodass grundsätzlich alle nationalen und europäischen Rechtsformen für Berufsausübungsgesellschaften zur Verfügung stehen, insb. wird die Rechtsformwahlfrei- heit auch hinsichtlich der GmbH & Co. KG geprüft. 29 29 Nr. 1, 2 und 3 des Eckpunktepapiers des BMJV. Alle Berufsausübungsgesellschaften sollen in einem von der BRAK geführten elektronischen Verzeichnis erfasst werden (Eckpunkt 4). In diesem Verzeichnis sollen so- wohl anwaltliche als auch nichtanwaltliche Gesellschaf- ter erfasst werden. Darüber hinaus sollen ausländische Berufsausübungsgesellschaften ebenfalls registerpflich- tig sein, jedoch nur in Bezug auf ihre inländischen Per- sonen. Als neu erwachsene Rechte der Berufsaus- übungsgesellschaften sollen ihnen nach Eckpunkt 5 die Postulationsfähigkeit sowie die Befugnis, durch das Handeln persönlich befugter Personen Rechtsdienstleis- tungen zu erbringen, zuerkannt werden. Laut den Eckpunkten 6 und 8 werden weiterhin grund- sätzlich nur natürliche Personen als Gesellschafter zu- gelassen bzw. Gesellschaften dann als Gesellschafter zugelassen, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind und Transparenz gewährleistet wird. Reine Kapitalbetei- ligungen an Berufsausübungsgesellschaften sollen zum Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit weiterhin ver- boten sein (Eckpunkt 7). 30 30 Nr. 6 und 7 des Eckpunktepapiers des BMJV; ablehnend einer Fremdkapitalbeteili- gung gegenüber stehen neben der BRAK auch der Verband Deutscher Anwaltsno- tare (VDAN), der Deutsche Notarverein (DNotV) und die Patentanwaltskammer (PAK) in deren Stellungnahmen zum Eckpunktepapier des BMJV. Von Seiten des BMJV ist je- doch denkbar, für die Implementierung von Legal Tech reine Kapitalbeteiligungen als „alternative Finanzie- rungswege durch Wagniskapital“ zuzulassen. 31 31 Nr. 7 des Eckpunktepapiers des BMJV. Außerdem soll laut Eckpunkten 9 und 10 die interpro- fessionelle Zusammenarbeit verbessert werden, was an einem wachsenden Bedarf der Anwaltschaft festge- macht wird. Dazu sollen sich zukünftig Rechtsanwälte mit Angehörigen von „vereinbaren Berufen“ zusammen- schließen können; der Kreis der sozietätsfähigen Berufe würde dadurch erweitert. Unter die „vereinbaren“ fal- len diejenigen Berufe, die Rechtsanwälte selbst als Zweitberuf ausüben dürfen. 32 32 Nr. 9 des Eckpunktepapiers des BMJV. Für die Einhaltung der Be- rufspflichten bleibt auch nach dem Eckpunktepapier laut Nr. 11 der Rechtsanwalt persönlicher Adressat. Er hat zudem die Einhaltung der Berufspflichten durch die Berufsausübungsgesellschaft als Ganzes sowie durch berufsfremde Gesellschafter sicherzustellen. 33 33 Nr. 11 des Eckpunktepapiers des BMJV. Eine weitere Neuerung findet sich mit der Verbandsver- antwortlichkeit der Berufsausübungsgesellschaften für die Einhaltung von Berufspflichten in den Eckpunkten 12 und 13. Die Berufsausübungsgesellschaft kann selbst Trägerin von Berufspflichten und infolge dessen Adressatin berufsrechtlicher Sanktionen sein. Dies wird mit einer berufsrechtlichen Zulassung der Berufsaus- übungsgesellschaft verknüpft, sodass diese Mitglied der Rechtsanwaltskammer würde. 34 34 Nr. 12 des Eckpunktepapiers des BMJV. Der nichtanwalt- liche Gesellschafter würde kein Mitglied der Rechtsan- waltskammer (Eckpunkt 14). Zum einen wird die Einhal- tung des Berufsrechts innerhalb der Berufsausübungs- gesellschaft nach Eckpunkt 13 gesellschaftsvertraglich durch die Rechtsanwälte sowie die Berufsausübungs- gesellschaft selbst gesichert, zum anderen wird in Eck- punkt 15 klargestellt, dass die Einhaltung von Berufs- pflichten über das Gesellschaftsrecht hinaus rechts- formneutral über tätigkeitsbezogene Berufspflichten ko- difiziert werden soll. Durch Neufassung der §§ 203, 53a StPO soll laut Eck- punkt 16 der Vertraulichkeitsschutz bei der Zusammen- arbeit in Berufsausübungsgesellschaften auch bei Aus- weitung der sozietätsfähigen Berufe gewährleistet wer- den. Ebenso soll das Verbot der Vertretung widerstrei- tender Interessen nicht nur durch die Satzung, sondern per Gesetz auf Mitglieder der Berufsausübungsgesell- schaften erstreckt werden (Eckpunkt 17). Durch die neu entstehende Adressateneigenschaft der Berufsaus- übungsgesellschaften für berufsrechtliche Sanktionen sollen diese laut Eckpunkt 18 dazu verpflichtet werden, eine Berufshaftpflichtversicherung – zusätzlich zu der persönlichen Haftpflichtversicherung der Rechtsanwäl- te – abzuschließen. Als weiteres Recht können die Be- rufsausübungsgesellschaften im Rahmen des besonde- ren elektronischen Anwaltspostfachs (beA) ein Kanzlei- postfach erhalten (Eckpunkt 19). Zuletzt sollen nach Eckpunkt 20 entsprechende Gesetzesänderungen im Bereich der Patentanwaltsordnung sowie im Berufs- recht für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer geprüft werden. 2. MAURACHER ENTWURF Der Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisie- rung des Personengesellschaftsrechts aus April 2020 greift die Öffnung der Gesellschaftsformen für freie Be- rufe ebenfalls auf. Dabei wird auf die Forderung des 71. Deutschen Juristentages 2016 in Essen eingegan- gen, 35 35 Wertenbruch , NZG 2019, 1081 (1085). nach der bei einer Öffnung der Rechtsformen der KG und der GmbH & Co. KG für alle freien Berufe die be- rufsrechtlichen Besonderheiten im entsprechenden Be- rufsrecht und nicht im Gesellschaftsrecht geregelt wer- den sollen. 36 36 Bericht über die Tätigkeit und den Gesetzentwurf der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzten Expertenkommission für die Moder- nisierung des Personengesellschaftsrechts, 20; Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, April 2020, 165 f. Für die gesellschaftsrechtliche Möglichkeit der Annahme der entsprechenden Gesellschaftsformen müssen einzelne Regelungen des Gesellschaftsrechts angepasst werden. Die Öffnung der Rechtsformen wird unter einen berufsrechtlichen Vorbehalt gestellt, der zum einen mit den jeweiligen berufsrechtlichen Beson- derheiten und zum anderen mit der unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenz begründet wird. 37 37 Bericht über die Tätigkeit und den Gesetzentwurf der vom BMJV eingesetzten Ex- pertenkommission für die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, 20 f. WOLF/GERKING, REFORM DES ANWALTLICHEN GESELLSCHAFTSRECHTS AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 187

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