BRAK-Mitteilungen 4/2020
3. STELLUNGNAHME DER BRAK Die BRAK hat auf das Eckpunktepapier reagiert und die einzelnen Eckpunkte kommentiert. Zudem veröffentlich- te sie zuvor einen Gesetzesvorschlag zur Reform des be- rufsrechtlichen Gesellschaftsrechts (im Folgenden: BRAO-E 1 ). 38 38 BRAK-Stn. Nr. 15/2018 (Mai 2018). Zustimmung besteht in Bezug darauf, dass auch nach Ansicht der BRAK den Berufsausübungsge- sellschaften alle nationalen und europäischen Rechts- formen zur Verfügung stehen sollten, 39 39 BRAK-Stn. Nr. 25/2019 (Oktober 2019), 3. vgl. § 59c I BRAO-E 1 . Dazu gehört auch die GmbH & Co. KG, § 59c II BRAO-E 1 , welche aufgrund weitreichenderer Haf- tungsbeschränkungen 40 40 Anstelle der Beschränkung der Haftung auf berufliche Verbindlichkeiten können sämtliche Verbindlichkeiten von der Haftungsbeschränkung umfasst werden, vgl. BRAK-Stn. Nr. 15/2018, 9. neben der PartGmbB eine Exis- tenzberechtigung habe. 41 41 BRAK-Stn. Nr. 15/2018, 3. Hinsichtlich Berufsaus- übungsgesellschaften aus Drittstaaten vertritt die BRAK eine differenzierte Ansicht zur Beibehaltung und Wahrung der Gegenseitigkeit, die durch Eckpunkt 3 nicht sichergestellt würde. 42 42 BRAK-Stn. Nr. 25/2019, 4. Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft können nach dem Entwurf der BRAK nur Rechtsanwälte, Rechtsanwaltsgesellschaften oder Angehörige sozie- tätsfähiger Berufe sein, § 59e I BRAO-E 1 . Auch sie sol- len bei einer Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 I StGB-E 1 (Gesetzentwurf der BRAK bzgl. des StGB im Zuge des BRAO-E 1 ) strafrechtlich belangt wer- den können. Zudem wird im Gesetzesvorschlag die Pos- tulationsfähigkeit und Prozessführungsbefugnis für Be- rufsausübungsgesellschaften kodifiziert, §§ 59f, 59l BRAO-E 1 . Die Sicherstellung der anwaltlichen Unabhän- gigkeit soll durch die Bestimmung des § 59f III BRAO-E 1 erfolgen. Ablehnend steht die BRAK der Idee in den Eckpunkten 6 und 7 entgegen, die eine teilweise Auflockerung des Fremdkapitalverbots beinhaltet. Sie sieht auch bei der begrenzten Möglichkeit des Einsatzes von Wagniskapi- tal die anwaltliche Unabhängigkeit gefährdet. 43 43 BRAK-Stn. Nr. 25/2019, 7 f. Kriti- siert wird ebenfalls die weit gewählte Formulierung der Öffnung der sozietätsfähigen Berufe („vereinbarer Be- ruf“), die den Besonderheiten des anwaltlichen Berufs- rechts nicht genügend Rechnung trage und nicht auf die Frage der interprofessionellen Zusammenarbeit übertragbar sei. 44 44 BRAK-Stn. Nr. 25/2019, 8 f. Ebenfalls werden die Fragen nach der praktischen Um- setzung und dem tatsächlichen Nutzen eines elektroni- schen Verzeichnisses in Bezug auf Eckpunkt 4 von der BRAK aufgeworfen. 45 45 BRAK-Stn. Nr. 25/2019, 6 f. Der Verwaltungsaufwand sei oh- ne zusätzliche Stelle(n) nicht zu stemmen und auch die Haftungsfrage für unrichtige Einträge ungewiss. 46 46 BRAK-Stn. Nr. 25/2019, 7. 4. DAV-ENTWURF Für den DAV hat Henssler nicht nur das Eckpunktepa- pier „Reformbedarf des anwaltsspezifischen Gesell- schaftsrechts (Stand 21.12.2017)“ des Berufsrechtsaus- schusses des DAV kommentiert, sondern die Eckpunkte konkretisiert und einen Gesetzesvorschlag (im Folgen- den: BRAO-E 2 ) erarbeitet. 47 47 Henssler , AnwBl. Online 2018, 564. Zu den Tekturverschiebungen gehören auch die doppel- stöckigen Gesellschaftsformen. Nach § 59a I 2 BRAO-E 2 sollen zukünftig Berufsausübungsgesellschaften für alle nationalen, europäischen sowie Rechtsformen aus dem EWR eröffnet sein. Die Öffnung der Rechtsformen soll laut DAV-Entwurf auch für die GmbH & Co. KG gelten, sodass zu deren Implementierung Vorschläge gemacht werden. 48 48 Henssler , AnwBl. Online 2018, 564, 575. Berufsausübungsgesellschaften sollen berufs- rechtlich zulassungsfähig (§ 59d BRAO-E 2 ) und postula- tionsfähig (§ 59f BRAO-E 2 ) sein und es werden spiegel- bildlich auch Berufspflichten für die Berufsausübungs- gesellschaft eingeführt (§§ 59i, 59k, 115d BRAO-E 2 ). Der DAV-Entwurf unterstützt die Ausweitung der inter- professionellen Zusammenarbeit und inkludiert nicht nur alle freien Berufe per se, sondern zählt zusätzlich weitere Berufe auf, die sozietätsfähig werden sollen, § 59b I BRAO-E 2 . 49 49 Henssler , AnwBl. Online 2018, 564, 578. Nach dem DAV-Entwurf soll ein Ka- talog der Gesellschaftsformen für anwaltliche Berufs- ausübungsgesellschaften und für effektive Mechanis- men zur Sicherstellung der anwaltlichen Unabhängig- keit eingeführt werden. Dafür werden in § 59c BRAO-E 2 besondere Berufspflichten der Gesellschafter kodifiziert. Dabei wird keine Begrenzung des Gesellschafterkreises auf die bisherigen sozietätsfähigen Berufe vorgenom- men, sondern diese sogar auf eine Vielzahl von Berufen ohne Gemeinwohlbezug ausgedehnt, § 51b I BRAO-E 2 . Zudem wird Fremdkapital von Personen, die nach § 51b I BRAO-E 2 auch Gesellschafter sein könnten, zugelas- sen. Außerdem sollen Mitglieder des Geschäftsfüh- rungs- und Vertretungsorgans nur Rechtsanwälte bzw. Personen sozietätsfähiger Berufe sein, § 59i I 1 BRAO- E 2 . Dadurch wird die mögliche Geschäftsführung durch den Kreis der Gesellschafter nach § 51b I BRAO-E 2 bei- spielsweise ausgedehnt auf Ingenieure oder Volks- und Betriebswirte, oder besonders weitgehend auf haupt- amtliche Sachverständige (wie Maler oder Lackierer), die dann zwar Kammermitglied werden, aber wegen § 65 BRAO nicht in den Vorstand wählbar sind. Jedoch haben die nichtaktiven Gesellschafter nach dem Entwurf über die Annahme und Ablehnung eines Man- dates kein Stimmrecht, § 59b II BRAO-E 2 , über die Man- datsannahme sollen wohl künftig die Leitungsorgane entscheiden können, was Henssler bereits de lege lata entgegen der herrschenden Meinung fordert. WOLF/GERKING, REFORM DES ANWALTLICHEN GESELLSCHAFTSRECHTS BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 AUFSÄTZE 188
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