BRAK-Mitteilungen 4/2020

der Zeitpunkt angegeben werden, ab dem die darin an- gegebenen 30 Jahre zu laufen beginnen, wie es im zi- tierten vom OLG Hamm entschiedenen Fall auch ge- schehen ist. Andernfalls wäre der Antrag zu weit. Die Gerichte sind in diesen Fällen gehalten, den geschädig- ten Mandanten nicht schlechter, aber auch nicht besser zu stellen als er bei ordnungsgemäßer Durchführung des Auftrags gestanden hätte. Das muss ein Feststel- lungsurteil sinngemäß abbilden, so dass der Antrag hier wohl als zu weitgehend zurückzuweisen gewesen wäre. Die veröffentlichten Urteilsgründe lassen keine Rückschlüsse auf die Frage der Verjährung etwaiger Re- gressansprüche zu. Das ist insofern überraschend als das Verfahren laut Aktenzeichen erst 2019 begann, die Pflichtverletzung unvollständiger Forderungsanmel- dung aber noch im Jahr 2004 unterlief. Seinerzeit galt § 51b BRAO a.F. mit der dreijährigen kenntnisunabhän- gigen Verjährung. Der Schaden des Mandanten ent- steht spätestens in dem Moment, in dem der korrekte Antrag nicht mehr nachgeholt werden kann. Die Rest- schuldbefreiung selbst liegt dann nicht mehr in der Hand des Gläubigers. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, bleibt abzu- warten, wie durch das OLG Köln die Sache beurteilt. (bc) ISOLIERTES ZUGEWINNAUSGLEICHSVERFAHREN ODER VERBUND? 1. Ein Rechtsanwalt verletzt anwaltliche Pflichten, wenn er seinen Mandanten nicht über die Vor- und Nachteile der Geltendmachung des Zugewinnaus- gleichs im Verbund bzw. isoliert aufklärt und ihm die Entscheidung überlässt, welchen Weg er be- schreiten möchte. Dies umfasst auch die zinsrecht- lichen Auswirkungen. 2. Für die Frage der Kausalität eines behaupteten Schadens hat der Mandant zu beweisen, welchen Weg er bei gehöriger Beratung gewählt hätte. Der Anscheinsbeweis beratungsrichtigen Verhaltens kommt ihm nicht zugute, wenn nicht nur eine einzi- ge vernünftige Verhaltensoption verbleibt. 3. Ein vertragswidriges Verhalten i.S.d. § 628 I 2 BGB, das den Vergütungsanspruch entfallen lässt, kann unter weiteren Voraussetzungen in der Weige- rung des Anwalts liegen, auftragsgemäß eine Verzö- gerungsrüge zu erheben. OLG Rostock, Urt. v. 12.12.2019 – 25 U 1/16, NZFam 2020, 623 Die Entscheidung darüber, ob ein Zugewinnausgleichs- verfahren im Scheidungsverbund oder isoliert betrieben werden soll, kann weitreichende wirtschaftliche Konse- quenzen nach sich ziehen. Einerseits kann das isolierte Verfahren höhere Kosten verursachen als jenes im Ver- bund, weil die Degression eines zusammengefassten Streitwerts nicht genutzt werden kann. Es kann sogar passieren, dass ein isoliertes Verfahren eine andere Zu- ständigkeit erhält als es im Verbund der Fall gewesen wäre. Geht das Verfahren ins Ausland, können die Mehr- kosten erheblich werden. Andererseits ist zu berücksich- tigen, dass eine Antragstellung im Verbund das Verfah- ren insgesamt verzögern kann. Da die Zugewinnaus- gleichsforderung frühestens ab ihrem Entstehen, und damit ab Rechtskraft der Scheidung, zu verzinsen ist, kann das für den Berechtigten zu Zinsausfällen führen. Das OLG vertritt hier die – nachvollziehbare – Auffas- sung, dass auch über diese Zinsfrage aufzuklären sei. Für welches Vorgehen sich der Mandant dann entschei- de, sei seiner Wahl überlassen. Diese Aufklärungs- pflicht bestehe auch gegenüber Mandanten, die selbst Volljurist seien (hier: Staatsanwalt). Auch Fachleute dürften Experten einschalten und sich auf deren Rat verlassen. Das entspricht ständiger Rechtsprechung. 3 3 G. Fischer/Vill/D. Fischer/Pape/Chab , Hdb. der Anwaltshaftung, 5. Aufl., § 2 Rn. 98. Zu Recht wendet das OLG vorliegend aber nicht die Ver- mutung des beratungsgerechten Verhaltens zugunsten des Klägers an. Die Entscheidung für oder gegen das isolierte Verfahren bedarf einer Abwägung des Für und Wider anhand der konkret gegebenen Umstände. We- der die Entscheidung in die eine noch in die andere Richtung sei – so der OLG-Senat – regelmäßig sachwid- rig, so dass die erforderliche Abwägung der Annahme eines typischen Geschehensablaufs entgegenstehe. Bis- weilen spielen auch persönliche Gründe eine Rolle für den Wunsch nach schneller Scheidung und Zurückstel- lung der Folgesachen. Zugesprochen hat das OLG im Ergebnis daher nur An- sprüche auf Rückzahlung eines Teils der Honorare. Der Anwalt hatte trotz entsprechender Weisung des Man- danten keine Verzögerungsrüge erhoben, was wieder- um zu einer – hier berechtigten – Teilkündigung des Mandats führte. Für den Kläger nutzlose, einem an- schließend beauftragten Anwalt erneut zu zahlende Ge- bühren waren daher zurückzuzahlen. Mit verklagt war auch eine Scheinsozia der Anwalts- GbR. Diese war bereits aus der Kanzlei ausgeschieden, als der Grund zur berechtigten Kündigung mit der Folge der Rückzahlungsverpflichtung für bereits erbrachte Leistungen gesetzt wurde. Dennoch sah das Gericht ih- re Haftung auf Basis der §§ 128, 160 HGB. Eine Altver- bindlichkeit liege bei einem Rückgewährschuldverhält- nis bereits dann vor, wenn das ursprüngliche Mandat vor dem Ausscheiden entstanden war. Auf den Zeit- punkt der Fälligkeit des Rückgewähranspruchs komme es dann nicht an. Es bleibt fraglich, ob das so auch auf echte Ansprüche wegen Berufsfehlern übertragen wer- den kann, die nach Ausscheiden erst begangen werden. (bc) KEINE AUFRECHNUNG GEGEN ZWECKGEBUNDENEN VORSCHUSS DES RECHTSSCHUTZVERSICHERERS Der Anspruch des Mandanten gegen seine Anwälte auf Auszahlung von Kostenerstattungen nach §§ 675, 667 BGB geht mit Entstehung der Kosten BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 AUFSÄTZE 198

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