BRAK-Mitteilungen 4/2020

diese begründet. Dabei übersandte er jeweils nicht durchsuchbare PDF-Dokumente. Nach Eingang der Be- gründungsschrift wies das BAG den Kläger auf die feh- lende Durchsuchbarkeit der Dokumente und die gelten- den technischen Rahmenbedingungen hin. Hierauf übersandte der Prozessbevollmächtigte die Beschwer- debegründung erneut, allerdings wiederum als nicht durchsuchbare PDF-Datei. § 130a II ZPO bestimmt, dass das elektronische Doku- ment für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein muss. Das Nähere hierzu ergibt sich aus der ERVV. Nach § 2 I ERVV sind zugelassene Dateiformate nur PDF und TIF (für bildliche Darstellungen). Diese müssen wiederum den nach § 5 I Nr. 1 im Bundesanzeiger und auf www.justiz.de bekannt gemachten Versionen ent- sprechen, und sie müssen seit dem 1.7.2019 „druckbar, kopierbar und, soweit technisch möglich, durchsuch- bar“ sein. Nun mag sich der eine oder andere Anwalt fragen, wo- her man denn weiß, ob die verwendete PDF-Version durchsuchbar ist, oder er geht ohne weiteres davon aus, dass dem so ist. Ob er damit schuldhaft ein nicht zur Bearbeitung durch das Gericht geeignetes Doku- ment eingereicht hat, spielt zunächst für die Rückwir- kungsfiktion keine Rolle, denn nach der Gesetzesbe- gründung soll hierdurch verhindert werden, dass der Zugang zum Gericht durch die sich obendrein stets wandelnden technischen Formatvorgaben in unverhält- nismäßiger Weise erschwert würde. Beim zweiten Mal ist er jedoch nach dem entsprechenden Hinweis des Ge- richts nicht mehr schutzwürdig. Wichtig: Die Hilfestellung des Gerichts darf man eben nur in Bezug auf reine Formatfehler erwarten. Wird hin- gegen nicht der sicherere Übermittlungsweg genutzt oder unterlaufen Fehler bei der Signatur, gibt es diese verschuldensunabhängige Rettungsmöglichkeit nicht! (ju) AUSGANGSKONTROLLE ANHAND DES DATEINAMENS a) (...) b) Für die Ausgangskontrolle des elektronischen Postfachs beA bei fristgebundenen Schriftsätzen ge- nügt jedenfalls nicht die Feststellung, dass die Ver- sendung irgendeines Schriftsatzes mit dem passen- den Aktenzeichen an das Gericht erfolgt ist, sondern anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens ist auch zu prüfen, welcher Art der Schriftsatz war. BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – VI ZB 99/19, NJW 2020, 1809 Der Prozessbevollmächtigte wollte den Berufungsbe- gründungsschriftsatz an sich aus dem beA versenden, trug jedoch vor, es sei ihm nicht gelungen, den Schrift- satz zu signieren. Er wies daher die Mitarbeiterin an, den Schriftsatz stattdessen per Post und vorab per Fax zu übersenden. Die Mitarbeiterin setzte in der Akte und ihrer Fristenliste in Papierform einen „Erledigt“-Vermerk, obwohl sie die Versendung nicht veranlasst hatte. Laut Wiedereinsetzungsantrag gab sie an, sie vermute, dass sie einen an diesem Tag in dieser Sache über das beA versendeten Streitwertfestsetzungsantrag mit dem Be- rufungsbegründungsschriftsatz verwechselt habe. Der Prozessbevollmächtigte trug vor, er habe am Abend selbst kontrolliert, ob die signierten Schriftsätze alle ordnungsgemäß versandt worden waren. Am späten Nachmittag habe er auch Einsicht in die Papierfristen- liste der Mitarbeiterin genommen, wo die Frist als erle- digt markiert gewesen sei. Der BGH sieht schon allgemein Mängel bei der Organi- sation der Fristenkontrolle, da keine den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechende Ausgangskontrolle vor Friststreichung vorgesehen war. In Bezug auf die Ausgangskontrolle beim beA kann man der Entschei- dungsbegründung zwei Anforderungen entnehmen: Der Senat hält es (erste Anforderung:) nicht für ausrei- chend, dass die Feststellung der Versendung irgend- eines Schriftsatzes mit dem passenden Aktenzeichen er- folgt, sondern es muss anhand des (zweite Anforde- rung:) zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens auch ge- prüft werden, welcher Art der Schriftsatz war. Hier hät- te man aus dem Dateinamen „Streitwertfestsetzung für Beschwerdeverfahren.pdf“ erkennen können, dass es sich nicht um die Berufungsbegründung handelte. Beide Prüfungspunkte sind sicher sinnvoll und gehen je- denfalls nicht so weit wie die Forderung des LAG Rhein- land-Pfalz, das im Urteil vom 21.5.2019 6 6 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.5.2019 – 8 Sa 279/18. Wiedereinset- zung ablehnte mit der Begründung, für die Durchfüh- rung der Ausgangs- und Zugangskontrolle im elektroni- schen Rechtsverkehr müssten die gleichen Anforderun- gen gelten wie bei der Übersendung per Telefax, so dass entsprechend der Prüfung des Sendeberichts auf die Anzahl der gefaxten Seiten hin, die Angabe der übermittelten Datenmenge in Kilobyte zu beachten sei. Diese Anforderung ist eindeutig überzogen. Eine mögliche weitere Falle liegt dann noch darin, dass der Dateiname nicht unbegrenzt lang sein darf: Bei- spielsweise in Niedersachsen lautet im Justizportal 7 7 https://justiz.de/elektronischer_rechtsverkehr/niedersachsen/index.php. die Empfehlung, dass der Name „möglichst eine Länge von 90 Zeichen inklusive Dateinamenserweiterung (z.B. „.pdf“) nicht überschreiten sollte“, beim (niedersächsi- schen) AG Brake dürfen es nur 50 Zeichen sein. 8 8 https://www.amtsgericht-brake.niedersachsen.de/startseite/service/elektronischer _rechtsverkehr/. Bei hierauf beruhenden Übertragungsfehlern wird man hof- fentlich auf die Nachsicht der Gerichte hoffen dürfen. (ju) FRISTENLAUF BEI INSOLVENZERÖFFNUNG WÄHREND DER BERUFUNGSBEGRÜNDUNGSFRIST Nach Beendigung der Unterbrechung des Verfah- rens gem. § 240 ZPO beginnt die Frist zur Beru- fungsbegründung gem. § 249 I ZPO von neuem zu laufen, ohne dass es einer besonderen Fristsetzung bedarf. (eigener Ls.) BGH, Beschl. v. 30.4.2020 – IX ZB 52/19, ZInsO 2020, 1242 JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 AUFSÄTZE 200

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