BRAK-Mitteilungen 4/2020

dar, selbst wenn sie einen konkreten Fall als Beispiel he- ranziehen. Auch eine allgemein gehaltene, auf den nicht überprüften Angaben des Nachfragenden beru- hende Rechtsauskunft an eine interessierte Einzelper- son ist nicht Rechtsdienstleistung. Dies kann etwa die Auskunft eines Mietervereins gegenüber einem Nicht- mitglied (vgl. hierzu OLG Hamburg, 3 U 230/04 v. 28.4.2005, NJW 2005, 3431 – „Postwurfsendung“) oder die Beantwortung rechtlicher Fragen im Rahmen einer Ratgebersendung im Fernsehen betreffen, für die klarstellend überdies § 2 III Nr. 5 gilt. Andererseits ist es für die Frage, ob Rechtsdienstleistun- gen erbracht werden, unerheblich, mit welchen techni- schen Mitteln dies erfolgt. So ist das Vorliegen einer Rechtsdienstleistung nicht etwa deshalb ausgeschlos- sen, weil der Rechtsuchende keinen persönlichen Kon- takt zu dem Dienstleistenden aufnimmt, sondern etwa über eine Telefon-Hotline oder ein Internetforum seine konkreten Rechtsfragen prüfen lassen will . Hier hängt es stets vom Inhalt des Beratungsangebots und der Er- wartung des Rechtsuchenden ab, ob die Beratung als Rechtsdienstleistung einzustufen ist. Zur Bedeutung der „erkennbaren Erwartung“ des Recht- suchenden In den Fällen, in denen die Erteilung eines Rats oder die Besorgung eines Geschäfts objektiv, also nach der Ver- kehrsanschauung, keine besondere rechtliche Prüfung erfordert, kann nach der Begriffsdefinition in § 2 I gleichwohl eine Rechtsdienstleistung vorliegen, wenn der Auftraggeber zu erkennen gibt, dass er die recht- lichen Auswirkungen eines Geschäfts nicht überblickt und er den Dritten gerade mit dem Ziel einschaltet, den Vorgang von ihm unter Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften prüfen oder sich über die rechtlichen Folgen des Rechtsgeschäfts aufklären zu lassen. Das Tatbestandsmerkmal erweitert daher den Anwen- dungsbereich des RDG im Interesse und zugunsten der Rechtsuchenden in den Fällen, in denen bei einer typi- sierenden, objektiven Betrachtung eine besondere rechtliche Prüfung nicht erforderlich und üblich wäre. Zum Erfordernis der „konkreten fremden Angelegen- heit“ Das Tatbestandsmerkmal der Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Anwendungsbereich des RBerG entnommen (grdl. BGH, I ZR 32/61 v. 28.6.1962, BGHZ 38, 71 = NJW 1963, 441; vgl. auch BGH, I ZR 289/97 v. 30.3.2000, NJW 2000, 2108 m.w.N.). Tätigkeiten, die nicht in fremden, sondern in eigenen Angelegenheiten erfolgen, stellen keine Rechtsdienstleistung dar. Wie im geltenden Recht ist hierunter eine wirtschaftlich fremde Angelegenheit zu verstehen. Eigene Angelegenheiten sowie die Rechtsberatung durch gesetzliche Vertreter, Organe oder Angestellte eines Unternehmens unterfal- len nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes. Für die Rechtsberatung im gesellschaftsrechtlichen Kon- zern sieht Absatz 3 Nr. 6 eine klarstellende Sonderrege- lung vor (vgl. Begründung zu Absatz 3 Nr. 6). Die Tätigkeit muss zudem auf einen konkreten Sachver- halt gerichtet sein. Tätigkeiten, die sich an die Allge- meinheit oder einen unbestimmten Personenkreis rich- ten, sind daher auch dann nicht erfasst, wenn die übri- gen Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 erfüllt sind, wenn also etwa die Rechtslage anhand eines Einzelfall- beispiels geprüft und erläutert wird. Entscheidend ist stets, ob es sich um eine nicht fingierte, sondern wirk- liche, sachverhaltsbezogene Rechtsfrage einer be- stimmten, Rat suchenden Person handelt. BT-Drs. 16/6634, Beschlussempfehlung und Bericht, Seite 50 f. (Hervorhebungen nur hier): Zu § 2 (Begriff der Rechtsdienstleistung) Zu Absatz 1 Die vorgeschlagenen Änderungen in Absatz 1 bewirken zunächst eine sprachliche Straffung der Legaldefinition des Begriffs „Rechtsdienstleistung“ und vermeiden die Verwendung der bisher im Gesetzestext vorhandenen Generalklauseln „Verkehrsanschauung“ bzw. „Erwar- tung der Rechtsuchenden“. Der Rechtsausschuss hält diese Straffung der Norm für sachgerecht, zumal die Sachverständigenanhörung er- geben hat, dass die Gerichte zur Auslegung der Norm auch ohne eine ausdrückliche Kodifizierung dieser Tat- bestandselemente weiterhin auf die Verkehrsanschau- ung und – ergänzend – auf die Erwartung des Rechtsu- chenden abstellen werden, da dies der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspreche . Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des RDG geht mit der Streichung dieser bisher allgemein aner- kannten Auslegungskriterien nicht einher, zumal bei einer extensiven Auslegung der Anwendungsbereich des § 5 I RDG notwendig weiter gefasst werden müsste, um den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu genügen. Dies beabsichtigt der Rechtsausschuss ausdrücklich nicht. Mit der Streichung des Wortes „besondere“ soll vermieden werden, dass an das Erfordernis der recht- lichen Prüfung zu hohe Maßstäbe angelegt werden. Teilweise wurde in der Diskussion um dieses Tatbe- standsmerkmal die Befürchtung geäußert, das Wort „besondere“ lasse – entgegen der Begründung des Re- gierungsentwurfs – eine Auslegung der Vorschrift zu, die nur besonders schwierige oder umfassende recht- liche Prüfungen erfasse. Bereits in der Entwurfsbegrün- dung war demgegenüber ausgeführt worden, dass § 2 I RDG jede rechtliche Tätigkeit erfassen soll, die über die bloße Anwendung von Rechtsnormen auf einen Sach- verhalt hinausgeht, ohne dass es einer besonderen Prü- fungstiefe bedarf. Um klar hervorzuheben, dass es im Rahmen von § 2 I RDG nur um die Abgrenzung von blo- ßer Rechtsanwendung zu juristischer Rechtsprüfung und nicht um die Unterscheidung von „einfachem“ und „schwierigem“ Rechtsrat geht, hält der Rechtsaus- schuss die Streichung des Wortes „besondere“ für ge- boten. d) Soweit der BGH in seiner Entscheidung „Schadensre- gulierung durch Versicherungsmakler“ ausgeführt hat, dass durch eine einengende Auslegung des Begriffs der Rechtsdienstleistung der mit dem RDG verfolgte Kon- RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 228

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