BRAK-Mitteilungen 4/2020

Rechtsprüfung im Rahmen eines Subsumtionsvorgan- ges (s. Wessels , MMR 2020, 59, 60). bb) Eine rechtliche Prüfung ist auch nicht subjektiv auf- grund eines vom Rechtssuchenden zum Ausdruck ge- brachten Wunsches Bestandteil der streitgegenständ- lichen Dienstleistung. Die Kunden der Bekl. geben nicht zu erkennen, dass sie das Programm mit dem Ziel oder in der Erwartung nutzen, ihr Anliegen unter Anwen- dung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften prü- fen oder sich über die rechtlichen Folgen aufklären zu lassen. Jedem, der das Programm tatsächlich benutzt, ist klar, dass er bei der Auswahl der Optionen keinen Rechtsrat erhält, sondern in eigener Verantwortung einen Lebenssachverhalt in ein vorgegebenes Raster einfügt, während im Hintergrund ein rein schemati- scher Ja-Nein-Code ausgeführt wird. Die Anfertigung von Vertragsentwürfen erfordert zwar generell eine rechtliche Prüfung, diese ist hier jedoch – erkennbar – in die Programmierungsebene verschoben. Der Doku- mentengenerator ist eine Auswahlhilfe für rechtlich vorgeprägte, aber in der Sache prüfneutrale Entschei- dungen ( Wessels, MMR 2020, 59, 60). Die Unterstüt- zung beim Ausfüllen eines Formulars stellt selbst dann keine Rechtsdienstleistung mehr dar, wenn in diesem Zusammenhang vereinzelt Rechtsfragen thematisiert werden (s. OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.10.2010, 6 U 64/ 10, juris-Rn. 14). Die im vorliegenden Fall (erfolgreich) angegriffene Wer- bung der Bekl. für den Rechtsdokumentengenerator ist für die Beurteilung der subjektiven Erwartungshaltung der Nutzer ohne Belang. Die Kl. erstrebt ein generelles Verbot des Rechtsdokumentengenerators, unabhängig von seiner werblichen Einkleidung. Zu beurteilen ist die Zulässigkeit des Legal Tech-Angebotes als solches, so wie es sich dem Nutzer gemäß der Anlage 1 zur ange- fochtenen Entscheidung darstellt. HINWEISE DER REDAKTION: Das LG Köln (BRAK-Mitt. 2019, 311), hatte in der Vorinstanz den Legal Tech-Vertragsgenerator noch als unzulässig angesehen (vgl. hierzu die Bespre- chung von Wolf/Künnen, BRAK-Mitt. 2019, 274). Die RAK Hamburg hat gegen die Entscheidung des OLG Köln die zugelassene Revision eingelegt (AZ: I ZR 113/20). VERSTOSS EINES INKASSODIENSTLEISTERS GEGEN DAS RDG – MIETPREISBREMSE RDG §§ 2 II, 3, 5, 10; BGB § 139 * 1. Beauftragt ein Mieter einen nach dem RDG zu- gelassenen Inkassodienstleister, in seinem Auftrag die „Mietpreisbremse“ durchzusetzen und gegen seinen Vermieter vorzugehen, um die im Mietver- trag vereinbarte Miete auf das höchstzulässige Maß herabzusetzen, richtet sich das dem Inkassounter- nehmen erteilte Mandat auf eine abseits der Forde- rungseinziehung liegende Rechtsdurchsetzung für einen Dritten im Einzelfall, die nicht von der Inkasso- erlaubnis gedeckt ist. Soweit der Inkassodienstleis- ter anschließend einzelne unter Vorbehalt geleistete Mietzahlungen teilweise zurückverlangt, betreibt er die Forderungseinziehung nicht i.S.d. § 2 II RDG als ein „eigenständiges Geschäft“, sondern als bloßes Mittel um auftragsgemäß den Vermieter dazu zu be- wegen, die Miete auf das höchstzulässige Maß zu beschränken. * 2. Der darin liegende Verstoß gegen das RDG be- dingt zwar die Nichtigkeit des Dienstleistungsver- trages zwischen Mieter und Inkassodienstleister, so dass das Inkassounternehmen für seine Tätigkeit nicht die vereinbarte Vergütung verlangen kann. Die Abtretung der gegen den Vermieter erhobenen An- sprüche bleibt jedoch gem. § 139 BGB unberührt, so dass der Inkassodienstleister für die Klage auf Rück- zahlung der überhöhten Miete aktivlegimitiert bleibt (entgegen BGH, BRAK-Mitt. 2020, 44). LG Berlin, Urt. v. 29.4.2020 – 64 S 95/19 AUS DEN GRÜNDEN: I. Mit Urt. v. 22.3.2019, auf das zur näheren Sachdar- stellung Bezug genommen wird, hat das AG Charlotten- burg – 220 C 111/18 – die auf Auskunft und Zahlung gerichtete Klage abgewiesen. Mit Beschl. v. 29.3.2019 hat das AG Charlottenburg das Urteil berichtigt. Gegen dieses der Kl. am 27.3.2019 zugestellte Urteil hat sie mit am 4.4.2019 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz v. 3.4.2019 Berufung eingelegt und diese mit am 22.5.2019 eingegangen Schriftsatz begründet. Mit der Berufung begehrt die Kl. eine Abänderung der erstin- stanzlichen Entscheidung. Die Kl. macht geltend, an ihrer Aktivlegitimation könne nach der Entscheidung des BGH v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18 – kein Zweifel mehr bestehen. Ihr stehe auch der – bislang von Beklagtenseite nicht erfüllte – Aus- kunftsanspruch zu. Die Kl. beantragt, das Urteil des AG Charlottenburg v. 22.3.2019 – 220 C 111/18 – wird ab- geändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Bekl. wird verurteilt, Auskunft über folgende Fra- gen zu erteilen: a) Wie hoch war die Miete, die der vorherige Mieter (Vormieter) der derzeit durch Herrn ...B... (Mieter) von der Bekl. angemieteten Wohnung in der S..., 1... Ber- lin,... OG Mitte (Wohnung) zuletzt schuldete (Vor- miete)? b) Gab es Mieterhöhungen, die mit dem Vormieter in- nerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Vormie- terverhältnisses vereinbart worden sind und, falls ja, um welche Beträge wurde die Vormiete jeweils erhöht? c) Wurden in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses mit dem Mieter Modernisierungs- maßnahmen i.S.d. § 555b BGB durchgeführt und, falls- RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 231

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