BRAK-Mitteilungen 4/2020

ja, welcher Betrag einer Mieterhöhung nach § 559 I-III BGB und § 559a I-IV BGB hätte sich daraus ergeben? d) Handelt es sich bei dem gegenständlichen Mietver- hältnis um die erste Vermietung nach umfassender Mo- dernisierung gem. § 556f BGB? 2. Die Bekl. wird verurteilt, an die Kl. 144,68 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshän- gigkeit zu zahlen. 3. Die Bekl. wird verurteilt, an die Kl. vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 534,31 Euro nebst Zin- sen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshän- gigkeit zu zahlen. Die Bekl. beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Bekl. ist der Auffassung, dass die Mietenbegrenzungs- verordnung unwirksam sei und dass ein Auskunftsan- spruch nur gegen den ursprünglichen Vermieter gege- ben sei. (...) II. Die gem. §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung ist teil- weise im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begrün- det und im Übrigen unbegründet. 1. Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs ist die Klage be- reits unzulässig, da es insoweit an einem Rechtsschutz- bedürfnis fehlt. Dieses setzt ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Geltendmachung des eingeklagten Rechts voraus. Daran fehlt es, da es auf die Auskunfts- erteilung für das von der Kl. für den Mieter verfolgte Be- gehren, sich gegen eine überhöhte Miete zur Wehr zu setzen, gar nicht ankommt. Dazu müsste sich der Ver- mieter nach einer Rüge des Mieters zur preislichen Rechtfertigung der vereinbarten Miete auf die Ausnah- metatbestände der §§ 556e und 556f BGB berufen ha- ben oder Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er sich zukünftig darauf berufen wird (vgl. LG Berlin, Hinweis- beschl. v. 12.12.2017 – 67 S 282/17, GE 2018, 196beck]). Vorliegend beruft sich die Bekl. zur Rechtfer- tigung der Höhe der vereinbarten Miete lediglich da- rauf, dass sie der ortsüblichen Vergleichsmiete entspre- che. Die Bekl. hat zu keinem Zeitpunkt etwa auf durch- geführte Modernisierungsmaßnahmen Bezug genom- men, um die vereinbarte Miete zu begründen noch sind auch nur ansatzweise Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie dies noch tun wird. Ein Rechtsschutzinteresse der Kl. für die in der Berufung noch anhängigen Aus- kunftsansprüche ist daher nicht erkennbar; vielmehr könnte jede nicht lediglich negatorische Auskunft der Bekl. den in der Hauptsache verfolgten Zahlungsan- spruch der Kl. zumindest teilweise in Frage stellen, liefe als Verteidigungsvorbringen also sogar den Interessen der Klägerin zuwider. Das von der Kl. befürchtete Kostenrisiko besteht nicht. Denn es ist vorliegend gerade nicht zu erwarten, dass die Bekl. als Vermieterin sich auf weitere Ausnahmetat- bestände beruft, die die vereinbarte Miete rechtfertigen (mit der Folge, dass die Klage von Anfang an unbegrün- det wäre). Darüber hinaus hätte sich die Bekl. – worauf die Kl. selbst hinweist – in einem solchen Falle auch schadensersatzpflichtig gemacht, so dass dann ein ma- teriell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch bestünde (vgl. Lützenkirchen , Anwalts-Handbuch Mietrecht, 6. Aufl., Miete Rn. 214). 2. Die Kl. ist aufgrund wirksamer Abtretung gem. § 398 BGB Inhaberin des geltend gemachten Anspruchs auf Rückzahlung der Miete, soweit diese gem. §§ 556d I, 556g I 2 BGB nicht wirksam vereinbart wurde. a) Allerdings lassen sich ihr Geschäftsmodell und ihre Keine Inkasso- dienstleistung Tätigkeit im hier zu beurtei- lenden Fall entgegen der „Mietright“-Entscheidung des BGH (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2019 – VIII ZR 285/18, NJW 2020, 208 ff.) nicht als Inkassodienstleistung i.S.v. § 2 II RDG begreifen. Die Kammer folgt zwar der Auffassung des BGH, wonach der Begriff der Inkassotätigkeit ausweislich der Geset- zesbegründung des RDG weit auszulegen ist, um neuen Berufsbildern nicht von vorne herein den Weg zu ver- stellen und den Bereich der Rechtsberufe und der freien Berufe zu entbürokratisieren und zu liberalisieren. Wenn danach aber eine Tätigkeit, die nicht – und zwar nicht nur als Nebenleistung, sondern als selbständiges Geschäft – auf eine Forderungseinziehung gerichtet ist, sondern die Abwehr von Ansprüchen zum Gegenstand hat, nicht mehr als Inkassodienstleistung angesehen werden kann (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 96 und 219), so muss dies auch für die vorliegend entfalteten Aktivitä- ten der Kl. gelten. Das Interesse des Mieters, in dessen Auftrag die Kl. tätig geworden ist, war nicht – im Sinne eines selbstständigen Geschäfts – darauf gerichtet, die nach Ausspruch der Rüge unter Vorbehalt gezahlte Miete teilweise zurück zu erlangen, also Zahlungsan- sprüche durchzusetzen, die überhaupt erst durch seine bloß vorsichtshalber erbrachten Leistungen auf als un- wirksam erachtete Mietforderungen entstanden. Viel- mehr versprach die Kl. ihrem Kunden, seine Rechte aus den gesetzlichen Vorschriften über die „Mietpreisbrem- se“ nach Kräften durchzusetzen und den Vermieter da- zu zu bringen, die vertraglich vereinbarte Miete auf das gesetzlich zulässige Maß zu reduzieren. Dieses für die Beauftragung der Kl. maßgebliche Interesse des Mie- ters dokumentiert anschaulich die Beschriftung des But- tons „Mietsenkung beauftragen“, durch dessen Betäti- gung das Dienstleistungsverhältnis zu Stande kam. Auch die Vergütung der Kl. sollte nicht etwa vom Ge- samtbetrag der insgesamt erfolgreich zurückgeforder- ten Mietzahlungen, sondern vom Jahresbetrag der durchzusetzenden Mietreduzierung abhängen. Nicht anders als im Falle der Abwehr einer ungerechtfertigten Mieterhöhung – die auch nach der Gesetzesauslegung des BGH nicht mehr als Inkassodienstleistung im Sinne des RDG begriffen werden kann (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 96 und 219) – war der der Kl. erteilte Dienstleis- tungsauftrag mithin auf die Abwehr ungerechtfertigter – nämlich seitens des Vermieters unter Verstoß gegen die Vorschriften der „Mietpreisbremse“ schon bei Ab- schluss des Mietvertrages erhobener und nachfolgend Monat für Monat geltend gemachter Mietforderungen gerichtet, während sich die nun allein noch streitige, al- lenfalls als Inkasso begreifbare Mietrückforderung ge- RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 232

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