BRAK-Mitteilungen 4/2020

rade nicht als „eigenständiges Geschäft“, sondern als bloßes Mittel zur „künftigen Herabsetzung der] Miete“ (vgl. 1.2 der klägerischen AGB, vorgelegt als Anlage K2, Bl. 14 I d.A.; Vollmachtserteilung, Anlage K1, Bl. 13 I d.A.) darstellt. Die von dem BGH postulierte Abgrenzung, wonach eine Kritik an Abgrenzung des BGH auf die Durchsetzung der „Mietpreisbremse“ und die Kappung der ursprünglich im Mietvertrag vereinbar- ten Miete auf das nach §§ 556d ff. BGB zulässige Maß „noch“ als Inkassodienstleistung zulässig sein könne, während ein auf die Abwehr nachträglicher Mieterhö- hungen gerichtetes Dienstleistungsangebot eindeutig nicht mehr unter den Begriff des Inkassos falle und folg- lich nach dem RDG nicht genehmigungsfähig sei, ver- mag auch deswegen nicht zu überzeugen, weil diese Diskriminierung mit den Grundrechten betroffener Dienstleister aus Art. 3, 12 GG nicht in Einklang zu brin- gen wäre. Es mag zwar zutreffen, dass die von einer rechtlichen Fehlberatung ausgehenden Gefahren im Falle der Forderungsabwehr – abstrakt betrachtet – gravierender sind als im Falle des Forderungseinzugs (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 219); denn für die Haftung des Schuldners, der über Umfang und Fälligkeit seiner Pflichten irrt, gilt ein viel strengerer Maßstab als für die Haftung desjenigen, der sich irrtümlich einer tatsäch- lich nicht bestehenden Forderung berühmt und diese durchzusetzen sucht (vgl. nur BGH, Urt. v. 15.4.2015 – VIII ZR 281/13, GE 2015, 853 ff., Rn. 24 ff. m.w.N.). Na- mentlich an Hand des konkreten Beispiels der Abwehr unberechtigter Mieterhöhungen lässt sich aber nicht feststellen, dass von einer solchen Dienstleistung für Mieter (oder den Rechtsdienstleistungssektor) höhere Gefahren ausgehen können, als von dem vorliegend zu beurteilenden Geschäftsmodell der Durchsetzung der „Mietpreisbremse“, sodass die Abgrenzung durch Sach- gründe nicht gerechtfertigt erscheint und im Ergebnis willkürlich anmutet; denn das Gesetz sieht für einen Mieter, der sich, sei es auch irrtümlich und im Ergebnis erfolglos, eines Mieterhöhungsverlangens zu erwehren sucht, mit § 569 III Nr. 3 BGB einen besonderen Kündi- gungsschutz vor. Die unterschiedliche Behandlung bei- der Geschäftsmodelle erscheint auch nicht deswegen gerechtfertigt, weil es einmal um eine schon im Mietver- trag formulierte, im anderen Fall aber um eine erst nachträglich erhobene Forderung des Vermieters geht – zumal auch „Mietpreisbremse“-Fälle denkbar sind, in denen die Miete zunächst den Vorgaben der §§ 556d ff. BGB entspricht, aber erst später wirksame Stufen einer Staffelmiete gegen die gesetzlichen Rege- lungen verstoßen. Handelte die Kl. mithin nicht im Rahmen der ihr erteil- ten Inkassoerlaubnis, so richtete sich ihr Auftrag, der „Mietpreisbremse“ zur Geltung zu verhelfen und die vertraglich vereinbarte Miete auf das gesetzlich zulässi- ge Maß zu reduzieren, auf eine nach § 3 RDG verbote- ne selbstständige Erbringung außergerichtlicher Dienst- leistungen. Soweit die Kl. vorträgt, sie erbringe überhaupt keine Verstoß gegen § 3 RDG oder allenfalls nach § 5 RDG als Nebenleistungen zulässige Rechtsdienstleis- tungen, ist ihr zwar zuzuge- ben, dass gegen den zur Vertragsanbahnung und Prü- fung der Erfolgsaussichten dienenden Mietpreisrech- ner, für sich genommen, keine Bedenken bestehen; wie der BGH in der „Mietright“-Entscheidung in Überein- stimmung mit der Zivilkammer 65 zutreffend ausge- führt hat, handelt es sich um ein softwarebasiertes, au- tomatisiertes Berechnungssystem, das eine Subsumtion unter Rechtsvorschriften nicht zu leisten vermag, son- dern lediglich die Anwendung des Mietspiegels erleich- tert und bei der eigenständigen Abschätzung der orts- üblichen Miete Unterstützung bietet (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 148; vgl. auch LG Berlin, Urt. v. 15.1.2019 – 15 O 60/18, Rn. 46juris]). Die im Anschluss an ihre Beauftra- gung entfaltete Tätigkeit der Kl. ist aber gerade darauf gerichtet, im Verhältnis zwischen den Mietvertragspar- teien eine möglichst verbindliche Klärung der Höhe der wirksam vereinbarten Miete herbeizuführen; dabei han- delt es sich um Rechtsanwendung und Rechtsdurchset- zung für einen Dritten im Einzelfall, mithin um generi- sche Rechtsdienstleistung, die gerade nicht i.S.d. § 5 RDG lediglich Nebenleistung einer anderen Tätigkeit ist. Wie das BVerfG entschieden hat, ist danach zu fra- gen, ob der Schwerpunkt der Tätigkeit – wie etwa beim Beitreiben von Forderungen – auf wirtschaftlichen Ge- biet liegt, „oder ob die rechtliche Seite der Angelegen- heit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klä- rung rechtlicher Verhältnisse geht“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.9.2002 – 1 BvR 2251/01, NJW 2002, 3531 ff., Rn. 23). Hier ging es nach dem der Kl. erteilten Mandat vorrangig um letzteres. Mit nachgelassenem Schriftsatz v. 19.3.2020 hat die Kl. ausgeführt, dass lediglich zur Abgrenzung erlaubnisfrei- er Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechts- besorgung auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustel- len sei, vorliegend aber eine Erlaubnis unstreitig vorlä- ge, so dass der Schwerpunkt irrelevant sei. Die auf- grund der Registrierung erteilte Erlaubnis lässt die Prü- fung, ob sich eine Tätigkeit innerhalb der Inkassodienst- leistungsbefugnis hält, jedoch nicht entfallen. Diese wird im Übrigen auch in der in Bezug genommenen Ent- scheidung des BGH vorgenommen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 109 ff.). b) Ob die aus dem RDG für das Geschäftsmodell der Kl. fließenden Beschränkungen – sie dürfte die angebotene Durchsetzung der „Mietpreisbremse“ im Einzelfall nicht selbst besorgen, sondern wohl nur als Prozessfinanzie- rer für entsprechende durch Rechtsanwälte zu erbrin- gende Rechtsdienstleistungen auftreten – mit ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 GG vereinbar sind oder das RDG deshalb in unverhältnismäßiger Weise gleichheitswidrig (Art. 3 GG) in ihre Rechte ein- greift, weil etwa Haus- und Wohnungsverwalter kom- plementäre Leistungen anbieten dürften, kann vorlie- gend dahinstehen. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 233

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