BRAK-Mitteilungen 4/2020

Der Verstoß gegen das Verbot des § 3 RDG führt näm- Abtretung bleibt wirksam lich nicht dazu, dass neben dem auf die Herabsetzung der vertraglichen Miete ge- richteten Dienstleistungs- vertrag gem. §§ 134, 139 BGB auch die Abtretung der streitgegenständlichen Forderung nichtig wäre. In der „Mietright“-Entscheidung geht auch der BGH davon aus, dass § 134 BGB das Abtretungsgeschäft aus Grün- den des Vertrauensschutzes nur umfassen kann, wenn nicht nur eine geringfügige oder schwer zu beurteilende Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis vor- liegt, sondern der Inkassodienstleister eindeutig und für seinen Kunden wie auch für den in Anspruch genomme- nen Schuldner erkennbar gegen seine Erlaubnis nach § 10 RDG verstößt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 91 ff.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, nachdem nicht nur verschiedene Kammern des Landgerichts Berlin, son- dern sogar der Bundesgerichtshof die dort im wesent- lichen gleich gelagerte Tätigkeit der Klägerin in der „Mietright“-Entscheidung als von der Inkassoerlaubnis noch umfasst angesehen hat. Es entspricht vorliegend auch der gem. § 139 BGB maßgeblichen Interessenlage sowohl des Mieters als auch der Kl. und der Bekl., unab- hängig von dem zu Grunde liegenden Dienstleistungs- vertrag auf die Wirksamkeit der Abtretung vertrauen zu dürfen: Für den Mieter ist, selbst wenn die Kl. eine ver- bindliche Klärung der zulässigen Miethöhe durch au- ßergerichtliche Vereinbarung oder Feststellungsklage nicht herbeiführen darf, auch die bloße Durchsetzung seines auf die unter Vorbehalt geleisteten Mietzahlun- gen bezogenen Rückforderungsanspruchs von Interes- se, zumal das Ergebnis dieser Bemühungen es ihm er- möglichen mag, anschließend selbst eine Einigung über die zulässige Miethöhe mit der Bekl. zu erreichen. Die isolierte Geltendmachung dieses Anspruchs lässt sich als Inkassodienstleistung begreifen, für die die Kl. auf- grund der ihr erteilten Erlaubnis nach § 10 RDG als hin- reichend qualifiziert anzusehen ist, um Gefahren für den Rechtsverkehr auszuschließen. Vor diesem Hinter- grund muss schließlich auch die Bekl. darauf vertrauen dürfen, dass die Kl. tatsächlich über die ihr nachweis- bar abgetretene Forderung verfügen darf und eine et- wa zur Erfüllung geleistete Zahlung wirksam entgegen nehmen kann. Die Kammer sieht sich bei dieser Würdi- gung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerfG, welches schon entschieden hat, dass die Erstre- ckung der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB auf das Ab- tretungsgeschäft selbst im Falle eines Verstoßes gegen das Verbot des Erbringens selbstständiger Rechts- dienstleistungen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrund- satz verstoßen kann (vgl. BVerfG – 1 BvR 423/99, Beschl. v. 20.2.2002, NJW 2002, 1190 ff., Rn. 41). 3. Die Kammer hat bereits entschieden, dass die gesetz- lichen Vorschriften über die „Mietpreisbremse“ ein- schließlich der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung wirksam sind (vgl. LG Berlin, Urt. v. 20.6.2018 – 64 S 199/17, GE 2018, 1386 ff.juris]). Die Entscheidung war Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde, die nicht zur Entscheidung angenommen wurde (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 18.7.2019 – 1 BvL 1/18, GE 2019, 1097 ff.). Die Kammer hält auch nach den weite- ren Ausführungen der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz v. 16.3.2020 weiterhin an ihrer Beurteilung fest; insbesondere ist die Begründung der Mietenbe- grenzungsverordnung ausreichend, und zwar von amt- licher Stelle, nämlich im parlamentarischen Dokumen- tationssystem des Abgeordnetenhauses von Berlin, ver- öffentlicht worden (vgl. Kammer, a.a.O., Rn. 12). Die Veröffentlichung erfolgte auch rechtzeitig, nämlich vor dem Datum des Inkrafttretens der Verordnung am 1.6.2015. Die BT-Drs. 17/2272, mit der die Verordnung samt ihrer Begründung veröffentlicht wurde, datiert v. 20.5.2015 (vgl. https://www.parlament-berlin.de/ados/ 17/IIIPlen/vorgang/d17-2272.pdf). Die Kammer ver- weist ergänzend auf die Gründe des Urteils v. 29.1.2020 der Zivilkammer 66 des LG Berlin (66 S 143/ 19, WuM 2020, 152 ff.) und macht sich diese zu eigen. Soweit die Bekl. vorträgt, die Begründung sei ihr nach einem – nicht näher dargelegten – Anruf beim Berliner Senat für Stadtentwicklung nicht übersandt worden, vermag dies die ordnungsgemäße Veröffentlichung nicht in Zweifel zu ziehen, zumal Drucksachen des Par- laments grundsätzlich bei diesem anzufordern sind. 4. Der Kl. steht gegen die Bekl. für den Monat April 2018 nach §§ 556g I, II, 812 I 1, 398 BGB ein Rückzah- lungsanspruch zu. (...) 5. Der Kl. steht kein Ersatz der vorgerichtlichen Rechts- verteidigungskosten zu. aa) Zwar befand sich die Bekl. mit Fristablauf am 8.3.2018 im Verzug, jedoch erfolgte die Beauftragung der Kl. bereits vor Verzugseintritt, weshalb der Schaden nicht kausal durch den Verzug entstanden ist (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.2015 – IV ZR 169/14). bb) Es ist auch kein Anspruch auf Ersatz der Inkassokos- ten nach § 280 I BGB gegeben. Die Vereinbarung einer gegen § 556d BGB verstoßenden Miete kann der Bekl. nicht vorgeworfen werden. Denn der Mietvertrag wur- de mit dem früheren Vermieter abgeschlossen und die frühere Miete im Verhältnis Vormieter – früherer Ver- mieter ist der Bekl. nicht bekannt. cc) Infolge der Nichtigkeit des Inkassodienstleistungs- vertrages gem. § 134 BGB kann die Kl. für ihre Tätigkeit überdies ohnehin keine Vergütung nach dem RVG bean- spruchen. Auch unter Beachtung des Grundrechts aus Art. 12 I GG scheint es eine verfassungsmäßig zulässi- ge und verhältnismäßige Beschränkung der Berufsaus- übungsfreiheit darzustellen, der Kl. zu untersagen, im Außenverhältnis zur Abwehr von Ansprüchen Dritter aufzutreten, da dies durch den Schutzzweck des RDG gerechtfertigt ist. Im Gegensatz zu Haus- und Woh- nungsverwaltungen beschränkt sich die Haupttätigkeit der Kl. nämlich im Wesentlichen auf diese Tätigkeit, während die von Haus- und Wohnungsverwaltern er- brachten Dienstleistungen auf den von der Kl. ange- führten Rechtsgebieten gerade zum Berufs- und Tätig- keitsbild ihrer Haupttätigkeit gehören. Dadurch ist zu- BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 234

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