BRAK-Mitteilungen 4/2020

SONSTIGES KEIN ANSPRUCH AUF BEIORDNUNG EINES NEUEN ANWALTS BEI KÜNDIGUNG DES MANDATS OHNE WICHTIGEN GRUND BRAO § 48 II * 1. Die Aufhebung einer gem. § 73a I SGG i.V.m. § 121 II ZPO erfolgten Beiordnung eines Rechtsan- walts führt nicht automatisch zu einem Anspruch auf Beiordnung eines neuen Anwalts. * 2. Soweit der Kläger eigenmächtig und ohne Rück- sicht auf eigene Verpflichtungen der Rechtsanwältin Besprechungstermine in der Erwartung festlegt, dass diese tatsächlich auch eingehalten werden, er- weist sich dies als gänzlich unangemessen. Ein sol- ches Vorgehen stellt keine allgemein übliche und so- zialadäquate Verhaltensweise eines anwaltlich ver- tretenen Prozessbeteiligten dar. LSG Baden-Württemberg (4. Senat), Beschl. v. 30.3.2020 – L 4 KR 3844/19 B Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Die Aufhebung der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe kommt auch dann in Betracht, wenn die weitere Zusammenarbeit we- gen des Abbruchs jeden Kontakts nicht mehr ge- währleistet ist (vgl. LAG Köln, BRAK-Mitt. 2014, 156). BESTELLUNG EINES ZWEITEN PFLICHTVERTEIDIGERS BRAO § 53; StPO § 144 1. Die Vorschrift des § 144 StPO dient lediglich der Kodifizierung der bereits höchstrichterlich aner- kannten Praxis zur Bestellung weiterer Pflichtvertei- diger; mithin gelten die von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zur Bestim- mung der Erforderlichkeit der Beiordnung eines wei- teren Pflichtverteidigers weiter. 2. Die Beiordnung eines weiteren Pflichtverteidigers nach § 144 StPO kommt nur in Betracht, wenn der Prozessstoff so schwierig oder so umfangreich ist, dass er nach Ausschöpfung aller Hilfsmittel aus- schließlich bei arbeitsteiligem Zusammenwirken zweier Verteidiger beherrscht werden kann oder wenn eine Hauptverhandlung außergewöhnlich lan- ge währt und deshalb die Wahrscheinlichkeit, ein Verteidiger werde planwidrig verhindert sein, steigt, wobei die abstrakt-theoretische Möglichkeit einer späteren Verfahrensgefährdung durch das Ausblei- ben eines Verteidigers nicht ausreicht, um schon von Anfang an einen weiteren Verteidiger zu bestel- len. OLG Hamburg, Beschl. v. 13.1.2020 – 2 Ws 3/20 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de ERRATUM Der Leitsatz zu der Entscheidung des AnwG Nürnberg v. 31.1.2020 (Verstoß gegen die passive Nutzungs- pflicht des beA; BRAK-Mitt. 2020, 166) enthält einen Fehler: Die Rechtsanwaltskammern können gem. §§ 73, 74 BRAO lediglich Rügen und Belehrungen erteilen. Verweis und Geldbuße sind anwaltsgerichtliche Maß- nahmen nach § 114 BRAO, die ausschließlich die An- waltsgerichte auferlegen können (so wie es im konkre- ten Fall auch erfolgte). Der Leitsatz lautet korrekt: „Kommt ein Rechtsanwalt der Aufforderung einer Rechtsanwaltskammer, sein be- sonderes elektronisches Anwaltspostfach einzurichten, nicht nach, kann es gerechtfertigt sein, diesem einen Verweis und eine Geldbuße (hier: 3.000 Euro) aufzuerle- gen.“ BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 242

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