BRAK-Mitteilungen 3/2021

walt seiner Kostenrechnung den hälftigen Verkehrswert der Immobilie ohne Abzug der Verbindlichkeiten zu- grunde legen kann. Führt der Rechtsanwalt zudem auf- tragsgemäß im Außenverhältnis gegenüber dem Kredit- institut die Haftentlassung herbei, ist ein weiterer Ge- genstandswert gegeben. Dieser Wert richtet sich laut OLG nach der Wahrscheinlichkeit für den übertragen- den Ehegatten, ungeachtet der internen Freistellungs- vereinbarung im Außenverhältnis persönlich in An- spruch genommen zu werden. Maßgeblich sind die Um- stände des Einzelfalls. In der Regel entspricht es billi- gem Ermessen i.S.v. § 42 I FamGKG (i.V.m. § 23 I 3 RVG), als Gegenstandswert 20 % der vollständigen Darlehensvaluta anzusetzen. VI. VERGÜTUNGSVEREINBARUNGEN 1. ERFOLGSHONORAR Nach ständiger Rechtsprechung ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars, die gegen die in §§ 49b II BRAO, 4a RVG normierten Voraussetzungen verstößt, nicht gem. § 134 BGB nichtig; vielmehr bleibt die Vereinba- rung gem. § 4b RVG (lex specialis zu § 134 BGB) bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung wirksam (vgl. u.a. BGH, NJW 2014, 2653 ff.). Etwas anderes gilt nach einem Beschluss (§ 522 II ZPO) des OLG München vom 31.10.2019 20 20 OLG München, Beschl. v. 31.10.2019 – 23 U 940/19, AGS 2020, 211. jedoch dann, wenn der Rechtsanwalt neben der gesetzlichen Vergü- tung nach RVG, die er aufgrund des mit dem Mandan- ten geschlossenen Anwaltsvertrags erhält, zusätzlich noch an einem Erfolgshonorar beteiligt werden soll, welches ein Prozessfinanzierer/Mandatsvermittler mit dem Mandanten vereinbart hat und welches abredege- mäß anteilig an den Rechtsanwalt weitergeleitet wer- den soll. Dieses „Zusatzentgelt“ wird durch § 4b RVG nicht privilegiert mit der Folge, dass die zwischen dem Anwalt und dem Prozessfinanzierer/Mandatsvermittler verabredete Weiterleitung eines Teils des Erfolgshono- rars gem. § 134 BGB nichtig ist. Der Prozessfinanzierer/Mandatsvermittler und der Rechtsanwalt hatten in der Weise zusammengearbei- tet, dass ersterer dem Rechtsanwalt enttäuschte, ge- schädigte Kapitalanleger als Mandanten zuführen soll- te, wobei der Prozessfinanzierer/Mandatsvermittler mit dem Klienten ein Erfolgshonorar vereinbarte, welches anteilig an den Rechtsanwalt weitergeleitet werden soll- te. Die Gegenleistung des Rechtsanwalts sollte in der anteiligen Auskehr der vom Mandanten gezahlten ge- setzlichen Vergütung an den Prozessfinanzierer/Man- datsvermittler bestehen. Auch diesen Teil der Vereinba- rung erachtete das OLG München für nichtig gem. § 134 BGB, wobei darin nicht nur ein Verstoß gegen § 49b II BRAO, § 4a RVG gesehen wurde, sondern auch ein Verstoß gegen § 49b III BRAO. 2. ZEITTAKTKLAUSEL MIT 15 MINUTENEINHEITEN UNWIRKSAM Der BGH hat mit seinem Urteil vom 13.2.2020 21 21 BGH, Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 140/19, BRAK-Mitt. 2020, 150 m. Anm. Schons = RVGreport 2020, 211. die lang ersehnte Bewertung der Zulässigkeit von Zeittakt- klauseln im Rahmen von formularmäßigen Vergütungs- vereinbarungen abgegeben. Zwar ist die Abrechnung nach Zeittakten laut BGH grundsätzlich zulässig, um den mit der Unterbrechung der Bearbeitung anderer Mandate einhergehenden Zeitverlust z.B. bei Anrufen des Mandanten zu kompensieren. Welche Zeittakte wirksam in einer vorformulierten Vergütungsvereinba- rung vorgesehen werden dürfen, hat der BGH offenge- lassen. Ein Zeittakt von 15 Minuten beeinträchtigt laut BGH jedoch unangemessen die berechtigten Interessen des Mandanten i.S.v. § 307 I, II Nr. 1 BGB. Ein solcher 15-Minuten-Takt eröffne dem Rechtsanwalt die Möglich- keit, auch für geringfügige Tätigkeiten ein Viertel des Stundesatzes in Ansatz zu bringen und auf diese Weise seine Arbeitszeit zu vervielfachen. Die Unwirksamkeit des vereinbarten 15-Minuten-Takts führte im entschie- denen Fall dazu, dass der Rechtsanwalt den tatsäch- lichen Aufwand seiner Tätigkeit darlegen und beweisen musste und diesen nach dem vereinbarten Stundensatz abrechnen konnte. Noch vor dem oben genannten Urteil des BGH hatte das LG Freiburg mit Urteil vom 19.7.2019 22 22 LG Freiburg, Urt. v. 19.7.2019 – 8 O 56/18, AGS 2020, 457. eine Zeit- taktklausel mit Sechs-Minuten-Taktung für zulässig er- achtet, da sie den Mandanten nicht unangemessen be- nachteilige i.S.v. § 307 II Nr. 1 BGB. VII. RECHTSSCHUTZVERSICHERUNGEN 1. AUSKUNFTS- UND HERAUSGABEANSPRÜCHE DER RECHTSSCHUTZVERSICHERUNG Leistet eine Rechtsschutzversicherung Zahlungen an den Rechtsanwalt für dessen außergerichtliche und nachfolgende gerichtliche Tätigkeit und führt diese Tä- tigkeit zu einem Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Prozessgegner, so steht der Rechtsschutzversiche- rung gegen den Rechtsanwalt nicht nur gemäß den §§ 666, 667 BGB, § 86 VVG ein Anspruch auf Auskehr der vom Gegner erstatteten Beträge jedenfalls in Höhe der geleisteten Vorschüsse zu, sondern auch ein vor- greiflicher Auskunftsanspruch. Dies hat der BGH durch Urteil vom 13.2.2020 23 23 BGH, Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 90/19, BRAK-Mitt. 2020, 145 = RVGreport 2020, 196. entschieden. Der Auskunftsan- spruch des Versicherungsnehmers gehe als Hilfsrecht für die Durchsetzung des Anspruchs auf Herausgabe des Erlangten ebenfalls gem. § 86 I VVG auf die Rechts- schutzversicherung über. Die Pflicht zur anwaltlichen Verschwiegenheit nach § 43a II 1 BRAO stehe dem Aus- kunftsanspruch nicht entgegen, da der Mandant den Rechtsanwalt zumindest konkludent von der Schweige- BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 AUFSÄTZE 158

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