BRAK-Mitteilungen 3/2021

dieser Teil der Klage im Jahr 2016 an das OVG verwie- sen, wo schließlich im März 2018 die Einrede der Ver- jährung erhoben wurde. Zum Zeitpunkt der Entschei- dung im Haftpflichtprozess war jener Prozess immer noch nicht entschieden. Der Senat weist die als Leistungsklage erhobene Re- gressforderung schon als unzulässig zurück. Dafür be- stehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da das klagende Land bei sachgerechtem Verständnis seines Vorbrin- gens selbst (noch) nicht davon ausgehe, dass der gel- tend gemachte Zahlungsanspruch schon bestehe. Das folgert das Gericht daraus, dass im immer noch laufen- den Vorprozess der erhobenen Verjährungseinrede ent- schieden entgegengetreten werde. Hilfsweise geltend gemachte Feststellungsanträge hält das Gericht dagegen für zulässig, allerdings im Ergeb- nis für unbegründet. Soweit der Vorwurf erhoben wur- de, der Beklagte hätte während des Mandats verjäh- rungshemmende Maßnahmen einleiten, zumindest aber zum Mandatsende auf die Verjährungsfrist hinwei- sen müssen, fehle es an relevanten Pflichtverletzungen. Der Senat sieht hier den Anwalt an die eindeutige Wei- sung des Mandanten, die Schadenersatzklage zurück- zustellen, gebunden. Da die Frist noch ausreichend lan- ge lief, hätten während des Mandats keine Bedenken gegen dieses Vorgehen geäußert werden und hätte auch anlässlich des Mandatsendes kein ausdrücklicher Hinweis auf die Verjährungsfrist erfolgen müssen. Dies gelte hier umso mehr, als die Mandantin selbst durch den Verweis auf die künftige Eigenvertretung zu verste- hen gab, den Fall nun selbst zu prüfen und in die Hand nehmen zu wollen. Dass im Anschluss an die so begrün- dete Mandatskündigung mit der Erhebung der Scha- denersatzklage noch bis 2011 zugewartet wurde, führe im Übrigen auch zu einer Unterbrechung des Zurech- nungszusammenhangs. Allein die Fülle der haftungsrechtlichen Fragen, die in diesem Urteil abgearbeitet werden, ist beeindruckend. Am Ende dürfte für den Anwalt wohl auch die Erkennt- nis stehen, dass viele Ansprechpartner auf Mandanten- seite die Arbeit nicht gerade erleichtern und dass sich Verwaltungsverfahren bisweilen viel zu lang hinziehen. (bc) KOSTENTRAGUNG ALS PROZESSVERTRETER OHNE VERTRETUNGSMACHT 1. Einem Vertreter ohne Vertretungsmacht sind auch die außergerichtlichen Kosten des Vertretenen aufzuerlegen, wenn sich dieser aktiv an dem in sei- nem Namen geführten Rechtsmittelverfahren betei- ligt, um zu verhindern, dass ihm die Einlegung des Rechtsmittels zugerechnet wird. 2. Zur Anforderung einer Prozessvollmacht im Origi- nal. OVG Lüneburg, Beschl. v. 8.3.2021 – 12 LA 163/20 Dass ein Rechtsanwalt im Prozess die Interessen seines Mandanten wahrnimmt und nicht selbst das Prozess- (kosten)risiko übernehmen will, versteht sich von selbst. Voraussetzung dafür ist allerdings eine wirksame Be- vollmächtigung – anderenfalls kann der Prozess damit enden, dass die Anwältin auf den Kosten „sitzen bleibt“, wie der hiesige Fall zeigt. Mit jedem Prozess sind Kosten verbunden, und der Staat legt Wert darauf, dass jemand diese auch trägt. In der Regel sind das die Beteiligten des Rechtsstreits entsprechend dem Grad ihres Obsiegens bzw. Unterlie- gens. Problematisch wird es, wenn ein Prozess namens einer Partei geführt wird, ohne dass diese es will bzw. eine entsprechende Vollmacht erteilt hat. Hierzu verhält sich § 89 ZPO: Nach dessen Abs. 1 S. 3 hat dann der vollmachtlose Vertreter die Kosten zu tragen. Ein typischer Fall wäre derjenige, dass die eigene Partei bei Vollmachtserteilung geschäftsunfähig war. In die- sem Fall haftet der vollmachtlose Vertreter als Veranlas- ser in der Regel für die Kosten, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt; ist er dagegen gutgläubig im Besitz einer tatsächlich erteilten Vollmacht, so handelt er nicht im Bewusstsein seiner fehlenden Legitimation. 1 1 BGH, NJW 1993, 1865. Dieser Fall war jedoch anders gelagert und die Umstän- de um die Prozessführung recht verzwickt. Im Kern hat- te ein Umweltverband im Interesse eines seiner Mitglie- der, einer Bürgerinitiative, einen Rechtsstreit gegen die Genehmigungsbehörde für eine Windkraftanlage ange- strengt und hierfür den Vorsitzenden der Bürgerinitiati- ve sowie dessen Rechtsanwalt bevollmächtigt. Nach Klageabweisung wollte die Bürgerinitiative den Rechts- streit unbedingt fortsetzen, der Umweltverband als Klä- ger aus verbandspolitischen Gründen hingegen nicht. Die Prozessanwältin beantragte dennoch auf Betreiben der Bürgerinitiative die Zulassung der Berufung. Die Be- rufung wurde als unzulässig verworfen, weil sie von den Prozessvertretern des Klägers ohne Vertretungsmacht beantragt worden sei. Der Vollmachtsnachweis muss grundsätzlich mit der Originalvollmacht geführt werden. Eine Vollmachtsket- te muss lückenlos nachgewiesen werden. Das konnte die Prozessbevollmächtigte nicht. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch noch die Ausführungen zur Form der Vollmacht: Als elektronisches Dokument kann die Vollmacht – wenn überhaupt (das lässt das OVG hier dahinstehen) – nur dann gelten, wenn bereits das Original in einem elektronischen Dokument be- steht. Die Aufnahme einer schriftlichen Vollmachtsur- kunde des Mandanten in ein anwaltlich signiertes elek- tronisches Dokument oder gar nur die Übermittlung einer Kopie oder Telekopie des papiernen Originals der Vollmachtsurkunde an das Gericht reicht nicht aus. Der Umweltverband, in dessen Namen der Zulassungs- antrag gestellt wurde, hatte Anlass, zu der Frage der Vollmacht Stellung zu nehmen, um der ungewollten Pro- zessführung entgegenzutreten. Soweit die vermeintlich vertretene Partei eigene Anstrengungen unternehmen JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 AUFSÄTZE 160

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