BRAK-Mitteilungen 3/2021

zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das in- dividuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbstständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individu- ellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (st. Rspr., z.B. Senatsurteile v. 7.5.2014 – VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl. II 2014, 904, Rn. 15; v. 19.11.2015 – VI R 74/14, BFHE 252, 129, BStBl. II 2016, 303, Rn. 10; v. 10.3.2016 – VI R 58/14, BFHE 253, 243, BStBl. II 2016, 621, Rn. 16, und v. 4.7.2018 – VI R 16/17, BFHE 261, 543, BStBl. II 2019, 373, Rn. 11). [12] Danach liegt steuerbarer Arbeitslohn in der Regel auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitneh- mer – wie im Streitfall – Aufwendungen erstattet, die der Arbeitnehmer – wie vorliegend – zur Erwerbung, Si- cherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 I 1 EStG) tä- tigt. Dahingehender Barlohn (Werbungskostenersatz) ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen wie z.B. § 3 Nr. 30 EStG steuerfrei (Senatsurt. v. 28.3.2006 – VI R 24/03, BFHE 212, 556, BStBl. II 2006, 473, Rn. 13, und v. 12.4.2007 – VI R 53/04, BFHE 217, 551, BStBl. II 2007, 536, Rn. 14). [13] aa) Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung al- ler Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind dagegen nicht als Arbeits- lohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Ar- beitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend ei- genbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitum- ständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbar- keit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils ver- folgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielset- zung ganz im Vordergrund steht und ein damit einher- gehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den be- treffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (st. Rspr., z.B. Senatsurt. v. 14.11.2013 – VI R 36/ 12, BFHE 243, 520, BStBl. II 2014, 278, Rn. 10, und in BFHE 253, 243, BStBl. II 2016, 621, Rn. 17). [14] bb) Durch das individuelle Dienstverhältnis veran- lasste, zu Lohn führende Zuwendungen erbringt der Ar- beitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern hiernach erst recht nicht, wenn er ausschließlich gegenüber Drit- ten eigene Verpflichtungen eingeht und eigene Ansprü- che erwirbt, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zu seinen Arbeitnehmern und den mit ihnen begründe- ten Dienstverhältnissen aufweisen. Daraus für die Ar- beitnehmer folgende etwaige Annehmlichkeiten sind bloße Reflexwirkungen einer ausschließlich eigenbe- trieblichen Betätigung des Arbeitgebers, mit der er an- dere betriebsfunktionale Zielsetzungen als die Entloh- nung seiner Arbeitnehmer verfolgt (Senatsurt. in BFHE 252, 129, BStBl. II 2016, 303, und v. 19.11.2015 – VI R 47/14, BFHE 252, 124, BStBl. II 2016, 301). [15] 2. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrund- Beiträge zur BHV = Arbeitslohn sätze hat der erkennende Senat die Übernahme der Beiträge zu der Berufshaft- pflichtversicherung einer angestellten und auf dem Briefkopf der Sozietät ohne weitere Kennzeichnung aufgeführten Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber als Arbeitslohn beurteilt (Urt. v. 26.7.2007 – VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl. II 2007, 892). Denn ein Rechtsanwalt ist gem. § 51 I 1 BRAO ge- setzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht wird mit der Nichtzulassung zum Beruf (§ 12 II BRAO) oder der Entfernung aus diesem sanktioniert (§ 14 II Nr. 9 BRAO). Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversiche- rung ist damit unabdingbar für die Ausübung des Be- rufs eines (angestellten) Rechtsanwalts. Kommt er der gesetzlichen Verpflichtung nach, handelt er typischer- weise im eigenen Interesse. Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Übernahme der Versicherungsbei- träge durch den Arbeitgeber folglich nicht in dessen ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse, son- dern auch im wesentlichen Interesse des angestellten Rechtsanwalts (zustimmend z.B. Diller , AnwBl. 2010, 269). Wegen der möglichen Haftung als „Scheinsozius“ (dazu Diller , AnwBl. 2010, 269, 270) gilt dies auch inso- weit, als die Versicherungssumme die Mindestversiche- rungssumme nach § 51 IV BRAO übersteigt (Senatsur- teil in BFHE 218, 370, BStBl. II 2007, 892, unter II.2.). [16] Andererseits hat der erkennende Senat entschie- den, dass der Erwerb eigenen Haftpflichtversicherungs- schutzes durch den Arbeitgeber – sowohl im Fall einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH als auch einer Rechts- anwalt-GbR – zu keinem lohnsteuerrechtlich erheb- lichen Vorteil bei den Arbeitnehmern führt (Urteile in BFHE 252, 129, BStBl. II 2016, 303, und in BFHE 253, 243, BStBl. II 2016, 621). [17] a) Im Fall der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH lag dem zugrunde, dass der von der Gesellschaft erworbe- ne Versicherungsschutz der Deckung der sich aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Ver- mögensschäden i.S.d. §§ 59j, 51 I 1 BRAO diente. Des- halb versicherte die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH durch den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung ihre eigene Berufstätigkeit und wandte ihren Arbeitneh- mern dadurch weder Geld noch einen geldwerten Vor- teil in Form des Versicherungsschutzes zu. [18] b) Im Fall der Rechtsanwalts-GbR war maßgebend, dass diese die Vermögensschaden-Haftpflichtversiche- rung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ab- geschlossen hatte und die Versicherung hiernach der Deckung des mit dem Betrieb der Kl. verbundenen Haf- tungsrisikos, also dem eigenen Versicherungsschutz der GbR und ihrer Gesellschafter, diente. Für eine etwaige weitere Anwaltstätigkeit (z.B. eine freiberufliche Tätig- keit) außerhalb der Tätigkeit für die GbR hatten die an- gestellten Rechtsanwälte darüber hinaus im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Vermögensschaden- Haftpflichtversicherungen in Höhe der Mindestversiche- STEUERN BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 204

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