BRAK-Mitteilungen 3/2021

[41] (2) Nichts anderes gilt für einen angestellten und zivilrechtlich nicht haftenden „Briefkopfanwalt“, der sich selbst im Hinblick auf den von den Sozien benötig- ten Versicherungsumfang entsprechend versichert. Denn auch in diesem Fall ist die Höherversicherung al- lein dem Umstand geschuldet, dass für die Sozien im haftungsrechtlichen Sinn durch Anwendung der Durch- schnittsleistung (§ 12 II AVB-RSW) im Versicherungsfall keine Unterdeckung entsteht. Insoweit besteht auch in diesem Fall ein ganz überwiegend eigenbetriebliches In- teresse der Sozietät an der versicherungsrechtlich benö- tigten Höherversicherung und der hierdurch abgedeck- ten Versicherungssumme. Soweit der angestellte Rechtsanwalt im Falle einer Anwaltstätigkeit außerhalb der Sozietät von der Höherversicherung profitieren könnte, handelt es sich ebenfalls um einen bloßen Re- flex der originär eigenbetrieblichen Tätigkeit des Arbeit- gebers. [42] (3) Das FG hat – aus seiner Sicht zu Recht – keine Feststellungen dazu getroffen, ob nach den vorstehen- den Ausführungen durch die Übernahme der Beiträge zur eigenen Berufshaftpflichtversicherung der R aus- nahmsweise in vollem Umfang Arbeitslohn vorliegt, weil diese als Scheinsozia zu beurteilen ist. Die Rechts- sache ist deshalb an das FG zurückzuverweisen. [43] Sollte dieser Ausnahmefall nicht vorliegen, wird das FG die für den Versicherungsvertrag der R geschul- dete Prämie aufzuteilen haben. Denn nach den vorste- henden Ausführungen führt nur die Übernahme des auf die gesetzliche Mindestdeckung entfallenden Prämien- anteils durch die Kl. zu Arbeitslohn. Hinsichtlich der frei- willigen Höherversicherung wären die von R geschulde- ten Prämienbeiträge fremdnützig zugunsten der Kl. In- soweit würde die Übernahme nicht zu einem lohnsteu- erpflichtigen Vorteil bei R führen. [44] 6. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haf- tungsbescheids im Übrigen steht zwischen den Beteilig- ten nicht im Streit. Der Senat sieht deshalb diesbezüg- lich von weiteren Ausführungen ab. ANMERKUNG: Der BFH hat sich in gleich zwei Urteilen erneut mit der Frage beschäftigt, inwiefern die Übernahme von Bei- trägen zur Berufshaftpflichtversicherung durch eine Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte führt. In dem Verfahren VI R 11/18 hatte der BFH außerdem über die Übernahme der Bei- träge eines angestellten Rechtsanwalts zur Rechtsan- waltskammer und zum Deutschen Anwaltverein (DAV) sowie – soweit ersichtlich erstmals – über die Über- nahme der Umlage zum beA durch die Rechtsan- waltssozietät zu entscheiden. Dabei bleibt der BFH seinen bekannten Rechtsgrundsätzen zur Abgrenzung von Arbeitslohn zu Vorteilen, die im ganz überwie- gend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden und demnach keinen Arbeitslohn darstellen, treu. Im Zusammenhang mit der Übernah- me von Beiträgen zur Berufshaftpflichtversicherung bedarf es jedoch einer sorgfältigen Abgrenzung der jeweiligen Fallkonstellation im Einzelfall. Im Einzelnen: Beiträge zu Berufskammern, zum Deutschen Anwaltverein und beA-Umlage Mit der Entscheidung, dass die Übernahme der Beiträ- ge einer angestellten Rechtsanwältin für die Rechtsan- waltskammer Arbeitslohn darstellen, verhält sich der BFH konsequent zu seiner Entscheidung v. 17.1.2008 (VI R 26/06), in der es um die Übernahme der Beiträ- ge angestellter Steuerberater für die Steuerberater- kammer ging. Da die Pflichtmitgliedschaft unabhän- gig davon bestehe, ob die Rechtsanwältin nach der Zulassung selbstständig oder als Angestellte tätig werde, und damit unabdingbar für die Ausübung des Berufs sei, liege sie und die Zahlung der Beiträge in besonderer Weise im eigenen Interesse der Rechtsan- wältin. Die Übernahme der Mitgliedsbeiträge eines angestell- ten Rechtsanwalts zum DAV wurden vom BFH bereits mit Urteil v. 12.2.2009 (VI R 32/08) als Arbeitslohn be- urteilt, so dass die hiesige Entscheidung zur Übernah- me der Mitgliedsbeiträge zum örtlichen Anwaltverein als Arbeitslohn nicht überrascht. Eine solche Mitglied- schaft wird wohl grundsätzlich – wie auch Mitglied- schaften bei anderen berufsnahen Vereinigungen – im eigenen Interesse des Rechtsanwalts und weniger im Interesse des Arbeitgebers liegen. Gleiches gilt nach Auffassung des BFH für die Über- nahme der von der Rechtsanwaltskammer erhobenen Umlage für das besondere elektronische Anwaltspost- fach (beA). Da die Einrichtung des beA für eine ange- stellte Rechtsanwältin unabhängig von ihrem Anstel- lungsverhältnis bei der Rechtsanwaltssozietät in ih- rem eigenen beruflichen Interesse erfolge, liege durch die Übernahme der Umlage Arbeitslohn vor. Konse- quenterweise wird auch die Übernahme der laufen- den Kosten für die beA-Karte durch den Arbeitgeber als Arbeitslohn behandelt werden müssen. Beiträge für die eigene Berufshaftpflicht- versicherung Die Rechtsprechung zur Qualifizierung der Übernah- me von Beiträgen zur Berufshaftpflichtversicherung eines angestellten Rechtsanwalts ist demgegenüber weniger übersichtlich, so dass es insofern mit dem BFH sorgfältig nach der jeweiligen Fallkonstellation zu differenzieren gilt: In dem Verfahren VI R 12/18 ging es um eine von der Rechtsanwaltssozietät im eigenen Namen und auf ei- gene Rechnung abgeschlossene Versicherung, die zu- gleich den Versicherungsschutz der angestellten Rechtsanwälte für eine Anwaltstätigkeit außerhalb der Sozietät abdeckte. Sofern die angestellten Rechts- anwälte nicht über eine eigene Versicherung verfü- gen, stellt – so der BFH – jedenfalls der Prämienanteil der Sozietätsversicherung, der auf die in § 51 IV BRAO vorgeschriebene Mindestversicherungssumme ent- fällt, Arbeitslohn dar. Hintergrund ist, dass ein Rechts- anwalt gesetzlich verpflichtet ist, eine Berufshaft- pflichtversicherung mit der Mindestversicherungssum- me abzuschließen (§ 51 I 1 BRAO), so dass diese un- STEUERN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 207

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