BRAK-Mitteilungen 3/2021

führer i.H.v. 4.000 Euro zuzüglich Tantiemen. Er hatte Anspruch auf Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen je Kalenderjahr sowie auf Lohnfortzahlung im Krankheits- fall. [5] Auf den Statusfeststellungsantrag des Kl. stellte die Bekl. fest, dass er die Tätigkeit als Gesellschafter-Ge- schäftsführer der Beigeladenen ab dem 1.9.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und seitdem der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege (Bescheid v. 16.2. 2012; Widerspruchsbescheid v. 3.5.2012). [6] Das SG München hat die angefochtene Verwal- tungsentscheidung aufgehoben. Der Kl. habe wegen der PV ihm nicht genehme Entscheidungen der Beigel. verhindern können (Urt. v. 13.1.2015). [7] Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der GF-AV typische arbeitnehmerspezifische Rege- lungen enthalte. Die Tätigkeit des Kl. als Steuerberater sei zwar dem Bild eines freien Berufs entsprechend ein- zelfallbezogenen Weisungen nicht unterworfen gewe- sen. Allerdings sei der Kl. nicht wegen seiner Tätigkeit als Steuerberater, sondern aufgrund seiner Anstellung als Geschäftsführer mit Festgehalt als abhängig Be- schäftigter anzusehen. Er habe nur über 25 v.H. des Stammkapitals und eine Stimme verfügt. Aufgrund der PV habe er zwar regelmäßig 50 v.H. der Gesellschafter- stimmen in die Gesellschafterversammlung einbringen können. Die Stimmrechtsbindung beruhe aber auf einer schuldrechtlichen Verpflichtung außerhalb des Gesell- schaftsvertrags. Wegen der erforderlichen internen Be- schlussfassung im Rahmen des Stimmrechtspools hätte eine Uneinigkeit zu einer Stimmrückgabe geführt, so dass der Kl. ihm nicht genehme Beschlüsse der GmbH nicht habe verhindern können (Urt. v. 12.7.2018). [8] Mit ihren Revisionen rügen der Kl. sowie die Beigel. die Verletzung des § 7 I SGB IV. Das LSG habe bei sei- ner Auslegung nicht berücksichtigt, dass der Kl. sowohl Steuerberater als auch Gesellschafter einer zugelasse- nen Steuerberatungsgesellschaft gewesen sei. Die Be- schäftigung eines Geschäftsführers müsse davon ab- hängen, dass die Gesellschaft ein Weisungsrecht be- züglich der vom Geschäftsführer zu erbringenden Leis- tungen habe (vgl. BAG, Urt. v. 26.5.1999 – 5 AZR 664/ 98). Bei der Steuerberatung des eigenen Mandanten- stamms, die 95 v.H. der Aufgaben ausgemacht habe, handele es sich um eine freiberufliche Tätigkeit, die ei- genverantwortlich und weisungsunabhängig ausgeübt werde (vgl. BSG, Urt. v. 15.12.2016 – B 5 RE 7/16 R, BSGE 122, 204 = SozR 4-2600 § 6 Nr. 13). Gegenüber dem Hauptzweck der Gesellschaft, der Beratung der Mandanten, sei die Geschäftsführertätigkeit als solche von völlig untergeordneter Bedeutung gewesen. Das Steuerberatungsgesetz (StBerG) knüpfe die Anerken- nung einer Steuerberatungsgesellschaft gerade an die Voraussetzung, dass der Geschäftsführer Steuerberater sei (§ 50 I StBerG). Abgesehen davon stehe die notariel- le PV einer abhängigen Beschäftigung entgegen. Durch die PV habe für den Kl. die faktische Macht bestanden, nach seinem Willen abzustimmen und ihm nicht geneh- me Beschlüsse zu verhindern. Im Außenverhältnis zur Steuerberatungsgesellschaft sei auch eine vereinba- rungswidrig abgegebene Stimme wirksam gewesen. Die PV sei in Anwesenheit und in Kenntnis aller Gesell- schafter zustande gekommen und daher als Änderung des Gesellschaftsvertrags anzusehen. [9] Der Kl. und die Beigel. zu 1. beantragen, das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts v. 12.7.2018 auf- zuheben und die Berufung der Bekl. gegen das Urteil des SG München v. 13.1.2015 zurückzuweisen sowie festzustellen, dass der Kl. v. 1.9.2010 bis zum 1.5.2018 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigel. zu 1. nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht versicherungspflichtig war. [10] Die Bekl. beantragt, die Revisionen des Kl. und der Beigel. zu 1. zurückzuweisen. [11] Sie hält das angegriffene Urteil des LSG für zutref- fend. [12] Die Beigel. zu 2. hält die Revisionen ebenso für un- begründet. Sie hat keinen Antrag gestellt. AUS DEN GRÜNDEN: [13] II. Die zulässigen Revisionen des Kl. und der Beigel. sind nicht begründet (§ 170 I 1 SGG). [14] Das LSG hat das Urteil des SG zu Recht aufgeho- ben. Der Bescheid der Bekl. v. 16.2.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids v. 3.5.2012 (§ 95 SGG) ver- letzt den Kl. und die Beigel. nicht in ihren Rechten. Die Bekl. hat zutreffend festgestellt, dass der Kl. ab 1.9. 2010 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäfts- führer der Beigel. wegen Beschäftigung versicherungs- pflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung war. [15] Nach den für die Statusbeurteilung von Geschäfts- führern einer GmbH geltenden Maßstäben (dazu 1.) un- terlag der Kl. in der Zeit v. 1.9.2010 bis zum 1.5.2018 der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeits- förderung (dazu 2.). Dem stand die PV nicht entgegen (dazu 3.). Der Kl. kann sich ferner nicht darauf berufen, in erster Linie als Steuerberater und damit als Angehöri- ger eines freien Berufs tätig gewesen zu sein (dazu 4.). Zu einem anderen Ergebnis führen auch nicht seine Be- freiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie die Rechtsprechung des BGH und BAG (dazu 5. und 6.). [16] 1. Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versiche- rungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl. § 25 I 1 SGB III i.d.F. des Gesetzes zur Reform der ar- beitsmarktpolitischen Instrumente Job-AQTIV-Gesetz v. 10.12.2011, BGBl. I 3443). Beschäftigung ist gem. § 7 I SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbes. in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Be- schäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Wei- sungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtspre- BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 209

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