BRAK-Mitteilungen 3/2021

120, 59 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 26 Rn. 24 m.w.N.; Berns- dorff , Der Betrieb 2014, 1551 f.), Angehörige freier Be- rufe stets als selbstständig anzusehen. Das Berufsrecht der Steuerberater geht zwar grundsätzlich von einer selbstständigen Tätigkeit aus, lässt aber auch den Sta- tus als Arbeitnehmer zu. Denn mit dem Beruf des Steu- erberaters ist ausdrücklich nicht nur eine freiberufliche Tätigkeit (§ 57 III Nr. 2 StBerG) vereinbar, sondern auch eine Tätigkeit als Angestellter (§ 58 S. 1 StBerG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater (7. StBÄndG) v. 24.6.2000, BGBl. I 874), insb. als Angestellter eines Steuerberaters (§ 3 Nr. 1 StBerG) oder einer Steuerberatungsgesell- schaft (§ 3 Nr. 3 StBerG i.d.F. des Achten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes v. 8.4.2008, BGBl. I 666). Zudem hat der Gesetzgeber auf Änderun- gen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt reagiert und zu- sätzlich die Zulassung eines Syndikus-Steuerberaters, dessen Tätigkeiten auf Hilfeleistungen in Steuersachen (vgl. § 33 StBerG) beschränkt ist, mit bestimmten Be- schränkungen ermöglicht (§ 58 S. 2 Nr. 5a StBerG i.d.F. des Gesetzes v. 8.4.2008 a.a.O.). [35] Darüber hinaus verfolgen das Steuerberatungsge- setz und das Sozialversicherungsrecht unterschiedliche Zwecke. Die Berufspflichten und die Gewährleistung der Unabhängigkeit dienen insbes. dem Gemeinwohl in Gestalt der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege (vgl. für den Beruf des Rechtsanwalts BVerfG, Beschl. v. 3.7. 2003 – 1 BvR 238/01, BVerfGE 108, 150 = juris Rn. 43 f.; BT-Drs. 12/4993, 27). Die Sozialversicherung dient hingegen der sozialen Absicherung des Einzelnen und dem Schutz der Mitglieder der Pflichtversicherungs- systeme, die in einer Solidargemeinschaft zusammen- geschlossen sind (vgl. BSG, Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191 = SozR 4-2400, § 7 Nr. 42 Rn. 19 – Honorararzt). Dabei betrifft der in § 7 I 1 SGB IV geregelte Typusbegriff der Beschäftigung den Kernbereich der schutzbedürftigen Personen. Mit dieser unterschiedlichen Zielsetzung ist eine am Berufsrecht orientierte Auslegung des sozialversicherungsrecht- lichen Begriffs der Beschäftigung nicht zu vereinbaren. Denn mit der Statusfeststellung werden die Berufs- pflichten der Steuerberater weder gesichert noch beein- trächtigt. Ob den berufsrechtlichen Anforderungen im Einzelfall Genüge getan wird, ist für die wertende Ein- ordnung einer Tätigkeit als Beschäftigung unerheblich. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob – wie der Kl. vorträgt – berufstypische Arbeiten zu 95 v.H. den Schwerpunkt seiner Tätigkeit ausmachten (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 30.9.2019 – AnwZ (Brfg) 63/17 Rn. 15 zur Zulassung als Syndikusrechtsanwalt: Ein Anteil von 65 v.H. anwaltlicher Tätigkeit läge am unteren Rand des für eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnis- ses Erforderlichen i.S.v. § 46 III BRAO). Eine Beschäfti- gung kann auch bei einem in der Kanzlei angestellten Steuerberater vorliegen, der zu 100 v.H. steuerberaten- de Tätigkeiten verrichtet. [36] Die im Berufsrecht verankerte Unabhängigkeit eines Steuerberaters in fachlichen Fragen (vgl. §§ 32 II, Berufsrecht gewährt andere Unabhängig- keit 57 I, 72 StBerG) ist als sol- che kein Merkmal, dem ausschlaggebende Bedeu- tung für die sozialversiche- rungsrechtliche Beurteilung zukommt. § 7 I 2 SGB IV bestimmt zwar, dass eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind. Daraus folgt aber nicht, dass Weisungsgebunden- heit und Eingliederung in den Betrieb stets kumulativ vorliegen müssten. Die in § 7 I 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur „Anhaltspunkte“ für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäfti- gung und keine abschließenden Bewertungskriterien (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191 = SozR 4-2400, § 7 Nr. 42 Rn. 29 – Ho- norararzt und BT-Drs. 14/1855, 6). Ungeachtet dessen kann das Weisungsrecht insb. bei sog. Diensten höhe- rer Art aufs Stärkste eingeschränkt sein und sich die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers bei von der Ordnung des Betriebs geprägten Dienstleistungen „zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitspro- zess“ verfeinern (BSG, Urt. v. 4.6.2019 a.a.O.). Insoweit hat der Senat bereits mit Urt. v. 14.5.1981 (12 RK 11/ 80 – juris Rn. 42) bestätigt, dass ein zugelassener Rechtsanwalt in der Kanzlei eines anderen Rechtsan- walts sowohl als abhängig Beschäftigter wie auch als freier Mitarbeiter tätig sein kann. Er hat erkannt, dass sich das Abgrenzungsmerkmal der äußeren Weisungs- gebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Ar- beitseinsatzes so reduzieren kann, dass es eine sichere Unterscheidung zwischen abhängiger und selbstständi- ger Ausübung nicht mehr erlaubt und Rückschlüsse aus anderen Kriterien (damals: Vergütung) gezogen werden müssen. Hier kommt es entscheidend auf die weisungs- unterworfene Eingliederung des Geschäftsführers in die vorgegebene – fremde – Ordnung der Gesellschaft an (vgl. oben zu 1. bis 3.). Wählen Berufsträger für ihre Steuerberatungsgesellschaft die Rechtsform einer ggf. mit haftungs- und steuerrechtlichen Vorteilen verbunde- nen GmbH, können sie sich nicht darauf berufen, die Zusammenarbeit mit den anderen Gesellschaftern ha- be unabhängig von der gewählten Gesellschaftsform der einer Sozietät freiberuflich selbstständiger Steuer- berater entsprochen (vgl. insoweit zutreffend LSG Ba- den-Württemberg, Urt. v. 16.6.2010 – L 5 KR 5179/08, juris Rn. 60; LSG Hamburg, Urt. v. 29.5.2013 – L 1 KR 89/10, Rn. 23). [37] 5. Aus den Regelungen zur Befreiung der Mitglie- der einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Versicherungspflicht in der GRV folgt nichts an- deres. Vielmehr setzt § 6 I 1 Nr. 1 i.V.m. V 1 SGB VI grundsätzlich das Bestehen von Versicherungspflicht in der GRV voraus. Es handelt sich insoweit um ein Kon- zept abgestufter Schutzbedürftigkeit innerhalb der Be- schäftigtenversicherung (vgl. hierzu näher BSG, Urt. v. 3.4.2014 – B 5 RE 13/14 R, BSGE 115, 267 = SozR 4- 2600, § 6 Nr. 12, Rn. 49 f.). Das vom Kl. zitierte Urteil BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 213

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