BRAK-Mitteilungen 4/2021

sene organisatorische, personelle und technische Maß- nahmen sichergestellt werden (§ 59q III BRAO n.F.), was freilich auch schon bislang gilt. 21 21 S. nur BGH, Urt. v. 29.1.2018 – AnwZ (Brfg) 32/17, BRAK-Mitt. 2018, 85. Gegebenenfalls müssen nicht-anwaltliche Partner*innen vertraglich zur Einhaltung des Berufsrechts verpflichtet werden; außer- dem unterliegen alle Gesellschafter*innen selbst der Verschwiegenheit (§ 59q IV BRAO n.F.). III. VERBOT DER WAHRNEHMUNG WIDERSTREITENDER INTERESSEN Im Gesetzgebungsverfahren stark umstritten war die geplante Neuregelung des Verbots der Vertretung wi- derstreitender Interessen. Nach heftiger Kritik aus Wis- senschaft und Anwaltschaft 22 22 BRAK-Stn.-Nr. 15/2021; DAV-Stn. 87/2020; ferner etwa Kury, BRAK-Mitt. 2021, 7, 11 f.; Diller , AnwBl. Online 2021, 1. wurde die im Regierungs- entwurf noch vorgesehene Einführung eines Tätigkeits- verbots, das an die Erlangung „sensiblen Wissens“ aus einem früheren Mandatsverhältnis anknüpften sollte (§ 43a IV 1 Nr. 2 BRAO-E), 23 23 Vgl. RegE, BT-Drs. 19/27670. ersatzlos gestrichen. Verblieben ist im Ergebnis eine sprachlich etwas klarere Fassung des bisher geltenden Verbots der Vertretung widerstreitender Interessen nach § 43a IV BRAO mit einer erweiterten Regelung der Sozietätserstreckung. Nach § 43a IV 2, 3 BRAO n.F. gilt das Tätigkeitsverbot auch für Anwält*innen, die ihren Beruf gemeinschaft- lich mit dem von dem Tätigkeitsverbot betroffenen An- walt ausüben, und bleibt auch bestehen, wenn dieser die Sozietät verlässt. § 43a V und VI BRAO n.F. erstre- cken das Tätigkeitsverbot auch auf Referendar*innen und auf berufliche Tätigkeiten der Anwältin bzw. des Anwalts außerhalb des Anwaltsberufs. In § 43a IV 4 BRAO n.F. ist ausdrücklich geregelt, dass das Tätigkeitsverbot nicht eingreift, wenn die betroffe- nen Mandant*innen nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Maßnah- men zur Wahrung der Verschwiegenheit des Anwalts bzw. der Anwältin getroffen wurden. Die Regelungen zu Sozietätserstreckung und Dispens greifen die in § 3 II BORA getroffenen Regelungen auf. IV. KENNTNISSE IM BERUFSRECHT Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen nach dem neu eingefügten § 43f I BRAO n.F. künftig Kennt- nisse im Berufsrecht vorweisen können. Die neue Be- rufspflicht gilt nach § 43f II BRAO n.F. nur für ab Inkraft- treten des Gesetzes neu Zugelassene. Sie gilt gem. § 46c I BRAO n.F. auch für Syndikusrechtsanwält*innen und zudem auch für niedergelassene europäische (§ 6 I EuRAG) und ausländische Rechtsanwält*innen (vgl. § 207 III Nr. 1 BRAO n.F.). Der Erwerb von Kenntnissen im Berufsrecht wurde be- wusst nicht als Zulassungsvoraussetzung ausgestaltet, sondern als Berufspflicht. 24 24 Vgl. die Begr. in BT-Drs. 19/30516, 45. Die berufsrechtliche Ausbil- dung kann innerhalb eines Jahres nach der Zulassung (§ 43f I BRAO n.F.) oder bereits vor der Zulassung absol- viert werden (§ 43f II Alt. 2 BRAO n.F.). Der Gesetzgeber möchte damit auch berufsrechtliche Lehrveranstaltun- gen im Rahmen des Studiums und des Referendariats anregen, damit Berufsanfänger*innen möglichst bereits zu Beginn ihrer anwaltlichen Tätigkeit über Kenntnisse im Berufsrecht verfügen. 25 25 Vgl. BT-Drs. 19/30516, 46; zu elektronischen Lehrangeboten im Berufsrecht s. ausf. von Lewinski , BRAK-Mitt. 2021, 223 (in diesem Heft). In zeitlicher Hinsicht muss die Ausbildung mindestens zehn Stunden und inhaltlich die wesentlichen Bereiche des Berufsrechts umfassen (§ 43f I 2 BRAO n.F.). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers zählen hierzu insb. die anwaltlichen Grundpflichten, Aufklärungs- und In- formationspflichten gegenüber der Mandantschaft so- wie die Berufsaufsicht und Grundzüge des anwaltlichen Haftungsrechts; 26 26 Vgl. BT-Drs. 19/30516, 45. explizit geregelt wurde dies jedoch nicht. Für die nähere Ausgestaltung wurde vielmehr in § 59a II Nr. 1 h) BRAO n.F. eine entsprechende Ermäch- tigung für die Satzungsversammlung bei der Bundes- rechtsanwaltskammer ergänzt. Die Ausbildung im Berufsrecht war weder im Referen- ten- noch im Regierungsentwurf vorgesehen; sie fand ih- ren Weg ins Gesetz erst im Rahmen der Ausschussbera- tungen im Deutschen Bundestag. Die neue Berufs- pflicht kam etwas überraschend, nachdem ein ähn- licher Vorstoß in der vorangegangenen Legislaturperi- ode 27 27 Im Rahmen der Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie, vgl. BT-Drs. 18/9521 und hierzu BRAK-Stn.-Nr. 16/2016, 2 f. gescheitert war. 28 28 Ausf. zur Vorgeschichte Kilian, AnwBl. Online v. 9.7.2021. V. SYNDIKUSRECHTSANWÄLT*INNEN Ebenfalls erst spät im Gesetzgebungsverfahren hinzu- gekommen ist die – ebenfalls nicht unumstrittene 29 29 Vgl. etwa Löwe , Rechtsberatung durch Syndikusanwälte, www.brak.de; BRAK-Stn.- Nr. 29/2021. – Regelung in § 46 VI BRAO n.F., die Syndikusrechtsan- wält*innen eine drittberatende Tätigkeit erlaubt. Bis- lang ist eine Beratung Dritter gem. § 46 V BRAO nur in engen Grenzen zulässig, etwa für Gewerkschaftsmit- glieder, wenn der Arbeitgeber eine Gewerkschaft ist. Der neu geschaffene Abs. 6 sieht vor, dass Syndici Rechtsdienstleistungen auch für Kundschaft ihres nicht- anwaltlichen Arbeitgebers erbringen dürfen, sofern die- ser zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen befugt ist. Dies bedeutet eine Abkehr von der bisherigen Recht- sprechung des BGH, der in der Drittberatung ein Zulas- sungshindernis sieht. 30 30 S. zuletzt BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 11/20, BRAK-Mitt. 2021, 37 Ls.; BVerfG, Beschl. v. 27.4.2021 – 1 BvR 2649/20, BRAK-Mitt. 2021, 272 mit Anm. Dahns (in diesem Heft; vorgehend: BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ (Brfg) 43/18). Der Syndikus muss in solchen AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 221

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