BRAK-Mitteilungen 4/2021

ger Tätigkeit als auch aus abhängiger Beschäftigung einheitlich in die jeweiligen Versorgungswerke einzah- len zu können. Der praeter legem entwickelte Weg einer Befreiung von § 6 SGB VI, soweit der Unterneh- mensjurist bei seiner Tätigkeit im Unternehmen be- stimmte Voraussetzungen erfüllte und zugleich als Rechtsanwalt zugelassen war, wurde durch die grundle- genden Entscheidungen des BSG aus dem Jahr 2014 beendet. 17 17 BSG, Urt. v. 3.4.2014 – B 5 RE 3/14 R, BRAK-Mitt. 2014, 265. Die neue Regelung war damit primär von dem Wunsch geprägt, den Unternehmensjuristen einen Weg in die Versorgungswerke aufzuzeigen. Für die gesetzliche Rentenversicherung war und ist dies eine nicht unerhebliche Belastung. Hierdurch fällt ein zahlungskräftiger Teil der abhängig Beschäftigten mit geringem Frühverrentungsriskio als Beitragszahler weg. Eine weite Auslegung und Anwendung der Zulassungs- voraussetzungen des § 46 II-IV BRAO liegt damit nicht im Interesse der DRV Bund. Hat die zuständige Rechts- anwaltskammer erst einmal eine bestandskräftige Ent- scheidung über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt getroffen, ist die DRV Bund bei ihrer „Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 I 1 Nr. 1 und III des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch an die be- standskräftige Entscheidung der Rechtsanwaltskam- mer” gebunden, § 46a II 4 BRAO. 18 18 Weyland/ Träger , § 46a BRAO Rn. 28; Kilian , DStR 2019, 1094; Offermann-Bur- ckardt , NJW 2016, 113 (116). IV. DIE ZULASSUNGSMERKMALE DES § 46 BRAO IN DER RECHTSPRECHUNG § 46 II 1 BRAO definiert den Syndikusrechtsanwalt als einen Rechtsanwalt, der im Rahmen seines Arbeitsver- hältnisses für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber als Rechtsanwalt tätig ist. Für die Zulassung als Syndikus- rechtsanwalt bedarf es auf Seiten der besonderen Zu- lassungsvoraussetzungen folglich der Anstellung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber (§ 46 V BRAO), der Ausübung einer fachlich unabhängigen (§ 46 IV BRAO – Modus der Tätigkeit) anwaltlichen Tätigkeit (§§ 46 II 1, III BRAO – Objekt der Tätigkeit), sowie der anwaltlichen Prägung des Anstellungsverhältnisses in seiner Gesamtschau (§ 46 III BRAO). 1. DIE ANWALTLICHE TÄTIGKEIT Im Sinne von § 46 II-IV BRAO muss es sich bei der Tätig- keit des Syndikusrechtsanwalts um eine ihrem „Objekt und ihrem Modus nach“ 19 19 Wolf, in Gaier/Wolf/Göcken, § 46 BRAO Rn. 4. anwaltliche Tätigkeit han- deln. Eine anwaltliche Tätigkeit, wie sie in § 46 II 1 BRAO für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ge- fordert ist, liegt dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch eine fachlich unabhängige und eigenverantwort- lich ausgeübte Tätigkeit sowie durch die Merkmale des § 46 III Nr. 1-4 BRAO geprägt ist. Mit anderen Worten: Die Tätigkeit muss den Merkmalen des Abs. 3 Nr. 1-4 entsprechen sowie nach § 46 IV BRAO fachlich unab- hängig und weisungsfrei ausgeübt werden. Darüber hinaus bedarf es einer anwaltlichen Prägung des Ar- beitsverhältnisses, d.h. der Anteil der Tätigkeit, die den Absätzen 3 und 4 entspricht, muss in der Gesamtschau den Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses ausmachen – in den Worten der Rechtsprechung muss sie das Ar- beitsverhältnis beherrschen. Die Voraussetzungen der Absätze 2-5 müssen kumulativ vorliegen und sind dem- nach Gegenstand eines jeden die Zulassung betreffen- den Verfahrens. a) DAS OBJEKT DER TÄTIGKEIT Das Objekt der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts muss durch die in § 46 III Nr. 1-4 BRAO normierten Merkmale geprägt sein. Angelehnt an die „Vier-Kriteri- en-Theorie” der DRV Bund 20 20 BT-Drs. 18/5201, 16 f. muss die Tätigkeit des Syn- dikus rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsgestal- tend oder rechtsentscheidend sein. 21 21 Wolf, in Gaier/Wolf/Göcken, § 46 BRAO Rn. 55. Konkret soll Ziel und Gegenstand der Tätigkeit die Prüfung von Rechts- fragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmög- lichkeiten (§ 46 III Nr. 1.), die Erteilung von Rechtsrat (§ 46 III Nr. 2), die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Ge- staltung von Rechtsverhältnissen, insb. durch das selbstständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten (§ 46 III Nr. 3) sowie die Be- fugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten (§ 46 III Nr. 4), sein. Welche konkreten Tätigkeiten diesen Kriterien entspre- chen, wurde Gegenstand zahlreicher Entscheidungen der Judikatur. Als „nicht anwaltlich“ beurteilt die Recht- sprechung u.a. die Folgenden: So ist die alleinige Lektoratsarbeit weder rechtsbera- tend, noch -vermittelnd, -gestaltend oder -entschei- dend. 22 22 AGH NRW, Urt. v. 22.2.2018 – 1 AGH 83/16, BRAK-Mitt. 2018, 150. Die Überprüfung und Klärung genereller Rechtsfragen anhand der aktuellen Rechtsentwicklung ist zwar eine juristische Tätigkeit, nicht jedoch zwingend eine anwaltliche. 23 23 AGH NRW, Urt. v. 22.2.2018 – 1 AGH 83/16, BRAK-Mitt. 2018, 150 Rn. 34. „Irgendetwas mit Recht“ macht die Tätigkeit nicht automatisch zu einer anwaltlichen Tätig- keit. Auch die Lektüre juristischer Fachzeitschriften stellt nicht zwingend eine anwaltliche Tätigkeit dar. Vielmehr handelt es sich um eine Hilfstätigkeit, derer sich der An- walt bedient, um zur Wahrung der Qualität seiner Rechtsberatung auf dem aktuellen Stand der Rechtsdin- ge zu bleiben. Dementsprechend kann die bloße Lektü- re juristischer Fachzeitschriften ein nicht anwaltlich ge- prägtes Anstellungsverhältnis nicht zu einem durch an- waltliche Tätigkeiten geprägten Arbeitsverhältnis ma- chen. 24 24 BGH, Beschl. v. 18.12.2019 – AnwZ (Brfg) 78/18, BeckRS 2019, 35616 Rn. 14. Unschädlich ist hingegen, wenn der Schwerpunkt der Tätigkeit auf dem anvisierten wirtschaftlichen Ergebnis BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 AUFSÄTZE 230

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