BRAK-Mitteilungen 4/2021

de der Angestellten einer Krankenkasse als Körper- schaft des öffentlichen Rechts die Zulassung als Syndi- kusrechtsanwältin nicht versagt, da sie die Entscheidun- gen des Widerspruchsausschusses lediglich als „recht- liche Prüfstelle“ intern vorbereitet habe. 53 53 BGH, Urt. v. 30.9.2019 – AnwZ (Brfg) 38/18, BRAK-Mitt. 2020, 50 Rn.25. 2. RECHTSANGELEGENHEITEN DES ARBEITGEBERS Der Syndikusrechtsanwalt ist zwar Rechtsanwalt im Sin- ne der BRAO und unterliegt im Wesentlichen denselben anwaltlichen Berufspflichten, für ihn gilt jedoch im Hin- blick auf seine Erlaubnis zur umfassenden Rechtsbera- tung die Einschränkung des § 46 V BRAO: Die umfas- sende Rechtsdienstleistung des Syndikusrechtsanwalts ist auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers be- schränkt, §§ 46 V, 3 II BRAO. Eine Konkretisierung der Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers findet sich in § 46 V 2 BRAO. So erstreckt sich die umfassende Rechtsberatung auch auf die mit dem Arbeitgeber ver- bundenen Unternehmen i.S.d. § 15 AktG, § 46 V 2 Nr. 1 BRAO. Jenseits des § 46 V BRAO gilt für den Syndikus- rechtsanwalt das Verbot der Rechtsdienstleistung nach § 3 RDG. § 46 V BRAO stellt jedoch keine reine Be- schränkung des Tätigkeitsfeldes dar, sondern ist nach ständiger Rechtsprechung des Anwaltssenats des BGH eine echte Zulassungsvoraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. 54 54 BGH, Urt. v. 2.7.2018 – AnwZ (Brfg) 49/17, BRAK-Mitt. 2018, 264; Urt. v. 3.2.2020 – AnwZ (Brfg) 71/18, BRAK-Mitt. 2020, 164; Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ (Brfg.) 11/ 20, BRAK-Mitt. 2021, 37; Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ (Brfg) 43/18 Rn. 14. Die Verfas- sungsbeschwerde zum letztgenannten Urteil wurde vom BVerfG nicht zur Entschei- dung angenommen. Die gerügte Verletzung der Berufsfreiheit im konkreten Fall i.S.d. Art. 12 GG bestehe nicht; näher dazu Dahns , Anm. zum Nichtannahme- beschl. v. 27.4.2021 – 1 BvR 2649/20, BRAK-Mitt. 2021, 272 (in diesem Heft). a) DRITTBERATUNG – ABKEHR DES GESETZGEBERS VON BISHERIGER RECHTSPRECHUNG Tätigkeiten in Angelegenheiten Dritter, die nicht dem § 46 V 2 Nr. 3 BRAO unterfallen, gelten, da sie nicht für den eigenen Arbeitgeber erbracht werden, nicht als an- waltliche Tätigkeit i.S.d. §§ 46a I 1 Nr. 3, 46 II 1, V BRAO. 55 55 BGH, Urt. v. 2.7.2018 – AnwZ (Brfg) 49/17, BRAK-Mitt. 2018, 264; Urt. v. 15.10. 2018 – 1 AnwZ (Brfg) 58/17, BRAK-Mitt. 2019, 55 Rn. 11. Dem Kreis der Dritten ordnet der BGH die Kunden des Arbeitgebers zu. Nach ständiger Rechtsprechung des Anwaltssenats stellt das, sei es auch nur mittelbare, 56 56 BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 11/20, BRAK-Mitt. 2021, 37. Tätigwerden in Angelegenheiten eines Kunden des Ar- beitgebers grundsätzlich und unabhängig von dessen Umfang keine Angelegenheit des Arbeitgebers dar. 57 57 Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 2.7.2018 – AnwZ (Brfg) 49/17, BRAK-Mitt. 2018, 264; Urt. v. 15.10.2018 – AnwZ (Brfg) 58/17, BRAK-Mitt. 2019, 55; Urt. v. 9.3.2020 – AnwZ (Brfg) 1/18, BeckRS 2020, 7874 Rn. 20; Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 11/20, BRAK-Mitt. 2021, 37. Darauf, ob die Rechtsberatung im Verhältnis des Ar- beitgebers zu seinem Kunden eine erlaubte ist, komme es nicht an. In dem Sinne wurde sowohl für den (exter- nen) Datenschutzbeauftragten 58 58 BGH, Urt. v. 2.7.2018 – AnwZ (Brfg) 49/17, BRAK-Mitt. 2018, 264; BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 23/19, BRAK-Mitt. 2020, 236. Hierzu auch jüngst AGH NRW, Urt. v. 12.3.2021 – 1 AGH 9/19; näher dazu Winkler , Anm. zu AGH NRW, Urt. v. 12.3.2021 – 1 AGH 9/19, BRAK-Mitt. 2021, 264 (in diesem Heft). als auch für den Ren- tenberater 59 59 BGH, Urt. v.15.10.2018 – AnwZ (Brfg) 58/17, BRAK-Mitt. 2019, 55. entschieden. Einzig in der Unterstützung der Versicherungsnehmer durch den bei der Haftpflicht- versicherung angestellten Syndikusrechtsanwalt hat der BGH das Merkmal der Rechtsangelegenheit des Ar- beitgebers bejaht. Die Abwehr unberechtigter Haft- pflichtansprüche liege gleichermaßen im Interesse des Versicherungsnehmers als auch des Versicherungsge- bers. Die Unterstützung des Versicherungsnehmers als Kunden des Arbeitgebers erfolge damit primär im Inter- esse des Arbeitgebers. 60 60 BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 24/19, NJW 2021, 1237; vgl. näher dazu: Baumert , Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei Abwehr von Haftpflichtansprü- chen für den Arbeitgeber, LMK 2021, 808502. Das Tätigwerden in Rechtsangelegenheiten eines Kun- den des Arbeitgebers stellt nach der Rechtsprechung des Anwaltssenats auch dann keine Tätigkeit in einer Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers dar, wenn das Tätigwerden für einen Kunden nur vereinzelt erfolgt. 61 61 BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 23/19, BRAK-Mitt. 2020, 236. Dieser Aussprache des BGH gegen die Möglichkeit ge- ringfügiger Drittberatung durch einen Syndikusrechts- anwalt begegnet der Gesetzgeber nunmehr mit dem § 46 VI BRAO n.F. 62 62 BT-Drs. 19/30516, 8. Das Tätigwerden des Syndikus- rechtsanwalts für einen Dritten soll dannach zulässig sein, soweit der Arbeitgeber selbst zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen dem Dritten gegenüber berech- tigt ist. 63 63 BT-Drs. 19/30516, 8. Gleichzeitig wird der Syndikusrechtsanwalt für diese Fälle verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass er kei- ne anwaltliche Rechtsberatung i.S.d. § 3 BRAO erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO zukommt. Zur Wahrung des Zulassungsmerkmals anwaltlicher Prägung der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts kann die Drittberatung durch den Syndikusrechtsanwalt da- her nicht herangezogen werden und muss als nichtan- waltliche Tätigkeit herausgerechnet werden. Dies ergibt sich klar aus der Formulierung, dass es sich bei dieser Tätigkeit nicht um eine anwaltliche Tätigkeit kraft Legal- definition in § 46 VI 3 BRAO n.F. handelt. b) ARBEITGEBERWECHSEL UND UNTERBRECHUNG DER TÄTIGKEIT Die Zulassung zum Syndikusrechtsanwalt erfolgt, eben- so wie die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversi- cherung, tätigkeitsbezogen. 64 64 BT-Drs. 19/185201, 19; Wolf, in Gaier/Wolf/Göcken, § 46b BRAO Rn. 1. Veränderungen des Tätig- keitsbereiches sowie ein Wechsel des Arbeitgebers kön- nen damit sowohl berufsrechtlich als auch sozialrecht- lich durchschlagen. Der Tätigkeitswechsel schwebt wie ein Damoklesschwert über der Zulassung als Syndikus- rechtsanwalt. 65 65 So Offermann-Burckart, in Kilger/Offermann-Burckart/Schafhausen/Schuster, Das neue Syndikusrecht, 2016, S. 38. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 233

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0