BRAK-Mitteilungen 4/2021

len musste, nicht nach § 627 II BGB als Schaden er- setzt verlangen. Auch § 628 II BGB scheidet insofern als Anspruchsgrundlage aus. 2. Es ist bereits fraglich, ob die Nennung eines ange- stellten Anwalts auf der Kanzleihomepage zur Be- gründung einer Rechtsscheinhaftung ausreicht, wenn er auf dem Briefkopf der Kanzlei nicht ge- nannt ist. Jedenfalls muss aber der Mandant darle- gen, dass er den Internetauftritt bei Mandatierung kannte und hierauf vertraut hat. 3. Ein Anspruch auf Rückzahlung von Anwaltshono- rar nach § 628 I 3 BGB kann nicht nach § 115 I 1 Nr. 2 VVG gegenüber dem Berufshaftpflichtversi- cherer geltend gemacht werden. (eigene Ls.) OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 14.5.2021 – 24 U 81/20 Der Kläger hatte eine Anwaltskanzlei in einer Erbstrei- tigkeit mandatiert. Nachdem zwei Sozien der Kanzlei die Anwaltszulassung entzogen wurde, erklärte ein wei- terer Anwalt der Kanzlei, jetzt Beklagter zu 2), namens der Kanzlei die Kündigung des Mandats. Der Kläger mandatierte eine neue Kanzlei. Über das Vermögen der ersten Kanzlei wurde ein Insolvenzverfahren eröff- net. Der Kläger meldete seinen Kostenschaden zur In- solvenztabelle an. Eine Prüfung durch den Insolvenzver- walter, Beklagter zu 1), erfolgte nicht. Daraufhin erhob der Kläger Klage, und zwar auch gegen den Berufshaft- pflichtversicherer der Kanzlei als Beklagten zu 3). In erster Instanz schloss der Kläger mit dem Insolvenzver- walter einen Teilvergleich und erklärte insofern den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Das LG wies die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) ab. Das OLG wies durch Beschluss nach § 522 II ZPO da- rauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe. Die wirksame Kündigung des Mandats stelle keine eine Schadensersatzpflicht begründende Pflichtverletzung dar. Ein Anwaltsvertrag könne nach § 627 BGB als Ver- trag über Dienste höherer Art jederzeit gekündigt wer- den. Die Kündigung sei auch nicht zur Unzeit erfolgt, da der Kläger rechtzeitig neue Anwälte mandatiert habe und ihm, abgesehen von den Mehrkosten, keine Nach- teile entstanden seien. § 628 II BGB scheide als An- spruchsgrundlage aus, weil er ein Auflösungsverschul- den des Adressaten der Kündigung voraussetze. Grundsätzlich gegeben sei ein Anspruch aus § 628 I 2, 3 BGB auf Rückerstattung der bereits erhaltenen Vergü- tung wegen Wegfalls des Interesses des Klägers an der Leistung der ersten Kanzlei, da er seine neuen Anwälte ebenfalls bezahlen müsse. Der Anspruch richte sich aber nur gegen die Insolvenzschuldnerin, nicht auch ge- gen die Beklagten zu 2) und 3). Der Beklagte zu 2) habe einen Anstellungsvertrag mit der Kanzlei vorgelegt, sei also nicht Sozius. Eine Haf- tung als Scheinsozius analog § 128 HGB sei hier zu ver- neinen. Da der Beklagte zu 2) nicht auf dem Briefkopf der Kanzlei aufgeführt war, sei schon fraglich, ob seine Nennung auf der Kanzleihomepage ausreiche, einen Rechtsschein für eine Sozienstellung zu setzen. Es sei aber vom Kläger auch nicht geltend gemacht, dass er bei der Mandatierung der Kanzlei deren Internetauftritt gekannt und hierauf vertraut habe, was aber für eine Rechtsscheinhaftung erforderlich sei. Ein Direktanspruch gegen die Beklagte zu 3) als Berufs- haftpflichtversicherer ergebe sich trotz der Insolvenz der Kanzlei nicht aus § 115 I 1 Nr. 2 VVG. Ein solcher Anspruch bestehe nach dem ausdrücklichen Wortlaut nur im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis. Nach § 3 II Nr. 5 der Versicherungsbedingungen falle ein Anspruch auf Rück- forderung von Anwaltsgebühren nicht unter den Versi- cherungsschutz. Unabhängig von den Versicherungsbe- dingungen scheitere ein Anspruch gegen den Versiche- rer daran, dass Grundlage eines Anspruchs aus § 628 I 3 BGB keine Pflichtverletzung, sondern eine gesetzlich angeordnete Rückgewährpflicht sei. Der Hinweisbeschluss behandelt mehrere interessante Rechtsfragen (u.a. auch noch zur Verjährung sowie de- ren Hemmung). Das sehr praxisrelevante Regelungsge- flecht der §§ 627, 628 BGB für Fälle einer vorzeitigen Mandatsbeendigung (durch wen, aus welchem Grund) 1 1 Vgl. auch z.B. OLG Frankfurt, BRAK-Mitt. 2016, 176, Anm. Chab ; BGH, BRAK-Mitt. 2017, 167, Anm. Grams ; LG Saarbrücken, BRAK-Mitt. 2018, 296, abl. Anm. Jungk ; BGH, BRAK-Mitt. 2019, 124, Anm. Grams ; BGH, BRAK-Mitt. 2020, 271, Anm. Jungk . wird anschaulich erläutert. (hg) HINWEISPFLICHTEN AM RANDE DES MANDATS Ein Rechtsanwalt, der im Zusammenhang mit der Abwehr eines güterrechtlichen Auskunftsersuchens mandatiert worden ist, kann sich schadensersatz- pflichtig machen, wenn er seinen Mandanten nicht zu unverjährter Zeit auf die offensichtlich bestehen- de erfolgversprechende Möglichkeit der Geltendma- chung eines eigenen Zugewinnausgleichsanspruchs hinweist (zum Pflichtenprogramm des Rechtsanwal- tes im beschränkten und umfassenden Mandat). OLG Zweibrücken, Urt. v. 18.6.2021 – 2 U 52/20 Scheidungsmandate sind immer wieder eine Quelle für Haftungsfälle. Vielleicht liegt es daran, dass die Betei- ligten ohnehin überdurchschnittlich emotional involviert sind; vielleicht aber auch daran, dass die Rechtsproble- me vielfältig sind und die Anwältin oder den Anwalt zu umsichtigem Rundumblick zwingen. Die beklagte Anwältin wurde mandatiert, weil die ge- schiedene Ehefrau des Mandanten Auskunft u.a. zum Zwecke der Bezifferung etwaiger Zugewinnausgleichs- ansprüche forderte. In der Folge führte sie einen Schrift- wechsel, der diese Zugewinnausgleichsansprüche der Ehefrau zum Gegenstand hatte und sich mit Einzelposi- tionen des Anfangsvermögens der Eheleute befasste. Die behaupteten Ansprüche der Ehefrau wurden abge- wehrt. Eigene Zugewinnausgleichsansprüche des Man- danten wurden nicht geltend gemacht und sind letzt- JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 243

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