BRAK-Mitteilungen 4/2021
das Verschulden des Anwalts an der Fristversäumung auszuräumen, nicht ausführlich genug vorgetragen wird. Oft liegt das aber auch daran, dass die Prozessbe- vollmächtigten Tatsachen für irrelevant oder für selbst- verständlich halten. Nicht selten bügeln die Gerichte solche Anträge kurzerhand ab. Der BGH macht hier jedoch zurecht einmal mehr deut- lich, dass es sich die Gerichte nicht zu leicht machen dür- fen: Immerhin haben sie eine Hinweispflicht nach § 139 II ZPO. Wenn sie einer eidesstattlichen oder anwaltlichen Versicherung keinen Glauben schenken wollen, müssen sie den Antragsteller in zureichender Weise darauf hin- weisen, dass das vorgelegte Glaubhaftmachungsmittel nicht ausreicht, und ihm Gelegenheit geben, etwaige Lü- cken im Vorbringen zu ergänzen und/oder entsprechen- den Zeugenbeweis anzutreten. Diese Angaben dürfen nach ständiger Rechtsprechung 6 6 Z.B. BGH, NJW 2014, 77; NJW-RR 2019, 502; NJW-RR 2020, 818. auch noch nach Frist- ablauf erläutert und vervollständigt werden. Hier war kein Berufungsbegründungsschriftsatz bei Ge- richt eingegangen. Der Prozessbevollmächtigte hatte hierzu vorgetragen, er habe vier Tage vor Fristablauf den Schriftsatz eigenhändig „erstellt, ausgedruckt, ein- getütet und auf dem Heimweg noch am 15.5.2020 zur Post aufgegeben“. Der Senat bestätigt, dass der Prozessbevollmächtigte auf fristgerechte Übermittlung durch die Post vertrauen durfte und es einer gesonderten Nachfrage bei Gericht nicht bedurfte. Das Berufungsgericht hatte allerdings bemängelt, dass im Wiedereinsetzungsvortrag eine Er- klärung zur Frankierung fehlte. Auch der BGH hält den Vortrag hierzu nicht für entbehrlich: Die entsprechende Frankierung des Briefumschlags sei ein für die erfolgrei- che Beförderung wesentlicher Gesichtspunkt. Dieser könne aber im Rahmen der im Übrigen ausreichenden Schilderung der tatsächlichen Abläufe am Tag der Auf- gabe zur Post ergänzt werden. 7 7 Im Anschluss an Senatsbeschluss v. 17.1.2012 – VIII ZB 42/11, WuM 2012, 157 Rn. 11. Da die Anforderungen an die im Wiedereinsetzungsan- trag vorzutragenden Einzelheiten sich offenkundig an den bisher entschiedenen – und damit immer mehr wer- denden – Einzelfällen orientieren, kann auch nicht er- wartet werden, dass auf jede denkbare Einzelheit einge- gangen wird. Das Gericht muss nachfragen, wenn es weitere Details für relevant hält. Das ändert jedoch nichts daran, dass auf detaillierten Vortrag unbedingt zu achten ist, denn wie man sieht, wird die gerichtliche Hinweispflicht auch unterschied- lich ernst genommen. (ju) WIEDEREINSETZUNG NACH PKH Beantragt eine unbemittelte Partei Wiedereinset- zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einlegungs- und Begründungsfrist für eine Rechtsbeschwerde, läuft die Frist für deren Begrün- dung ab der Bekanntgabe der Gewährung von Pro- zesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsan- walts und nicht erst ab Bekanntgabe der Bewilli- gung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist. BGH, Beschl. v. 27.4.2021 – VI ZB 60/20 Dieser Fehler passiert immer mal wieder: Bei einer Rechtsmitteleinlegung, die von der Gewährung von PKH abhängig gemacht wird, ist sowohl für die Einle- gung als auch die Begründung Wiedereinsetzung zu be- antragen. Die Begründungsfrist läuft unabhängig von der Einlegung, auch hierfür ist die Gewährung der PKH bzw. deren Bekanntgabe maßgeblich. 8 8 St. Rspr., s. BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – IX ZB 197/07, NJW 2008, 3500. (ju) AUS DER ARBEIT DER BRAK DIE BRAK IN BERLIN RECHTSANWÄLTIN DR. TANJA NITSCHKE, MAG. RER. PUBL., BRAK, BERLIN Der Beitrag gibt einen Überblick über die Tätigkeit der BRAK auf nationaler Ebene im Mai und Juni 2021. Im Fokus der berufspolitischen Aktivitäten standen ange- sichts der nahenden parlamentarischen Sommerpause, die faktisch auch die Ziellinie für in dieser Legislaturpe- riode noch zu realisierende Gesetzesvorhaben bildet, vor allem die Große BRAO-Reform und das sog. Legal Tech-Gesetz. Außerdem führte die BRAK erneut eine Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Anwaltschaft durch. BESONDERES ELEKTRONISCHES ANWALTSPOSTFACH UND ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR Die Weiterentwicklung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) hat die BRAK als kontinuier- liche Aufgabe auch im Berichtszeitraum beschäftigt. Mit neuen Releases wurden u.a. Verbesserungen beim Erstellen von Nachrichtenentwürfen sowie bei der Handhabung von Anhängen an beA-Nachrichten und von elektronischen Empfangsbekenntnissen umgesetzt. 1 1 Dazu ausf. beA-Sondernewsletter 3/2021 v. 12.7.2021. AUS DER ARBEIT DER BRAK AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 247
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