BRAK-Mitteilungen 4/2021

gierung soll ferner bis Juni 2022 ein Gesetz entwerfen, das die Aufsicht über die Inkassodienstleister zentral dem Bundesamt für Justiz überträgt. Die BRAK sieht kri- tisch, dass ein so bedeutsames Gesetz so schnell verab- schiedet wurde – und in dem Wissen, dass in der fol- genden Legislatur Nachbesserungen nötig werden. 12 12 Vgl. Presseerkl. Nr. 8 v. 4.6.2021. Syndikusrechtsanwält*innen Auf Anfrage des BVerfG (vgl. § 177 II Nr. 5 BRAO) nahm die BRAK zur Verfassungsbeschwerde eines Syndikus- rechtsanwalts Stellung, 13 13 BRAK-Stn.-Nr. 43/2021. welche die rückwirkende Be- freiung von der Rentenversicherungspflicht in vor dem 1.4.2014 liegenden Altfällen betrifft. Die BRAK hält die Regelung in § 231 IVb SGB VI für verfassungswidrig. Diese führt dazu, dass Syndikusanwält*innen, die infol- ge der grundlegenden Entscheidung des BSG vom 3.4. 2014 14 14 BSG, Urt. v. 3.4.2014 – B 5 RE 13/14 R, BRAK-Mitt. 2014, 265. auf ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ver- zichtet haben, unterschiedlich behandelt werden, je nach dem, ob sie in dem Zeitraum ab dem 1.4.2014 bis zur Erteilung einer Befreiung von der gesetzlichen Ren- tenversicherungspflicht nach § 6 I 1 Nr. 1 SGB VI diesel- be Beschäftigung ausgeübt oder ob sie ihre Beschäfti- gung gewechselt haben: Im zweiten Fall wird die Rück- wirkung auf die zuletzt aufgenommene Beschäftigung beschränkt. WEITERE RECHTSPOLITISCHE AKTIVITÄTEN Die BRAK hat noch zu weiteren Gesetzentwürfen Stel- lung genommen. Scharf kritisiert hat sie das kurz vor Ende der Legislaturperiode aufgenommene Vorhaben, nach einem Freispruch vom Vorwurf einer Straftat, die von Gesetzes wegen nicht verjährt (Mord, Völkermord), das Verfahren zu Lasten des Freigesprochenen wieder aufzunehmen, wenn nachträglich neue Beweismittel be- kannt werden. 15 15 Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung – Erweiterung der Wiederaufnah- memöglichkeiten zuungunsten des Verurteilten gemäß § 362 StPO; vom Bundestag verabschiedet am 24.6.2021. Die bestehenden Wiederaufnahme- gründe, die nur in Härtefällen eingreifen, werden damit um einen weiteren Grund ergänzt. Die BRAK moniert v.a., dass bei diesem wichtigen Vorhaben, das zu einem radikalen Paradigmenwechsel im Strafverfahren führt, keine Verbändeanhörung stattfand. 16 16 Presseerkl. Nr. 7 v. 2.6.2021. Bereits im Zusam- menhang mit der Corona-Krisengesetzgebung hatte die BRAK wiederholt bemängelt, dass Verbändeanhörun- gen nicht oder nur mit extrem kurzen Fristen stattfan- den. 17 17 S. etwa BRAK-Stn.-Nr. 79/2020 sowie BRAK-Stn.-Nr. 75/2020, jeweils unter I. Es sei nicht nachvollziehbar, dass nun auch bei Gesetzesvorhaben ohne Corona-Bezug an den Rechts- anwendern als Experten vorbei agiert werde. Die BRAK hat ferner zur geplanten Novellierung der Preisangabenverordnung Stellung genommen 18 18 BRAK-Stn.-Nr. 41/2021. sowie zu dem Gesetz über die unternehmerischen Sorgfalts- pflichten in Lieferketten, 19 19 BGBl. 2021 I 2959; dazu BRAK-Stn.-Nr. 34/2021. mit dem menschenrechtliche Sorgfaltspflichten von in globale Beschaffungs- und Ab- satzmärkte integrierten Unternehmen gesetzlich fixiert werden. Mit einer Stellungnahme 20 20 BRAK-Stn.-Nr. 42/2021. hat die BRAK sich zudem in die aktuelle Debatte um Suizidhilfe eingebracht. Das BVerfG 21 21 BVerfG, Urt. v. 26.2.2020 – 2 BvR 2347/15 u.a.; dazu Nachr. aus Berlin 13/2021. hatte im Februar 2020 das Verbot der ge- schäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung in § 217 StGB für verfassungswidrig erklärt. Im Frühjahr 2021 wurden daraufhin mehrere Gesetzentwürfe zur Rege- lung der Suizidhilfe vorgelegt. Die BRAK unterstützt das Ansinnen, die Voraussetzungen der Suizidhilfe gesetz- lich zu regeln, um das aus dem Grundgesetz abzuleiten- de Recht auf selbstbestimmtes Sterben und auf rechts- sichere Unterstützung durch hilfsbereite Dritte rechtlich abzusichern. Hierzu unterbreitet sie konkrete Rege- lungsvorschläge und regt an, die Verschwiegenheits- pflicht der beratenden Personen durch ein strafprozes- suales Zeugnisverweigerungsrecht (§ 53 I1 StPO) abzu- sichern. Das Thema wurde vor der parlamentarischen Sommerpause nicht mehr vom Bundestag behandelt und wird in der kommenden Legislaturperiode wieder aufgegriffen werden müssen. ZAHLEN ZUR ANWALTSCHAFT UND ZU AUSBILDUNGSVERHÄLTNISSEN Die Ergebnisse der aktuellsten Untersuchung des Statis- tischen Berichtssystems für Rechtsanwälte (STAR) wur- den in einem Themenschwerpunkt von BRAK-Mitteilun- gen und BRAK-Magazin (Heft 2/2021) mit Beiträgen zu unterschiedlichen Teilaspekten vorgestellt. 22 22 Übersicht unter https://brak.de/fuer-journalisten/star-bericht/star-bericht-2020/ veroeffentlichungen-zum-star-bericht/. Der STAR- Bericht 2020 wurde nunmehr erstmals auch in vollem Umfang online für Recherchen zur Verfügung gestellt. 23 23 S. https://brak.de/fuer-journalisten/star-bericht/star-bericht-2020/. Veröffentlicht wurden außerdem Statistiken über die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern zum 1.1.2021. Neben den Zahlen zugelassener (Syndikus-)Rechtsan- wält*innen sind dies auch die Fachanwaltsstatistik so- wie Grafiken zur Entwicklung der Zulassungszahlen seit 1950 und zum Frauenanteil in der Anwaltschaft seit 1970. 24 24 Abrufbar unter https://brak.de/fuer-journalisten/zahlen-zur-anwaltschaft/. Als Gesamttendenz lässt sich festhalten, dass die Anwaltschaft erstmals leicht schrumpft, zugleich er- höht sich sowohl der Frauenanteil als auch der Anteil derer, die auch oder ausschließlich als Syndikus zuge- lassen sind, stetig. 25 25 Eingehend hierzu Witte/Franke , BRAK-Mitt. 2021, 152. Die BRAK weist außerdem auf den erneuten Rückgang neu abgeschlossener Ausbildungsverträge zum/zur Rechtsanwalts- bzw. Rechtsanwalts- und Notarfachan- gestellten hin, der aus der halbjährlichen Ausbildungs- statistik des Bundesverbands der Freien Berufe e.V. er- sichtlich ist. Hier ist, im Gegensatz zu anderen freien Berufen, seit Jahren ein Abwärtstrend zu verzeichnen. 26 26 Dazu Nachr. aus Berlin 10/2021 v. 20.5.2021. AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 249

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