BRAK-Mitteilungen 4/2021
kation als Juristin eingestellt worden sei, liege der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit somit auch in der recht- lichen Beratung. Schließlich verweist die Bekl. auf das Urteil des BGH v. 11.2.2021 (I ZR 227/19), in dem die- ser entschieden habe, dass die Führung eines Wider- spruchsverfahrens einer Architektin für ihren Bauherrn gegenüber der Baubehörde gegen das RDG verstoße; der Sachverhalt sei dem hier zu beurteilenden vergleich- bar. AUS DEN GRÜNDEN: I. Die rechtzeitig erhobene Anfechtungsklage der Kl. ist zulässig. Gegen den Bescheid der Bekl. ist ohne Durch- führung eines Vorverfahrens (§ 68 VwGO, § 110 JustG NRW) Anfechtungsklage zulässig (§ 42 VwGO, §§ 112 I, 112c I BRAO). Der AGH Nordrhein-Westfalen ist für die Klage zuständig (§ 112a BRAO). II. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kl. in ihren Rechten (§ 112c BRAO, § 113 I VwGO). 1. Gemäß § 14 II Nr. 8 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsan- walt eine Tätigkeit ausübt, die mit seinem Beruf, insb. seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspfle- ge nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unab- hängigkeit gefährden kann; dies gilt nicht, wenn der Wi- derruf für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Die § 7 Nr. 8 BRAO korrespondierende Vorschrift dient der Sicherung der Anwaltstätigkeit als freiem und unab- hängigem Beruf sowie dem Schutz der notwendigen Vertrauensgrundlage der Rechtsanwaltschaft. Berufe, welche die Unabhängigkeit und Objektivität des An- walts beeinträchtigen oder seine Integrität in den Au- gen der Bevölkerung in Frage stellen, wären mit diesem wichtigen Gemeinschaftsinteresse nicht zu vereinbaren (vgl. Henssler/Prütting/ Henssler , BRAO, § 7, Rn. 78.) Der Zulassungs- bzw. Widerrufsgrund in § 7 Nr. 8 bzw. § 14 II Nr. 8 BRAO muss im Lichte der durch Art. 12 GG gewährleisteten Freiheit der Berufswahl bewertet wer- den. Daher kann z.B. die Zulassung zur Rechtsanwalt- schaft auch nicht deshalb verweigert werden, weil der Rechtsanwalt in seinem Zweitberuf als Angestellter ver- pflichtet ist, Dritte im Auftrag eines standesrechtlich un- gebundenen Arbeitgebers rechtlich zu beraten. Die Un- abhängigkeit und Integrität eines Rechtsanwalts sowie dessen maßgebliche Orientierung am Recht und an den Interessen seines Mandanten könnten allerdings durch eine erwerbswirtschaftliche Prägung eines Zweitberufs gefährdet werden, wenn Interessenkonflikte nahe lä- gen. Als Beispiel für eine rechtsberatende Angestellten- tätigkeit, die nicht mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist, hat der Gesetzgeber in § 46 BRAO a.F. die Beschäfti- gung in solchen Unternehmen genannt, die das Rechts- beratungsgesetz umgingen, also verbotene Rechtsbera- tung betrieben (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 4.11.1992 – 1 BvR 79/85). Die Entscheidung über den Widerruf der Zulassung eines Rechtsanwalts, der im Nebenberuf einen standesrechtlich nicht-gebundenen Arbeitgeber tätig ist, muss daher im Lichte der verfassungsrechtlich verankerten Berufsfreiheit bewertet werden. Die Bekl. stützt den angefochtenen Bescheid nicht auf einen dro- henden Interessenkonflikt oder dass die Kl. nicht in der Lage wäre, ihre anwaltliche Tätigkeit neben ihrem Zweitberuf auszuüben, sondern alleine darauf, dass sie für einen Arbeitgeber tätig sei, der das RDG umgehe. Da das Berufsbild des Datenschutzbeauftragten, wie zu zeigen sein wird, von Rechts wegen mit rechtsdienstleis- tenden Tätigkeiten verbunden ist, ist bereits fraglich, ob die Widerrufsentscheidung im Lichte des Art. 12 GG Be- stand hätte. Auf diese Frage kommt es aber entschei- dend nicht an, da die Kl. bzw. ihre Arbeitgeberin nicht gegen das RDG verstößt. 2. Die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte ist Rechts- Rechtsdienstleistung dienstleistung i.S.d. § 2 I RDG. Die Tätigkeit der Daten- schutzbeauftragten ist im Wesentlichen wie folgt gere- gelt: Gemäß Art. 288 AEUV hat die als Verordnung erlasse- ne DSGVO allgemeine, verbindliche und unmittelbare Wirkung in allen Mitgliedstaaten der EU. Die wesent- lichen Bestimmungen zum Datenschutzbeauftragten sind in Art. 37 bis 39 DSGVO enthalten. Die Verpflichtung zur Bestellung von Datenschutzbeauf- tragten ergibt sich für die Verantwortlichen aus Art. 37 DSGVO. Die Aufgaben werden in Art. 39 DSGVO wie folgt be- schrieben: (1) Dem Datenschutzbeauftragten obliegen zumindest folgende Aufgaben: a) Unterrichtung und Beratung des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters und der Beschäftigten, die Verarbeitungen durchführen, hinsichtlich ihrer Pflichten nach dieser Verordnung sowie nach sonstigen Datenschutzvorschriften der Union bzw. der Mitglied- staaten; b) Überwachung der Einhaltung dieser Verordnung, an- derer Datenschutzvorschriften der Union bzw. der Mit- gliedstaaten sowie der Strategien des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters für den Schutz personen- bezogener Daten einschließlich der Zuweisung von Zu- ständigkeiten, der Sensibilisierung und Schulung der an den Verarbeitungsvorgängen beteiligten Mitarbeiter und der diesbezüglichen Überprüfungen; c) Beratung – auf Anfrage – im Zusammenhang mit der Datenschutz-Folgenabschätzung und Überwachung ih- rer Durchführung gem. Art. 35; d) Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde; e) Tätigkeit als Anlaufstelle für die Aufsichtsbehörde in mit der Verarbeitung zusammenhängenden Fragen, einschließlich der vorherigen Konsultation gem. Art. 36, und ggf. Beratung zu allen sonstigen Fragen. (2) Der Datenschutzbeauftragte trägt bei der Erfüllung seiner Aufgaben dem mit den Verarbeitungsvorgängen verbundenen Risiko gebührend Rechnung, wobei er die RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 267
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