BRAK-Mitteilungen 4/2021

auch in anderen Gesetzen Vorschriften, die Rechtsbera- tungsbefugnisse enthalten. Eine erlaubte Rechtsdienst- leistung nach anderen Gesetzen kommt allerdings nur in Betracht, wenn spezielle Rechtsdienstleistungsbefug- nisse dort hinreichend konkret geregelt sind, die Befug- nis also schon nach dem Wortlaut der Norm für einen bestimmten Bereich oder spezielle Tätigkeiten einge- räumt wird (so BGH, Urt. v. 11.2.2021 – I ZR 227/19). Der Gesetzgeber ging von einer grundsätzlichen Offen- heit des RDG für Rechtsberatungsbefugnisse aus ande- ren Gesetzen aus, die grds. Vorrang vor dem RDG ha- ben sollen. Künftig neu hinzutretende Rechtsdienstleis- tungsbefugnisse in anderen Berufen sollen sachnäher in dem jeweiligen Berufsgesetz geregelt werden, wie dies z.B. auf Grundlage der Richtlinie 2002/92/EG zu Versicherungsvermittlern in § 34d GewO und einer ex- pliziten Befugnis, rechtlich beraten zu dürfen gesche- hen sei (vgl. BT-Drs. 16/3655, 32). Um Anwendungsfra- gen in Bezug auf das RDG in Zukunft zu vermeiden, sol- le es einen generellen Vorrang der spezialgesetzlichen (Berufs-)Regelung gegenüber dem RDG geben. Eindeu- tig ist der Vorrang z.B. in § 34d I GewO oder § 23 III AGG geregelt, in dem dort von der Befugnis zur recht- lichen Beratung bzw. „Besorgung von Rechtsangelegen- heiten“ (AGG) die Rede ist. In § 1908f IV BGB ist von der Befugnis bei der „Beratung zur Errichtung einer Vor- sorgevollmacht“ die Rede. Zu den Aufgaben der Datenschutzbeauftragten gem. spezielle Rechts- dienstleistungs- befugnisse Art. 39 I DSGVO gehört die „Unterrichtung und Bera- tung des Verantwort- lichen .... hinsichtlich ihrer Pflichten nach dieser Ver- ordnung sowie nach sonstigen Datenschutzvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten“ (a), „die Überwa- chung der Einhaltung dieser Verordnung, anderer Da- tenschutzvorschriften der Union bzw. der Mitgliedstaa- ten..“ (b), die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehör- den (d) sowie die Tätigkeit als Anlaufstelle für die Auf- sichtsbehörden (e). Aus dem Wortlaut des Art. 39 DSGVO ergeben sich die Aufgaben und Befugnisse der Datenschutzbeauftragten für einen bestimmten Bereich und spezielle Tätigkeiten. Diese Konsequenz wird in der überwiegenden Kommen- tarliteratur nicht gezogen. Es wird einhellig von einer Er- laubnispflicht gem. § 3 RDG ausgegangen (vgl. Küh- ling/Buchner/Bergt, DSGVO Art. 37 Rn. 59 ff.; Paal/Na- bulski , Der externe Datenschutzbeauftragte im Konflikt mit dem RDG?, NJW 2019, 3673; so offenbar auch Baumert , Externer Datenschutzbeauftragter: Reguliert nach dem RDG?, AnwBl. Online 2019, 749). Soweit Moos (BeckOK Datenschutzrecht/ Moos, DSGVO, Art. 37 Rn. 76), § 1 I RDG für nicht einschlägig und die Tätigkeit daher nicht erlaubnispflichtig hält, kann dem bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil ihm umfas- sende Beratungs-, Überwachungs-, Unterrichtungs- und Kontrollaufgaben zukommen, die ihn in der Praxis vor nicht unerhebliche Aufgaben stellt, die angesichts der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung stetig höher werden und der Datenschutzbeauftragte zahlrei- che sich ständig in der Aktualisierung befindliche ge- setzliche Bestimmungen und Anforderungen der Auf- sichtsbehörden zu beachten hat (so zu Recht Taeger/ Gabel/Scheja, DSGVO Art. 39 Rn. 3). Gemäß Art. 37 V DSGVO werden Datenschutzbeauftragte auf Grundla- ge ihrer beruflichen Qualifikation und insb. ihres Fach- wissens benannt, die sie auf dem Gebiet des Daten- schutzrechts und der Datenschutzpraxis sowie auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten zur Erfüllung der in Art. 39 genannten Aufgaben haben. Die Bestellung setzt dem- nach also keine juristische Vorbildung voraus. Entspre- chend Art. 29-Datenschutzgruppe, Leitlinien in Bezug auf Datenschutzbeauftragte (WP 243, 13.12.2016, S. 14, einem internationalen Arbeitspapier-workpaper, zit. nach Kühling/Klar/Sackmann, Datenschutzrecht, 4 Aufl. 2018 Rn. 746) setzt die Tätigkeit mit Blick auf die Aufgaben EDV-Grundkenntnisse und allgemeine recht- liche und spezielle datenschutzrechtliche Kenntnisse voraus; außerdem muss er mit Aufgaben, Struktur und Funktionsweise des jeweiligen Unternehmens vertraut sein. Aus Art. 39 DSGVO sowie den sonstigen maßgeblichen hinreichend konkretes Aufgabenfeld Regelungen der DSGVO und des BDSG ergibt sich nach Einschätzung des Se- nats ein hinreichend kon- kretes Aufgabenfeld und die Befugnis, auf diesem auch die in den Vorschriften genannten rechtsberatenden Aufgaben wahrzuneh- men. Anders als es die Bekl. vorträgt, stehen dieser Ein- schätzung auch nicht die Urteile des BGH v. 22.6.2020 (AnwZ (Brfg) 23/19) und 2.7.2018 (AnwZ (Brfg) 49/17) entgegen. Die Entscheidungsgründe befassen sich nicht mit der Frage, ob der Arbeitgeber erlaubte oder uner- laubte Rechtsdienstleistungen erbringt, sondern inso- weit ausschließlich damit, ob und in welchem Umfang ein Syndikusrechtsanwalt für Kunden seines Arbeitge- bers anwaltlich tätig sein darf. 4. Wenn man die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte nicht gem. §§ 1 III, 3 2. Fall RDG als erlaubt ansehen würde, handelte es sich jedenfalls um eine erlaubte Ne- benleistung gem. § 5 I RDG. Gemäß § 5 I RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zu- in jedem Fall erlaubte Nebenleistung sammenhang mit einer an- deren Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeits- bild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Hauptleistung unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätig- keit erforderlich sind. Bereits unter Geltung des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG wurde entschieden, dass Berufe, die ohne gleichzeitige Rechts- beratung nicht ausgeübt werden können, nicht am RBerG scheitern sollten. Diese Einschränkung betraf nicht nur solche Fälle, in denen die Haupttätigkeit des BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 269

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