BRAK-Mitteilungen 4/2021

Unternehmers ohne die Erledigung rechtlicher Angele- genheiten für seine Kunden überhaupt unmöglich wäre, sondern auch die Fälle, in denen die Haupttätigkeit sonst nicht sachgemäß erledigt werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 3.7.2008 – III ZR 260/07). Diese Sichtweise beansprucht auch unter § 5 RDG Geltung. Der BGH (Urt. v. 31.3.2016 – I ZR 88/15) stellt bei der Unterscheidung, ob es sich um eine Haupt- oder Neben- leistung handelt, im Wesentlichen darauf ab, ob für die Haupttätigkeit einer Dienstleistung Rechtskenntnisse in nicht unerheblichem Umfang erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, könne nicht angenommen werden, dass eine Rechtsdienstleistung, die erhebliche Anforderun- gen an die Rechtsberatung stellten, als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsfeld der Haupttätigkeit ge- hörten und daher nach § 5 RDG erlaubt seien. Im Um- kehrschluss bedeutet dies, dass es sich umso mehr um eine Nebenleistung handeln kann, je mehr die Haupt- leistung Rechtskenntnisse erfordert. Unstreitig besteht zwischen der Haupttätigkeit eines Datenschutzbeauftragten und der rechtsdienstleisten- den Nebenleistung ein sachlicher Zusammenhang. Auch sind für die Erbringung der Hauptleistung in er- heblichem Umfang Rechtskenntnisse erforderlich. Auch hat die Rechtsdienstleistung nach der Verkehrsan- schauung nicht ein solches Gewicht innerhalb der Ge- samtleistung, dass nicht mehr von einer bloßen Neben- leistung ausgegangen werden kann. § 5 RDG kommt nur zur Anwendung, wenn die fragliche Rechtsdienst- leistung im Sinne der Klärung der rechtlichen Verhält- nisse nicht selbst wesentlicher Teil der Hauptleistung ist. Der Schwerpunkt der Tätigkeit muss stets auf nicht- rechtsberatendem Gebiet liegen. Folglich ist es eine Ent- scheidung im Einzelfall, ob die jeweilige Konstellation die „volle Kompetenz des Rechtsanwalts“ erfordert (so BGH, Urt. v. 14.1.2016 – I ZR 107/14; in diesem Sinne auch Baumert , AnwBl. online 2019, 749 ff.). Dabei steht Art. 12 GG einer zu engen Auslegung des § 5 RDG ent- gegen (so BGH, Urt. v. 6.10.2011 – I ZR 54/10). Die rechtsdienstleistenden Tätigkeiten stehen in diesem rechtsdienstleistende Tätigkeiten im Hinter- grund Sinne nach Auffassung des Senats nicht im Vorder- grund der typischen Tätig- keit der Datenschutzbeauf- tragten. Nicht die Klärung rechtlicher Verhältnisse im Einzelfall machen das typi- sche Betätigungsfeld aus, sondern die Prüfung von Ver- haltensweisen und technischen Abläufen in Hinblick auf die Konformität mit datenschutzrechtlichen Bestimmun- gen. Diese Prüfung ist ohne tiefreichende technische, organisatorische und betriebswirtschaftliche Kenntnis- se nicht möglich. Dass die datenschutzrechtlichen Be- stimmungen sehr komplex sind und ihre Anwendung nicht einfache rechtliche Wertungen voraussetzt (vgl. zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe in der DSGVO), lässt die rechtsdienstleistende Tätigkeit nicht in den Vordergrund treten (so auch Hamburgische AGH, a.a.O.; Bayerische AGH, a.a.O.). Zu berücksichtigen ist zudem, dass nicht die Tätigkeit der Kl. für die Einstufung als Haupt- oder Nebenleistung entscheidend ist, sondern die der externen Daten- schutzbeauftragten insgesamt, also ihrer Arbeitgebe- rin. Angesichts des umfassenden technischen Know- hows, das diese zur Verfügung hat, wird deutlich, dass der Anteil der juristischen Tätigkeit insgesamt als Ne- benleistung der Hauptleistung anzusehen ist. Der Klage war daher stattzugeben. ANMERKUNG: Seit dem Urteil des BGH v. 15.10.2018 (AnwZ (Brfg) 20/18, BRAK-Mitt. 2019, 48) ist geklärt, dass die Tä- tigkeit einer Datenschutzbeauftragten im Einzelfall (interne Datenschutzbeauftragte einer Rundfunkan- stalt) anwaltlich i.S.d. § 46 III Nr. 1-4 BRAO sein kann, während derzeit die Anstellung als externe Daten- schutzbeauftragte keine Zulassung als Syndikus- rechtsanwältin begründen kann. Letzteres stellt der BGH im Urt. v. 2.7.2018 (AnwZ (Brfg) 49/17, BRAK- Mitt. 2018, 264) mit folgenden Leitsätzen fest: „a) Bei dem Merkmal der anwaltlichen Tätigkeit in „Rechts- angelegenheiten des Arbeitgebers“ (§ 46 II 1, V BRAO) handelt es sich nicht lediglich um eine Be- schränkung der Rechtsdienstleistungsbefugnis des Syndikusrechtsanwalts, sondern – ebenso wie bei den Bestimmungen in § 46 II-IV BRAO – um eine tatbe- standliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndi- kusrechtsanwalt. b) In Rechtsangelegenheiten des Ar- beitgebers nach § 46 II 1, V 1, 2 BRAO ist nicht tätig, wer von diesem bei dessen Kunden als externer Da- tenschutzbeauftragter eingesetzt wird.“ Durch das Urteil des BGH v. 22.6.2020 (AnwZ (Brfg) 23/19, BRAK-Mitt. 2020, 236) ist zudem klargestellt, dass je- de Tätigkeit abseits der Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers zulassungsfeindlich ist. Ungeachtet der Frage, ob eine externe Datenschutz- beauftragte überhaupt ausreichend weisungsfrei i.S.d. Art. 38 III DSGVO sein kann, wenn sie zugleich Weisungen eines anderen Arbeitgebers unterworfen ist, hatte nun der AGH NRW Gelegenheit, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die in Rechtsangelegenhei- ten des Kunden erbrachte Beratung durch eine Ange- stellte einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin ihrerseits einer Zulassung als niedergelassener Rechtsanwältin entgegensteht. Wird die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erst nach Aufnahme einer solchen Tätigkeit beantragt, entschei- det sich nach § 7 Nr. 8 BRAO, ob die Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf unvereinbar ist. Im konkreten Fall war die Klägerin bereits als Rechtsanwältin zugelas- sen und die zuständige Rechtsanwaltskammer wider- rief aufgrund der Aufnahme der Tätigkeit nach § 14 II Nr. 8 BRAO die Zulassung; die Voraussetzungen sind identisch. Die Kammer begründete ihre Entscheidung damit, die Arbeitgeberin der angestellten externen Datenschutz- beauftragten verpflichte sich gegenüber ihren Kunden zur Erbringung nach § 3 RDG erlaubnispflichtiger BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 270

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