BRAK-Mitteilungen 4/2021

Rechtsdienstleistungen, da die Tätigkeit die rechtliche Prüfung des Einzelfalls i.S.d. § 2 I RDG erfordere, sie verfüge aber nicht über die dazu erforderliche Befug- nis, weshalb die angestellte Rechtsanwältin gegen- über den Kunden der Arbeitgeberin verbotene Rechts- dienstleistungen erbringe. Eine verbotene Tätigkeit aber könne nie mit dem Anwaltsberuf vereinbar sein. Kenntnis von Inhalt und konkreter Ausgestaltung der ausgeübten Tätigkeit hatte die Rechtsanwaltskammer aus dem vorausgegangenen Verfahren über die ver- sagte Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Gegen den Widerruf ihrer Zulassung erhob die Rechtsanwäl- tin Klage. Die Kammer stützte im Verfahren ihre Ent- scheidung ergänzend auf die Entscheidung BGH v. 11.2.2021 (I ZR 227/19, BRAK-Mitt. 2021, 174), in welcher der BGH in dem Führen eines Widerspruchs- verfahrens für Bauherren durch eine Architektin einen Verstoß gegen das RDG sah. Die Entscheidung macht deutlich, dass die Aufgaben aus Art. 39 DSGVO die rechtliche Prüfung im Einzelfall erfordern, bei Erbringung durch einen externen Drit- ten in fremden Rechtsangelegenheiten erfolgen, und damit nach § 2 I RDG eine grundsätzlich erlaubnis- pflichtige Rechtsdienstleistung vorliegt. Die Tätigkeit wird ja nicht dadurch erlaubt, dass sie durch eine Rechtsanwältin erbracht wird, denn abzustellen ist al- leine auf die Befugnisse der Arbeitgeberin. Ebenso klar aber legt der AGH dar, dass diese Be- fugnis zur Erbringung der Rechtsdienstleistung aus der DSGVO selbst abgeleitet werden kann: § 3 RDG sieht auch eine Erlaubnis aufgrund anderer Gesetze vor und die Aufgaben könnten sonst nicht erfüllt werden. Die Entscheidung zeigt, dass jedenfalls seit Inkrafttreten der DSGVO ein (auch) rechtsberaten- der Beruf des Datenschutzbeauftragten existiert. Der AGH arbeitet gut heraus, dass entgegen der Dar- stellung durch die Beklagte der BGH (Urt. v. 2.7.2018 – AnwZ (Brfg) 49/17, BRAK-Mitt. 2018, 264 und Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 23/19, BRAK-Mitt. 2020, 236) mitnichten die Rechtswidrigkeit der Tätigkeit eines externen Datenschutzbeauftragten festgestellt hat. Der BGH hat in diesen beiden Entscheidungen le- diglich festgestellt, dass eine Zulassung als Syndikus- rechtsanwalt erfordert, dass sich die Tätigkeit i.S.d. § 46 V BRAO auf die Rechtsangelegenheiten des Ar- beitgebers beschränkt. Weniger stimmig sind die Erwägungen, die Recht- dienstleistung könne auch Nebenleistung i.S.d. § 5 I RDG sein. Zwar stellt die Entscheidung zu Recht auf das Gesamtangebot der Leistungen der Arbeitgebe- rin, nicht lediglich die durch die klagende Rechtsan- wältin erbrachten Leistungen als Maßstab ab, der mit- geteilte Sachverhalt zu diesem Gesamtangebot der angebotenen Dienstleistungen aber ist dünn und lässt im konkreten Fall aufgrund der Breite der rechtlichen Aufgaben der Datenschutzbeauftragten deren Einord- nung als Nebenleistung kaum zu. Im Ergebnis aber zeigt die Entscheidung überzeu- gend, dass nach geltender Rechtslage die Tätigkeit der externen Datenschutzbeauftragten auch um- fangreiche Rechtsdienstleistungen umfasst und die- se auch zulässig sind. Gefahren lauern bei einer Be- ratung in der Tiefe, da hier anwaltliche Vorbehalts- aufgaben erreicht werden können, die nicht mehr durch Art. 39 DSGVO gedeckt sind, wie beispielswei- se die Ausarbeitung von Verträgen für den Kunden. Hier ist externer Rechtsrat durch Rechtsanwälte hin- zuzuziehen. Geschieht dies nicht, droht eine kaum versicherbare Haftung für eine unerlaubte Rechts- dienstleistung und möglicherweise der Widerruf der Zulassung. Ob der ab 1.8.2022 geltende § 46 VI BRAO n.F. in der Praxis angestellten externen Datenschutzbeauftrag- ten den Weg zur Zulassung als Syndikusrechtsanwalt eröffnet, wird sich zeigen müssen. Nach dem neuen Recht ist ein Tätigwerden in Rechtsangelegenheiten des Kunden des Arbeitgebers nicht länger zulassungs- hindernd, der Kunde muss aber auf das Tätigwerden im Interesse des Arbeitgebers hingewiesen werden und die Tätigkeit wird als nichtanwaltlich fingiert, ge- fährdet also gerade bei einem Datenschutzbeauftrag- ten die erforderliche Prägung des Beschäftigungsver- hältnisses durch mindestens 65 % anwaltlichen Tätig- keitsanteile (vgl. BGH, Urt. v. 30.9.2019 – AnwZ (Brfg) 63/17, BRAK-Mitt. 2020, 239). Rechtsanwalt Tilman Winkler, Freiburg, Geschäftsführer der RAK Freiburg UNERLAUBTE RECHTSDIENSTLEISTUNG DURCH INKASSODIENSTLEISTER – MEHR.PLUS GKG § 51; UWG §§ 8 III Nr. 2, 12 IV, V * 1. Da der Zweck eines rechtsfähigen Verbands zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen i.S.v. § 8 III Nr. 2 UWG darin besteht, die Interessen ihrer Mitglieder zu fördern und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer auf demselben Markt wie ein Verletzer tätigen Mitglie- der berühren muss, ist bei der Streitwertbemes- sung nicht das Allgemeininteresse maßgebend. Das Interesse des Verbandes ist im Regelfall ge- nauso zu bewerten wie das eines gewichtigen Mit- bewerbers. * 2. Relevant ist es, wenn das unzulässige Angebot eines Inkassodienstleisters darauf ausgelegt und geeignet ist, eine große Zahl von Verbrauchern an- zusprechen, um diese zur Beauftragung eines Unter- nehmens mit entgeltlichen Rechtsdienstleistungen zu bewegen und daher dementsprechend großes Schadenspotential für die Mitglieder der Rechtsan- waltskammern birgt. * 3. Es ist offensichtlich, dass die Beratung zur Rück- abwicklung von Verträgen, insbesondere auch von Versicherungsverträgen, zur Beitragsanpassung und zum Tarifwechsel in der privaten Krankenversi- RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 271

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