BRAK-Mitteilungen 4/2021

recht der Berufsfreiheit durch die Vorwirkung betroffen ist, wogegen spricht, dass schon die Begründung einer gesetzlichen Versicherungspflicht den Schutzbereich des Art. 12 I GG in der Regel nicht berührt (vgl. BVerfGE 10, 354, 362 f.; BVerfGK 11, 352, 353 f.), kann daher dahinstehen. Andere Grundrechte rügt der Bf. nicht als verletzt. ANMERKUNG: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen/Den Vorhang zu und alle Fragen offen“. So in etwa könnte sich der Beschwerdeführer gefühlt haben, nachdem die Verfassungsrichter am sog. Drittberatungsverbot für Syndikusrechtsanwälte festgehalten und für ihn in- soweit auch keinerlei Hintertür offengelassen haben. Ausdrücklich weist das BVerfG darauf hin, dass eine Aufhebung der grundsätzlichen Beschränkung auf Rechtsangelegenheiten ihrer Arbeitgeber das primäre gesetzliche Unterscheidungsmerkmal zwischen Rechtsanwälten und Syndikusrechtsanwälten beseiti- gen würde. Der Beschwerdeführer hatte bereits nicht darlegen können, inwieweit eine diesbezügliche Libe- ralisierung verfassungsrechtlich geboten sein könnte. Auch das BVerfG lässt an keiner Stelle seines Nichtan- nahmebeschlusses erkennen, dass eine solche Geset- zesänderung von Verfassungs wegen erforderlich sein könnte. Der damalige Gesetzgeber, der im Jahr 2016 für eine grundlegende Reform des Rechts der Synikusrechts- anwälte gesorgt hatte, hat hierfür auch keinerlei An- lass gegeben. Er hat die Befugnis des Syndikusrechts- anwalts zur Beratung und Vertretung auf Angelegen- heiten des Arbeitsgebers seinerzeit ganz bewusst be- schränkt. Aus der Begründung des damaligen Regie- rungsentwurfs ergibt sich unmittelbar, dass dieser Schritt erforderlich gewesen ist, um eine Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit durch das Einwir- ken fremder wirtschaftlicher Interessen zu verhin- dern. Auch der BGH hatte in seinem noch jungen Grund- satzurteil v. 7.12.2020 (AnwZ (Brfg) 11/20, BRAK-Mitt. 2021, 37 Ls.) betont, dass der Ausschluss einer Zulas- sung als Syndikusrechtsanwalt nach § 46 V BRAO bei grundsätzlich jeglicher Drittberatung verfassungs- rechtlicher Überprüfung standhalte. Weder seien die Berufsausübungsfreiheit des Syndikusrechtsanwalts oder das Gebot der Gleichbehandlung verletzt noch das Eigentumsrecht des Unternehmens. Der hier- durch bewirkte Eingriff in die genannten Grundrechte sei zur Erreichung des damit verfolgten Gemeinwohl- ziels – die Gewährleistung der fachlichen Unabhän- gigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Syndikus- rechtsanwalts – und des legitimen Zwecks der Siche- rung einer funktionierenden Rechtspflege geeignet und erforderlich und auch bei einer Gesamtabwä- gung zumutbar, da es dem für einen nichtanwalt- lichen Arbeitgeber tätigen (Unternehmens-)Juristen freistehe, seinen Beruf auch ohne die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt – im Rahmen des RDG – auszu- üben und der Arbeitgeber die Kompetenz seines juris- tischen Angestellten auch ohne dessen Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nutzen könne. Also keine Hoff- nung für den Beschwerdeführer. Licht am Horizont für einige andere Syndikusrechtsan- wälte hat nun aber vor wenigen Wochen der aktuelle Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Neuregelung des Be- rufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Be- rufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. 2021 I, 2363) geschaffen. Ungeachtet der von der BRAK mit Nachdruck vorgetragenen Kritik (vgl. hierzu BRAK-Stn.-Nr. 29/2021) wird die BRAO künftig – d.h. ab dem 1.8.2022 – in § 46 VI BRAO vor- sehen, dass jedenfalls ein nichtanwaltlicher Arbeitge- ber, der zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt ist, diese Rechtsdienstleistungen auch durch von ihm angestellte Syndikusrechtsanwälte er- bringen kann. Fünf Jahre nach Inkrafttreten der Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte begründet der aktuelle Gesetzgeber diesen Schritt wie folgt: Kernanliegen der noch bestehenden Begrenzungen gem. § 46 V 1 und 2 Nr. 2 und 3 BRAO sei die Sicherstellung der Unab- hängigkeit. Beim Arbeitgeber sei insoweit gewährleis- tet, dass der Rechtsrat eines Syndikusrechtsanwalts nicht durch andere wirtschaftliche Erwägungen beein- flusst wird. Die neue Regelung in § 46 VI BRAO gebe diese Erwägungen nicht auf. Eine anwaltliche Bera- tung von Dritten durch Syndikusrechtsanwälte für ihre Arbeitgeber außerhalb der in § 46 V 2 BRAO genann- ten Konstellationen soll daher auch weiterhin ausge- schlossen sein. Soweit jedoch Rechtsdienstleistungen nach dem RDG in Rede stehen, die nicht der Anwalt- schaft vorbehalten sind, sei zu berücksichtigen, dass diese auch durch andere qualifizierte Personen er- bracht werden könnten, die nicht den anwaltlichen Grundpflichten unterliegen. Die Möglichkeit der Er- bringung dieser Rechtsdienstleistungen soll für Syndi- kusrechtsanwälte jedenfalls nicht in der Konsequenz ausgeschlossen sein, dass derartige Tätigkeiten zur Versagung der Zulassung führen. Der Gesetzgeber schreibt aber gleichzeitig vor, dass der Syndikusrechtsanwalt in den vorgenannten Fällen darauf hinweisen muss, dass er keine anwaltliche Be- ratung i.S.d. § 3 BRAO erbringt und ihm zudem kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO zukommt. Die Erbringung solcher Dienstleistungen wird mithin nicht als anwaltliche Tätigkeit angesehen. Dem Be- schwerdeführer wird diese Gesetzesänderung indes nicht weiterhelfen, da sein nichtanwaltlicher Arbeitge- ber nicht zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt ist. Rechtsanwalt Christian Dahns, Berlin, Geschäftsführer der BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 274

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