BRAK-Mitteilungen 5/2021
rechtstatsächliche Untermauerung stützen kann, beste- hen bleibt – unzulässig. Wenn die bis dahin erbrachte außer- und mahngerichtliche Leistung nicht umsonst gewesen sein soll („no win no fee“), muss für diesen Fall aus anwaltlicher Sicht eine Vergütungsregelung getrof- fen werden, weil der Ausgleich durch das Erfolgshono- rar in diesem Fall ausbleibt. c) ANWALTLICHE PROZESSFINANZIERUNG Zugleich hat der Gesetzgeber für den Fall der außer- bis mahngerichtlichen Inkassoleistung noch eine weitere Büchse der Pandora geöffnet: die Ermöglichung der an- waltlichen Prozessfinanzierung. Der nach § 4a III 2 RVG a.F. geschuldete Hinweis auf die Verpflichtung des Auftraggebers, die Gerichtskosten und die von ihm zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter zu tragen, ent- fällt in der Neufassung. In § 49b II 2 BRAO wird statt- dessen geregelt, dass der Rechtsanwalt bei Vereinba- rung eines Erfolgshonorars nach § 4a I 1 Nr. 2 RVG (In- kassodienstleistungen im außer- und mahngerichtlichen Bereich) auch die Gerichtskosten und die zu erstatten- den Kosten anderer Beteiligter übernehmen kann. Bei einer Forderung von 5.000 Euro etwa bedeutet das, dass der Rechtsanwalt neben dem Verzicht auf seine ei- genen Gebühren von 551,10 Euro denselben Betrag für den gegnerischen Bevollmächtigten sowie eine Ge- richtsgebühr von 161 Euro riskiert. Insgesamt macht das ein Risiko von 1.263,20 Euro aus, das dem poten- ziellen Gewinn eines Erfolgshonorars von 1.500 Euro gegenübersteht. Auch hier endet die Vereinbarungsmöglichkeit mit dem Beginn des Verfahrens vor dem Streitgericht. Die Finan- zierung des weiteren Streites, nämlich zwei weitere Ge- richtsgebühren und die Mehrkosten des gegnerischen Bevollmächtigten sind von der Erlaubnis der Prozessfi- nanzierung ausgenommen. Diese Regelung wird dem Auftraggeber kaum zu vermitteln sein. Für den Rechts- anwalt ist hingegen kaum hinnehmbar, wenn er mit sei- nen Gebühren auf die weiter entstehenden Gebühren- tatbestände beschränkt bleiben soll, ohne durch das Er- folgshonorar entschädigt zu werden. Hier ist die Rege- lung inkonsequent. Der Rechtsanwalt wird in der Er- folgshonorarvereinbarung darauf achten müssen, für den Fall des Übergangs zum Streitverfahren die bis da- hin entstandenen Gebühren und seine Auslagen erstat- tet zu erhalten. Ob das am Markt durchsetzbar sein wird, muss abgewartet werden. Insgesamt sind die Neuregelungen unausgegoren und insbesondere im Bereich der niedrigen Streitwerte für Rechtsanwälte unattraktiv. Eine Verbesserung der un- gleichen Marktsituation hat der Gesetzgeber jedenfalls nicht erreicht. 2. UNTERSCHREITUNG DER GESETZLICHEN GEBÜHREN BEI DER ERFOLGSUNABHÄNGIGEN VERGÜTUNG In § 4 I 1 RVG a.F. war die Vereinbarung einer niedrige- ren als der gesetzlichen Vergütung nur im außergericht- lichen Bereich und bei Bestehen eines Beratungshilfean- spruchs zugelassen. Die Neuregelung erweitert die Möglichkeit der Unterschreitung der gesetzlichen Ge- bühren bis hin zum Vergütungsverzicht in § 4 I 3 und in II RVG n.F. auf den Bereich des gerichtlichen Mahnver- fahrens, wenn es um eine Inkassodienstleistung geht. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des BGH gilt das also nunmehr für alle Rechtsangelegenheiten. 3. UNBESTIMMTE VERGÜTUNGSVEREINBARUNGEN Zwei weitere Neuregelungen bei Vergütungsvereinba- rungen scheinen sich im neuen § 3a II RVG n.F. zu fin- den. Danach ist es zum einen möglich zu vereinbaren, dass der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Ver- gütung festlegen soll, und zum anderen ausgeschlos- sen, dass der Rechtsanwalt ein Bestimmungsrecht ha- ben soll. Tatsächlich gab es diese Regelung bisher im § 4 III a.F. bereits. Die Herausnahme aus dem Rege- lungsbereich der erfolgsunabhängigen Vergütung in § 4 RVG und die Hereinnahme in den § 3 RVG zeigt, dass diese Vereinbarungen auch bei der erfolgsabhän- gigen Vergütung möglich bzw. ausgeschlossen sein sol- len. 4. AUSSCHLUSS VON ERFOLGSHONORAR- VEREINBARUNGEN Erfolgshonorarvereinbarungen sind nach § 4a I 2 RVG n.F. bei geringen Forderungen bis 2.000 Euro und bei Inkassodienstleistungen dann ausgeschlossen, wenn sich der Auftrag auf eine Forderung bezieht, die der Pfändung nicht unterworfen ist. Damit sollen An- spruchsteller davor geschützt werden, dass durch das Erfolgshonorar eine nicht pfändbare Leistung gemin- dert wird. In manchen Fällen wird ein Ausschluss der Vereinbarun- gen einfach zu erkennen sein, wenn Gegenstand der Tä- tigkeit z.B. Forderungen von Sozialleistungen oder So- zialversicherungsleistungen sind. Gerade im Bereich des Sozialrechts sind damit Erfolgshonorarvereinbarun- gen weitgehend ausgeschlossen. In vielen anderen Bereichen mag die Erkennbarkeit nicht auf der Hand liegen. Werden also z.B. Lohnersatz- leistungen aus einer privaten Versicherung geltend ge- macht, so können diese im Bereich der Pfändungsfrei- heit liegen; das muss aber nicht so sein. Der Rechtsan- walt wird bei dem Abschluss einer Erfolgshonorarver- einbarung genau prüfen müssen, ob es sich um un- pfändbare Forderungen handelt, wenn er nicht leer aus- gehen will, denn Geschäftsgrundlage der Erfolgshono- rarvereinbarung ist es aus Sicht des Auftraggebers, nicht zur Zahlung gesetzlicher Gebühren verpflichtet zu sein. Ob bei einem Ausschluss der Erfolgshonorarvergü- tung der Rückgriff auf die gesetzliche Vergütung mög- lich ist, wird noch zu klären sein. BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 AUFSÄTZE 280
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