BRAK-Mitteilungen 5/2021

dann für einen möglichen Anspruch des Gläubigers ge- gen den Schuldner auf Ersatz der Kosten, die dem Gläu- biger mit der Beauftragung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts entstanden sind, relevant. 11 11 BT-Drs. 19/20348, 24. Für von Inkassodienstleistern erbrachte Leistungen entfal- ten die Gebührenregelungen des RVG dadurch Bedeu- tung, dass ein Gläubiger die durch die Beauftragung eines Inkassodienstleisters entstandenen Kosten nach § 4 V RDGEG (künftig § 13b I RDG) nur bis zu der Höhe ersetzt verlangen kann, wie sie bei der Beauftragung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts entstan- den wären. 12 12 BT-Drs. 19/20348, 24. In der Praxis beauftragt der Gläubiger also ein Inkasso- unternehmen mit der Beitreibung von unbeglichenen Forderungen. Befindet der Schuldner sich im Verzug, müssen die Kosten für die Rechtsverfolgung von ihm er- stattet werden. Er sieht sich nun den Inkassokosten aus- gesetzt, die ihm gegenüber abgerechnet werden. Wel- che Vergütung im Innenverhältnis vereinbart und ge- zahlt wurde, erschließt sich ihm nicht. 2. GESCHÄFTSMODELLE: MASSENINKASSO VERSUS EINZELAUFTRAG Denn im Rahmen des Auftrags zwischen Gläubiger und Inkassounternehmen lassen sich unterschiedliche Ge- schäftsmodelle erkennen, die damit zwangsläufig einen anderen Arbeitsaufwand beinhalten. a) EINZELFALLBEARBEITUNG Auf der einen Seite haben wir den Standardfall, von dem das RVG im Grunde ausgeht. Es wurde ein Rechts- anwalt mit dem Forderungseinzug beauftragt. Anders als ein Inkassounternehmen nimmt der Anwalt in seiner üblichen Tätigkeit als Rechtsanwalt eine umfassende Schlüssigkeits- und Plausibilitätsprüfung der geltend ge- machten Forderung vor, bevor er ein Aufforderungs-/ Mahnschreiben an den Schuldner versendet. 13 13 BRAK-Stn.-Nr. 29/2020 zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (BR-Drs. 196/20 v. 24.4.2020), S. 5. Hier erfolgt somit eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt und eine rechtliche Bewertung, ge- gebenenfalls verbunden mit einer Empfehlung an den Mandanten. Der Arbeitsaufwand hinsichtlich dieses einen Inkassofalls ist klar und ebenso die sich daraus ergebende Abrechnungsgrundlage. b) MASSENINKASSO Auf der anderen Seite wird eine Vielzahl von gleichgela- gerten Fällen abgewickelt. Unstrittig ist, dass es hierfür eines Verwaltungsapparats bedarf. Dennoch handelt es sich letztendlich um eine automatisierte Massenabwick- lung. Laut Stellungnahme des Bundesverbands Deut- scher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) fallen pro Inkas- sofall grundsätzlich etwa 20 einzelne Arbeitsschritte an. 14 14 BDIU, Stn. zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Ver- braucherschutz – Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschut- zes im Inkassorecht, 1.11.2019, S. 37 f. Ein Betrag in Höhe von 31,50 Euro sei hierfür zu wenig. Betrachtet man die genannten Schritte, sind Zweifel angebracht, ob tatsächlich für jeden Fall die meisten Vorgehensweisen anfallen. Beschwerden deu- ten darauf hin, dass beispielsweise eine Rechtsprüfung nicht erfolgt, auch eine Adressverifizierung wird nicht regelmäßig notwendig sein, sowie eine Einwandsbear- beitung, die Bearbeitung von Anfragen der Aufsichtsbe- hörden oder eine Beschwerdebearbeitung – um nur ei- nige zu nennen. Da die vorgenannten Beschwerden in der Praxis wohl eher dem Vorgehen aus dem Masseninkasso zuzuord- nen sind, würde sich ein zweiter Blick auf dieses Ge- schäftsmodell durchaus lohnen. Denn genau hier ist eben nicht klar, wie der Aufwand für den einzelnen In- kassofall ausgestaltet ist. Für den jeweiligen Schuldner ist aber nur dieser von Belang. Dass die Existenz des Masseninkassos durchaus bereits gelebt ist und hier ein anderer Aufwand gesehen wird als für eine Einzelfallbe- arbeitung, zeigt unter anderem auch die Rechtspre- chung, wo jedenfalls in Fällen des „Masseninkassos“ le- diglich eine Gebühr mit einem Gebührensatz von 0,5 für angemessen erachtet wurde. 15 15 AG Gütersloh, VuR 2018, 355 m. Anm. Jäckle. Der Regierungsentwurf wird daher zu Recht dahinge- hend kritisiert, er bemühe sich nicht darum, zwischen Anwälten und Inkassounternehmen noch einen Unter- schied zu finden. 16 16 Hartung, Alles andere als unschuldig, LTO v. 23.4.2020, https://www.lto.de/recht/ hintergruende/h/bmjv-entwurf-inkasso-dienstleister-legal-tech-auswirkungen/ ( ab- ger. am 31.8.2021). Hier müsste jedoch konkretisiert werden, dass eher zwischen Massen- und Einzelfallin- kasso unterschieden werden müsste. Denn auch Anwäl- te haben dieses Geschäftsmodell inzwischen für sich entdeckt. Im Regierungsentwurf wird allerdings eine derartige Differenzierung als unangemessen abgelehnt. Argu- mentiert wird hierbei damit, dass es zunächst schwierig wäre zu definieren, ab wann eine Inkassotätigkeit ein „Masseninkasso“ darstellt, zumal wie dargelegt die meisten im Inkassobereich Tätigen mittlerweile in mehr oder minder großem Umfang Automatisierungen nut- zen. 17 17 BT-Drs. 19/2048, 24. Möglicherweise wäre dies aber genau der An- satzpunkt. Besteht also der Auftrag darin, dass für einen einzelnen Gläubiger eine Vielzahl von Forderungen bearbeitet werden sollen, sind mehrere Fragen durchaus berech- tigt. Inwiefern gleicht der Aufwand einer automatisier- ten Massenbearbeitung der individuellen (Rechts-)Bear- beitung im Einzelfall? Welche Vergütungsvereinbarun- gen liegen in diesen Fällen vor? Und zahlt der Gläubiger tatsächlich jeden einzelnen Inkassofall entsprechend der Regelungen des RVG? HALM, ERREICHT DAS NEUE INKASSOGESETZ DAS GESTECKTE ZIEL? AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 285

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