BRAK-Mitteilungen 5/2021

wirtschaftlich geprägten Dienstleistern zu ermöglichen, Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung zu erbrin- gen. 28 28 Krenzler/ Krenzler , RDG, 2. Aufl. 2017, § 5 RDG Rn. 14. Der BGH hat kürzlich zu § 5 RDG a.F. bekräftigt, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit „stets auf nicht- rechtlichem Gebiet“ liegen muss. 29 29 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 174 Rn. 47 – Rechtsberatung durch Architektin, s. dazu auch Ziff. VI 1. Zwar ist anerkannt, dass etwa auch Angehörige steuerberatender Berufe, Wirtschaftsprüfer und nach § 10 RDG registrierte Per- sonen, also insb. Inkassodienstleister, in den Genuss dieser Regelung fallen. 30 30 BGH, ebenda. Dabei handelte es sich aber um Ausnahmen. 31 31 Deckenbrock , in Deckenbrock/Henssler, § 5 RDG Rn. 27. Werden nunmehr Rechtsdienstleis- tungen pauschal zu Hauptleistungen erklärt, fragt sich, welchen Sinn dann künftig eine Abgrenzung zwi- schen Haupt- und Nebenleistung haben soll. Zudem ist der Gesetzgeber mit der Änderung auch über das Ziel hinausgeschossen. Denn es hätte ausgereicht, die Er- gänzung auf Inkassodienstleistungen zu beschrän- ken. 32 32 Dazu bereits BRAK-Stn.-Nr. 10/2021, S. 18. b) DIE ERGÄNZUNG IN § 4 RDG § 4 RDG schützt die Unabhängigkeit der Rechtsdienst- leistung vor Fremdeinflüssen und hat eine ähnliche Funktion wie das anwaltliche Verbot der widerstreiten- den Interessen (§ 43a IV BRAO). Die Vorschrift wurde nunmehr um einen Satz 2 dahingehend ergänzt, dass eine Gefährdung der Unabhängigkeit nicht schon des- halb anzunehmen ist, weil aufgrund eines Vertrages mit einem Prozessfinanzierer diesem gegenüber Berichts- pflichten bestehen. Der Gesetzgeber erkennt zwar grundsätzlich die Gefahr von Interessenkollisionen bei der Beteiligung von Prozessfinanzierungsgesellschaften an, meint aber, dass Berichtspflichten dafür (allein) nicht ausreichen. 33 33 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27673, 19 f. und 40. Auch diese Ergänzung 34 34 Der Einschätzung des Gesetzgebers zust. („lediglich Klarstellung“) Deckenbrock , in Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl. 2021, § 4 RDG Rn. 28b und 29a; Grunewald , in BeckOK RDG, 18. EG 1.7.2021, § 4 RDG Rn. 40; Römermann , AnwBl. Online 2021, 588, 615. ist kritisch zu sehen. 35 35 BRAK-Stn.-Nr. 81/2020 zum RefE, S. 17 ff.; BRAK-Stn.-Nr. 10/2021 zum RegE, S. 16 f.; krit. auch die Stn. des BR v. 5.3.2021, BT-Drs. 19/27673, 53. Hier un- terschätzt der Gesetzgeber die Gefahr der Rücksicht- nahme auf wirtschaftliche Interessen der Prozessfinan- zierer, die durch Berichtspflichten ausgelöst werden können. Insoweit ist der zutreffenden Ansicht 36 36 LG München I, BeckRS 2020, 841 – Rn. 142 ff.; Valdini , BB 2017, 1609 ff., 1610; Greger , MDR 2018, 897 ff., 900; Henssler , in Deckenbrock/Henssler, Einl. RDG Rn. 47l; ders ., NJW 2019, 545, 548 ff.; v. Lewinski/Kerstges , ZZP 2019, 177, 179 ff.; Kluth , VuR 2018, 403, 409; Singer , BRAK-Mitt. 2019, 211, 214; Lemke , RDi 2021, 224, 227; Nuys/Gleitsmann , BB 2020, 2441, 2445; differenzierend Rillig , in Deckenbrock/Henssler, § 10 RDG Rn. 46p. zu fol- gen, dass zwischen Inkassoauftrag und Prozessfinanzie- rung bereits ein struktureller Interessengegensatz be- steht. Auf Berichtspflichten kommt es insoweit nicht (mehr) an. 37 37 Der Bundesrat forderte im Gesetzgebungsverfahren zu Recht dazu auf, die Be- schränkung auf Berichtspflichten auszunehmen, BT-Drs. 1927/73, 53. Den Befürwortern der liberalen Gegenansicht 38 38 Petrasincu/Unseld , RDi 2021, 361, 368 f.; Hartung , AnwBl. Online 2021, 152, 157 f.; Stadler , VuR 2021, 123, 125; grds. keine Interessenkollision auch Decken- brock , in Deckenbrock/Henssler, § 4 RDG Rn. 28b; Rillig , in Deckenbrock/Henssler, § 10 RDG Rn. 46w (lediglich Klarstellung). Grunewald , in BeckOK RDG, § 4 RDG Rn. 30; zum neuen Recht dies. , Rn. 40. ist ent- gegenzuhalten, dass dieser Gefahr auch nicht durch In- formationspflichten nach § 13b I Nr. 3 RDG n.F. 39 39 Zu den Informationspflichten näher Ziff. II. 3 c). be- gegnet werden kann, weil § 4 RDG nicht zur Disposition steht, 40 40 H.M. s. Krenzler/ Remmertz , § 4 RDG Rn. 17; Deckenbrock , in Deckenbrock/Hens- sler, § 4 RDG Rn. 29; dies noch bestätigend LG München I, BeckRS 2020, 841 – Rn. 151; ferner Johnigk , in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, § 4 RDG Rn. 17; Nuys/Gleitsmann , BB 2020, 2441, 2445; Prütting , ZIP 2020, 1434, 1441; Singer , BRAK-Mitt. 2019, 211, 214; v. Lewinski/Kerstges , ZZP 2019, 177, 186 ff.; A.A. Grunewald , in BeckOK RDG, 18. EG 1.7.2021, § 4 RDG Rn. 32; Römermann , NJW 2019, 551, 555; ders ., AnwBl. Online 2020, 273, 277; Stadler , VuR 2021, 123, 126. die Verbraucher also nicht wirksam in eine Inte- ressenkollision einwilligen können. Dieses Problem wur- de vom Gesetzgeber gar nicht erst thematisiert. Eine Schwäche der Ergänzung in § 4 S. 2 RDG n.F. ist auch, dass damit nur das Problem adressiert wird, wenn der Rechtsdienstleister für die Prozessfinanzie- rung einen Dritten einschaltet. Offen bleibt damit, wie die Frage einer Interessenkollision zu beurteilen ist, wenn der Rechtsdienstleister die Prozessfinanzierung selbst als eigene Leistung mit anbietet. Auf europäischer Ebene sieht man die Beteiligung von Prozessfinanzierern zu Recht kritischer. Wie der Entwurf eines Entschließungsantrags des EU-Parlaments 41 41 S. Entwurf einer Entschließung des Rechtsausschusses des Europäischen Parla- ments mit Empfehlungen an die Kommission zur verantwortungsbewussten priva- ten Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten v. 17.6.2021 (2020/2130(INL), abrufbar unter https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/JURI-PR-680934_DE.pdf. zur Regulierung privater Prozessfinanzierer zeigt, werden auch die Gefahren von Interessenkollisionen deutlich angesprochen. 42 42 S. dazu auch die befürwortende Stn. der BRAK Nr. 51/2021. c) AUSWEITUNG DER INFORMATIONSPFLICHTEN Nach § 13b I RDG n.F. müssen Inkassodienstleister, die für einen Verbraucher tätig werden, diesem vor Ver- tragsschluss bestimmte Informationen in klarer und ver- ständlicher Weise zur Verfügung stellen. 43 43 Wobei indes keine Anforderungen an die Art und Weise der Information gestellt werden; krit. dazu zu Recht Lemke , RDi 2021, 224, 229. Diese umfas- sen nach § 13b I Nr. 1–4 RDG n.F. Informationen zur Vereinbarung eines Erfolgshonorars, zur Beteiligung eines Prozessfinanzierers, zu einem möglichen Ver- gleichsabschluss und Angaben zur zuständigen Auf- sichtsbehörde. Die Ablehnung eines Inkassoauftrags muss nach § 13b II RDG n.F. begründet und u.a. mit den Hinweisen verbunden werden, ob eine rechtliche Prüfung stattgefunden hat, diese bejahendenfalls ganz oder teilweise automatisiert erfolgte und dass die Ab- lehnung andere, (also insb. anwaltliche) Möglichkeiten zur Forderungsdurchsetzung unberührt lässt. 44 44 Überblick zu den Reformen bei Rillig , in Deckenbrock/Henssler, § 10 RDG Rn. 47a ff. Die Einführung von Darlegungs- und Informationspflich- ten ist im Grundsatz zu begrüßen. Die Einschränkung REMMERTZ, AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IM RDG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 AUFSÄTZE 290

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