BRAK-Mitteilungen 5/2021
tür“. 65 65 BRAK-Stn.-Nr. 81/2020 zum RefE, S. 5; Henssler , in Deckenbrock/Henssler, Einl. RDG Rn. 47p; Deckenbrock , in Deckenbrock/Henssler, § 4 RDG Rn. 29c.; Rillig , in Deckenbrock/Henssler, § 10 RDG Rn. 47a; Römermann , AnwBl. Online 2020, 518; zum Informationsmodell ursprünglich Grunewald , AnwBl. 2004, 208. Als Fazit ist festzuhalten, dass das Gesetz schon bei Erlass reparaturbedürftig ist. 66 66 Treffend Wessels , Akzente BRAK-Mitt. 2021, 137 „Reparaturbedarf mit Ansage“. III. RECHTSPRECHUNG ZUM LEGAL TECH- INKASSO 1. ZULÄSSIGKEIT DES SOG. SAMMELKLAGE-INKASSO Bis zur BGH-Entscheidung vom 13.7.2021 67 67 BGH, Urt. v. 13.7.2021 – II 84/20, BRAK-Mitt. 2021, 310 (in diesem Heft). vertraten ei- nige Landgerichte, 68 68 S. dazu den Überblick bei Remmertz , BRAK-Mitt. 2020, 264, 265 f.; im Berichtszeit- raum ferner LG Augsburg, BeckRS 2020, 30625; LG Hannover, BeckRS 2021, 1433; LG Ravensburg, BeckRS 2020, 37580 – Rn. 42 – im Diesel-Skandal; LG Ansbach, BeckRS 2021, 6742; LG Trier, BeckRS 2021, 9041; LG Rottweil, BeckRS 2021, 12055. dass die Geschäftsmodelle des sog. Sammelklage-Inkasso, die vor allem in den Diesel-Skan- dal-Fällen und bei Kartellschadensersatzklagen bekannt geworden sind, von der Inkassolizenz nicht mehr gedeckt sind. 69 69 Dazu im Überblick und zum Meinungsstand Rillig , in Deckenbrock/Henssler, § 10 RDG Rn. 46g ff.; allg. dazu Dux-Wenzel/Quaß , DB 2021, 717 ff. Teile der Literatur 70 70 Henssler , in Deckenbrock/Henssler, Einl. Rn. 47g und 47k; ders. , NJW 2019, 545, 546; ders. , AnwBl. Online 2021, 180, 182 f.; Prütting , ZIP 2020, 1434, 1441; Gre- ger , MDR 2018, 897, 899; Nuys/Gleitsmann , BB 2020, 2441, 2445; Meul , CR 2020, 246; s. zum aktuellen Streitstand i.Ü. Deckenbrock/Henssler , § 2 RDG Rn. 95d m.w.N. haben sich dem bislang ange- schlossen. Die Problematik besteht vor allem darin, dass von vornherein absehbar ist, dass es in rechtlich komple- xen Verfahren zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt und die außergerichtliche Geltendmachung al- lenfalls deren Vorbereitung dient. Zunächst bejahte das LG Augsburg, 71 71 LG Augsburg, Urt. v. 27.10.2020 – 11 O 3715/18, BeckRS 2020, 30625 – Rn. 26 ff. noch einen Verstoß und nahm, bezug- nehmend auf eine vorangegangene Entscheidung des LG Ingolstadt 72 72 LG Ingolstadt, Urt. 7.8.2020 – 41 O 1745/18, BeckRS 2020, 18773. auch einen Verstoß gegen § 4 RDG an. 73 73 LG Augsburg, a.a.O., Rn. 33 ff. Ähnlich urteilte später das LG Ansbach. 74 74 LG Ansbach, Urt. v. 29.3.2021 – 3 O 16/21 = RDi 2021, 348 m. Anm. Skupin ; ebenso ferner LG Ravensburg, BeckRS 2020, 37580; LG Trier, BeckRS 2021, 9041. Auch das LG Hannover 75 75 LG Hannover, BRAK-Mitt. 2021, 174 m. zust. Anm. Lemke ; Skupin , RDi 2021, 260; krit. hingegen Petrasincu/Unseld , NZKart 2021, 280; Krüger/Seegers , BB 2021, 1031; Skupin , RDi 2021, 260. ging in einem ausführlich begründeten Ur- teil vom 1.2.2021 von einem Verstoß aus. Der BGH hatte die Zulässigkeit dieses Geschäftsmo- dells in der Entscheidung wenigermiete.de 76 76 BGH, BRAK-Mitt. 2020, 44 = NJW 2020, 208. noch offen- gelassen, 77 77 Dazu bereits Henssler, BRAK-Mitt. 2020, 6, 9; ders. , AnwBl. Online 2020, 168, 169 ff.; ders. , AnwBl. Online 2021, 180, 182. doch schon in der Begründung des Regie- rungsentwurfs zur Ergänzung des § 2 RDG 78 78 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27673, 21. klingt durch, dass man diese Modelle schon de lege lata für zulässig hält. 79 79 Die Gegenäußerung der BReg zur Stn. des BR v. 5.3.2021, BT-Drs. 19/27673, 61 bezog klar Stellung zur Zulässigkeit dieses Geschäftsmodells; der BR hatte ver- sucht, die „rein oder weit überwiegend auf gerichtliches Vorgehen gerichtete Man- datierung“ der Rechtsanwaltschaft vorzubehalten, BT-Drs. 19/27673, 52 f.; dem ist die BReg indes nicht gefolgt. Das RDG unterscheide nicht danach, ob außergerichtliche Bemühungen erfolgversprechend sei- en oder ob dies (von vornherein) nicht der Fall. Vielmehr dürften Inkassodienstleister in diesem Rahmen stets tä- tig werden. Auch § 13 II RDG n.F. der vor Zulassung eine Beschreibung des Inkassomodells fordert, verlange Angaben dazu, ob die Tätigkeit schwerpunktmäßig eine außergerichtliche oder eine gerichtliche Geltendma- chung der jeweiligen Forderungen zum Gegenstand hat. 80 80 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27673, 41. Nach Verabschiedung des Legal Tech-Gesetzes hat der u.a. für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH am 13.7.2021 81 81 BGH, Urt. 13.7.2021 – II ZR 84/20, BRAK-Mitt. 2021, 310 (in diesem Heft). zu dem Streit Stellung bezo- gen und in einem Fall, in dem auf Erfolgshonorarbasis aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche von Flugreisenden gegen einen Verantwortlichen der insol- venten Fluggesellschaft Air Berlin geltend gemacht wur- den, für zulässig befunden. 82 82 BGH, ebenda, Ls. 1 und Rn. 16 ff. Zur Begründung führt der BGH aus, es sei weder dem Wortlaut noch der Systematik der §§ 1–3 RDG zu ent- nehmen, dass entsprechende Geschäftsmodelle von der Inkassobefugnis ausgenommen sein sollten. 83 83 BGH, ebenda, Rn. 17 ff. Es sei auch schon bisher anerkannt, dass Inkassodienstleister als Partei im eigenen Namen Ansprüche gerichtlich gel- tend machen könnten, wenn sie sich dabei anwaltlich vertreten lassen. 84 84 BGH, ebenda, Rn. 19 mit Bezug auf BGH, BRAK-Mitt. 2020, 44 = NJW 2020, 208, 235 Rn. 225 ff. Damit sei der Rechtsuchende ausrei- chend geschützt. Unter Berücksichtigung der Berufs- ausübungsfreiheit des Inkassodienstleisters nach Art. 12 I GG gebiete es der Schutzzweck in § 1 I 2 RDG, die streitgegenständlichen Geschäftsmodelle des Sam- melklage-Inkasso von der Inkassoerlaubnis als mitum- fasst anzusehen. 85 85 BGH, ebenda, Rn. 22 ff. Ein Verstoß gegen § 4 RDG sei eben- falls nicht ersichtlich. 86 86 BGH, ebenda, Rn. 45 ff. Die gebündelte Geltendma- chung von Ansprüchen mehrerer Zedenten begründe in dem konkreten Fall nicht die Gefahr einer für § 4 RDG relevanten Interessenkollision. Den möglichen Risiken müssten die Vorteile einer solchen gebündelten Rechts- durchsetzung gegenübergestellt werden. 87 87 BGH, ebenda, Rn. 49 mit ausf. Begründung. Das Urteil ist ohne Übertreibung eine weitere Grund- satzentscheidung 88 88 Auch daran erkennbar, dass das Urteil für die amtliche BGHZ-Sammlung vorgese- hen ist. im Bereich Legal Tech mit der Folge, dass die Zulässigkeit des sog. Sammelklage-Inkasso – jedenfalls im Grundsatz – nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Auch diese Entscheidung ist indes kritisch zu sehen, ist doch die Inkassoerlaubnis als Erlaubnis- norm für Klagevehikel nicht konzipiert und der Anwen- dungsbereich von Erlaubnisnormen nach dem RDG grundsätzlich auf außergerichtliche Rechtsdienstleis- tungen beschränkt (§ 1 I 1 RDG). Man wird sich aber zunächst auf diese Entscheidung einstellen müssen. De- tailfragen bleiben noch zu klären, insb. zu Fallgestaltun- gen einer Interessenkollision nach § 4 RDG, über die BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 AUFSÄTZE 292
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