BRAK-Mitteilungen 5/2021

Syndikusrechtsanwalt zur Vorlage bei der RAK Frank- furt, laufend auf seinen Namen, von mindestens einem zur Vertretung befugten Organmitglied unterzeichnet, herauszugeben. Unter Einbeziehung der Klagebegrün- dung und des schriftsätzlichen Vorbringens des Kl. rich- tet sich sein Begehren jedoch nicht in erster Linie auf die Herausgabe der Urkunde, sondern auf Abgabe der in der Tätigkeitsbeschreibung bezeichneten Erklärun- gen, die gem. Ziff. IV. der Tätigkeitsbeschreibung hin- sichtlich der Angaben unter II. und III. Bestandteil des Arbeitsvertrags werden. Der Antrag bezieht damit Er- klärungen ein, die eine Vertragsänderung verlangen. Die geänderten Vertragsbedingungen sind in den von dem Kl. mit der Tätigkeitsbeschreibung begehrten Er- klärungen als Angebot auszulegen und so hinreichend bestimmt, dass die Bekl. diese durch ihre Unterschrift einem schlichten „Ja“ annehmen konnte (vgl. BAG, 24.10.2018 – 10 AZR 69/18 Rn. 20 m.w.N.). [16] II. Der Senat kann auf der Grundlage der bisheri- gen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob der Klageantrag begründet ist. Das Landesarbeitsgericht durfte den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung der begehrten Tätigkeitsbe- schreibung aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehand- lungsgrundsatz nicht mit der Begründung abweisen, die Handhabung der Bekl., anderen Arbeitnehmern mit der Befähigung zum Richteramt die Zulassung als Syn- dikusrechtsanwalt zu ermöglichen, habe keine verteilen- de Entscheidung zugrunde gelegen. [17] 1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrund- arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungs- grundsatz satz, aus dem sich auch ein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung ergeben kann (vgl. BAG, 19.9.2017 – 9 AZR 36/17 Rn. 24; 15.5.2012 – 3 AZR 610/11 Rn. 90, BAGE 141, 222), ge- bietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage be- finden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Rege- lung gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungs- grundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleich- heitssatz des Art. 3 I GG bestimmt. Bei freiwilligen Leis- tungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvorausset- zungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlos- sen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewäh- rung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehand- lungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung. Bildet der Ar- beitgeber Gruppen von begünstigten und benachteilig- ten Arbeitnehmern, muss diese Gruppenbildung sach- lichen Kriterien entsprechen. Dabei kommt es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe erge- ben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistun- gen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe einge- räumt worden sind. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer ist dann mit dem Gleichbehandlungs- grundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung gerade nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG, 13.12.2016 – 9 AZR 606/15 Rn. 27). Der arbeitsrecht- liche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht nur dann anwendbar, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, sondern grundsätzlich auch dann, wenn er – nicht auf besondere Einzelfälle beschränkt (vgl. BAG, 20.6.2002 – 8 AZR 499/01 Rn. 74) – nach Gutdünken oder nach nicht sachgerechten oder nicht bestimmbaren Kriterien leistet (vgl. BAG, 19.8.2008 – 3 AZR 194/07 Rn. 24, BAGE 127, 260; 19.8.1992 – 5 AZR 513/91 – zu II 3 b aa der Gründe). [18] 2. Danach hält die Annahme des Landesarbeitsge- richts, der Bekl. habe der Abschluss der Änderungsver- träge freigestanden, weil ihre Zulassungspraxis in der Vergangenheit uneinheitlich und teilweise ohne genau- ere Prüfung der rechtlichen Konsequenzen erfolgt sei, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand. Das Fehlen eines generalisierenden Prinzips und einer – hier in Betracht kommenden – Leistungsgewährung nach Gutdünken an eine Mehrzahl von Arbeitnehmern steht der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbe- handlungsgrundsatzes nicht entgegen. Die Bekl. darf nicht willkürlich darüber entscheiden, welchen – ver- gleichbaren – Mitarbeitern sie eine Zulassung als Syndi- kusrechtsanwalt/Syndikusrechtsanwältin ermöglicht und welchen nicht. [19] III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts er- weist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Das Landesarbeitsgericht durfte einen Anspruch des Kl. auf Erteilung der begehrten Tätigkeitsbeschrei- bung auch nicht mit der Begründung abweisen, im Lan- desbezirk Hessen gebe es keine mit dem Kl. vergleich- baren Beschäftigten, denen eine Zulassung als Syndi- kusrechtsanwalt/Syndikusrechtsanwältin ermöglicht worden sei. [20] 1. Der Arbeitgeber hat aufgrund des arbeitsrecht- betriebsübergrei- fende Gleichbehand- lung erforderlich lichen Gleichbehandlungs- grundsatzes eine Gleichbe- handlung betriebsübergrei- fend zu gewährleisten, wenn seine verteilende Ent- scheidung nicht auf den einzelnen Betrieb begrenzt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unter- nehmens bezieht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Betrieben ist nur zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt. Dabei sind die Besonderheiten des Unternehmens und die seiner Betriebe zu berück- sichtigen (BAG, 26.9.2017 – 1 ABR 27/16 Rn. 15; 3.12. 2008 – 5 AZR 74/08 Rn. 16, BAGE 128, 342). [21] 2. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung sei auf die Handhabung innerhalb des Landesbezirks Hessen und nicht auf die Gesamtheit aller Landesverbände der Bekl. abzustellen, wird von den getroffenen Feststellun- gen nicht getragen. Der vom Landesarbeitsgericht als maßgeblich erachtete Hinweis auf § 12 Ziff. 3 der Rechtsschutzrichtlinie, dem zufolge die Geschäftsfüh- SYNDIKUSANWÄLTE BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 322

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