BRAK-Mitteilungen 5/2021
ABWICKLUNG UND VERTRETUNG FESTSETZUNG DER VERGÜTUNG EINES VERTRETERS BRAO §§ 53 X, 161 * 1. Für die Festsetzung der Vergütung eines Vertre- ters sind im Wesentlichen der Zeitaufwand, den der Vertreter für die Bewältigung seiner Aufgaben benö- tigt, seine berufliche Erfahrung und Stellung sowie die Schwierigkeit und Dauer der Vertretung von Be- deutung. * 2. Anhaltspunkt für die Bemessung einer monat- lichen Pauschalvergütung ist das Gehalt, das für einen Angestellten oder freien Mitarbeiter in einer Anwaltskanzlei gezahlt wird. * 3. Stundenweise Vergütungen eignen sich eher bei überschaubaren und kurzfristigen Vertretungszeit- räumen, die zeit- und detailgenau abgerechnet wer- den können. Dagegen sprechen bei einer umfangrei- chen und länger andauernden Vertretung die Vor- teile der Flexibilität und der – Schwierigkeit und Um- fang der Vertretung einbeziehenden – wertenden Gesamtschau gerade für die Festsetzung von Mo- natspauschalen, die den wechselnden Bedingungen einer solchen Vertretung besser Rechnung tragen und auf diese Weise eine angemessene Vergütung des Vertreters gewährleisten können. * 4. Bei der Vergütungsfestsetzung sind zwar regio- nale Unterschiede in den einzelnen Kammerbezir- ken zu berücksichtigen. Voraussetzung hierfür ist je- doch, dass entsprechendes Datenmaterial vorliegt. Aufwändige eigene Erhebungen muss die Rechtsan- waltskammer anlässlich der Festsetzung einer Ver- gütung nicht durchführen. * 5. Ist ein Vertreter Fachanwalt, kann es gerechtfer- tigt sein, die festzusetzende Vergütung wegen die- ser Qualifikation zu erhöhen. BGH, Urt. v. 3.5.2021 – AnwZ (Brfg) 52/19 AUS DEM TATBESTAND: [1] Der Kl. ist im Bezirk der Bekl. als Rechtsanwalt zugelas- sen. Gegen ihn wurde mit Beschluss des AnwG B. v. 11.12. 2017 ein vorläufiges Berufsverbot angeordnet. Mit Urteil des AnwG vom selben Tage wurde der Kl. aus der Rechts- anwaltschaft ausgeschlossen. Der AGH hob die Entschei- dungen v. 11.12.2017 mit Beschl. und Urt. v. 19.3.2018 auf und stellte das Verfahren gegen den Kl. ein. [2] Mit Bescheid v. 12.12.2017 bestellte die Bekl. unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung die Beigeladene zur Vertreterin des Kl. Dieser Bescheid war Gegenstand einer Klage des Kl. vor dem AGH. Das Ver- fahren wurde in der mündlichen Verhandlung v. 6.5. 2019 übereinstimmend für erledigt erklärt. [3] Die Beigeladene nahm am 13.12.2017 ihre Tätig- keit als Vertreterin des Kl. auf. In diesem Rahmen erteil- te sie in der Folgezeit sowohl Rechtsanwälten der Sozie- tät K. & D., in der sie tätig ist, als auch weiteren Rechts- anwälten Untervollmachten. [4] Nachdem eine Einigung zwischen der Beigeladenen und dem Kl. nicht zustande gekommen war, beantragte die Beigeladene mit Schreiben v. 18.1.2018 für den Zeit- raum v. 13.12.2017 bis zum 18.1.2018 die Festsetzung einer vom Vertretenen zu zahlenden Vergütung von 21.815 Euro netto (25.959,85 Euro brutto). Dem An- trag war ein Nachweis über Tätigkeiten der Beigelade- nen und weiterer unterbevollmächtigter Rechtsanwälte der Sozietät K. & D. über 174,52 Stunden beigefügt. Mit Bescheid v. 28.2.2018 setzte die Bekl. die Vergü- tung antragsgemäß fest. Den hiergegen mit Schreiben v. 5.3.2018 eingelegten Widerspruch des Kl. beschied sie nicht. [5] Die daraufhin vom Kl. gegen den Bescheid v. 28.2. 2018 erhobene Klage hat der AGH abgewiesen. Er hat ausgeführt, die Bestellung eines Vertreters sei rechtmä- ßig gewesen. Darauf, ob die Bestellung gerade der Bei- geladenen als Vertreterin rechtswidrig gewesen sei, komme es für die Rechtmäßigkeit der Vergütungsfest- setzung nicht an. Denn im Bescheid v. 12.12.2017 sei gleichzeitig dessen sofortige Vollziehung angeordnet worden, woraufhin die Beigeladene die Vertretung des Kl. tatsächlich wahrgenommen habe. Die Festsetzung der Vergütung sei auch der Höhe nach nicht zu bean- standen. Sie entspreche einer angemessenen Vergü- tung i.S.v. § 53 X 5 BRAO. Dies gelte zwar nicht, soweit die Bekl. auf einen Stundensatz von 125 Euro abgestellt habe. In Fällen der vorliegenden Art erscheine es viel- mehr angebracht, eine Gesamtvergütung für einen län- geren Zeitraum, etwa in Form von Monatspauschalen festzusetzen. Dies ändere jedoch nichts daran, dass der festgesetzte Betrag im Ergebnis nicht zu beanstanden sei, da eine Vergütung in Höhe einer Monatspauschale von nicht unter 29.000 Euro (netto) durchaus einer an- gemessenen Vergütung entspreche. [6] Für die Bemessung einer angemessenen Vergütung in Form einer Pauschale könne im Ausgangspunkt als Minimum das von der Bekl. auf der Basis von Daten für 2013 ermittelte Durchschnittsgehalt eines angestellten Rechtsanwalts in den neuen Bundesländern von monat- lich 3.821,96 Euro – gerundet 4.000 Euro – herangezo- gen werden. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Bekl. nicht noch weiter zwischen verschiedenen Regionen in ihrem Kammerbezirk differenziert habe. Die Vergütung sei im Hinblick auf die Qualifikation der Beigeladenen als Fachanwältin für Sozialrecht zu erhöhen, da eine solche Fachanwältin in besonderem Maße geeignet ge- wesen sei, die überwiegend sozialrechtlichen Mandate des Kl. zu betreuen, es ihr jedoch infolge der Vertreter- tätigkeit in entsprechend geringerem Maße möglich ge- wesen sei, eigene, ihrer Qualifikation entsprechende Mandate zu bearbeiten und dadurch Einnahmen zu er- zielen. BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 328
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