BRAK-Mitteilungen 5/2021
AUS DEN GRÜNDEN: [17] I. Die Berufung des Kl. ist zulässig. Sie hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. [18] Nach § 161 II i.V.m. § 53 X 4 BRAO hat der Rechts- anwalt, für den gem. § 161 I 1 BRAO von Amts wegen ein Vertreter bestellt worden ist, dem bestellten Vertre- ter eine angemessene Vergütung zu zahlen. Können sich – wie vorliegend – die Beteiligten über die Höhe der Vergütung nicht einigen, so setzt gem. § 161 II i.V.m. § 53 X 5 BRAO der Vorstand der RAK auf Antrag des Vertretenen oder des Vertreters die Vergütung fest. [19] Der Begriff der angemessenen Vergütung i.S.v. angemessene Vergütung § 53 X 4, 5 BRAO ist ein un- bestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nach- prüfung unterliegt (für die Festsetzung der Vergütung des Abwicklers vgl. Senat, Beschl. v. 12.2.2018 – AnwZ (Brfg) 6/17, AnwBl. 2018, 365 Rn. 14 und v. 30.11.1992 – AnwZ (B) 37/92, NJW- RR 1993, 1335, 1336). Für ihre Festsetzung sind im We- sentlichen der Zeitaufwand, den der Vertreter für die Bewältigung seiner Aufgabe benötigt, seine berufliche Erfahrung und Stellung sowie die Schwierigkeit und Dauer der Vertretung von Bedeutung. Anhaltspunkt für die Bemessung einer – vorliegend vom AGH ermittelten – monatlichen Pauschalvergütung ist das Gehalt, das für einen Angestellten oder sog. freien Mitarbeiter in einer Anwaltspraxis gezahlt wird. Dabei sind regionale Unterschiede zu berücksichtigen (vgl. Senat, Beschl. v. 24.10.2003 – AnwZ (B) 62/02, NJW 2004, 52, 53 und v. 30.11.1992, a.a.O.; Weyland/Nöker , BRAO, 10. Aufl., § 53 Rn. 80a; Dahns, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwalt- liches Berufsrecht, 3. Aufl., § 53 BRAO Rn. 53). [20] In Anwendung dieser Grundsätze und unter Be- rücksichtigung des Ergebnisses der vom Senat durchge- führten Beweisaufnahme erscheint für den streitgegen- ständlichen Vertretungszeitraum eine Vergütung von insgesamt 10.432,70 Euro nebst 19 % Umsatzsteuer (12.414,91 Euro brutto) als angemessen i.S.v. § 53 X 4, 5 BRAO. [21] 1. Der AGH ist zutreffend davon ausgegangen, dass es für die Vergütungsfestsetzung – dem Grunde und der Höhe nach – ohne Bedeutung ist, ob der Be- scheid der Bekl. v. 12.12.2017, mit dem die Beigelade- ne – entgegen dem Vorschlag des Kl. (vgl. § 161 I 2 BRAO) – zu seiner Vertreterin bestellt worden ist, rechtswidrig ist. [22] a) Das Gesetz fordert in §§ 161 II, 53 X 4 BRAO nur wirksame Bestel- lung erforderlich für die Pflicht des Vertrete- nen zur Vergütung des Ver- treters lediglich dessen wirksame, von Amts wegen erfolgte Bestellung. Nach dem Willen des Gesetzgebers (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, der Patentanwälte und der Notare, BT-Drs. 10/3854, 29) ist die Regelung über die Entschä- digung des von Amts wegen bestellten Vertreters die Konsequenz aus der Pflicht zur Übernahme der Vertre- tung nach § 53 V 3 i.V.m. § 161 II BRAO. Dann aber muss die Rechtswidrigkeit einer – wirksamen – Vertre- terbestellung ohne Einfluss auf die Pflicht zur Vergütung des tätig gewordenen Vertreters bleiben. Denn der – wie hier – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung amtlich bestellte Vertreter ist auch bei einer sich nach- träglich als rechtswidrig erweisenden Bestellung zur Übernahme der Vertretung verpflichtet. Entgegen der Auffassung des Kl. würde in diesem Fall auch nicht eine rechtswidrige Bestellung durch die tatsächliche Aufnah- me der Tätigkeit des Vertreters „legalisiert“. Sie bleibt vielmehr anfechtbar und ist vorliegend vom Kl. zu- nächst auch angefochten worden. Lediglich vergü- tungsrechtlich bestünde kein Unterschied zwischen einer rechtswidrigen und rechtmäßigen Auswahl des Vertreters. Der Vertretene wird hierdurch jedoch nicht schutzlos gestellt. War die Vertreterbestellung rechts- widrig, kommt vielmehr ein Amtshaftungsanspruch ge- gen die RAK in Betracht. [23] b) Dementsprechend bleibt auch für die Höhe der festzusetzenden Vergütung der – vom Kl. behauptete – Umstand ohne Bedeutung, der von ihm als Vertreter vorgeschlagene Rechtsanwalt M. sei bereit gewesen, zu einer wesentlich niedrigeren Vergütung tätig zu wer- den. Der von Amts wegen wirksam bestellte Vertreter hat gem. § 53 X 4, 5 BRAO einen Anspruch auf eine an- gemessene Vergütung. Diese richtet sich – wie ausge- führt – im Wesentlichen nach dem Zeitaufwand, den der Vertreter für die Bewältigung seiner Aufgabe benö- tigt, seiner beruflichen Erfahrung und Stellung sowie den Schwierigkeiten und der Dauer der Vertretung. Aus- gangspunkt für die Bemessung der Vergütung des Ver- treters ist somit die durch ihn ausgeübte Vertretungstä- tigkeit und die in seiner Person gegebene Qualifikation. Daraus folgt zugleich, dass die Bereitschaft eines ande- ren Rechtsanwalts, die Vertretung für eine niedrigere Vergütung und mit möglicherweise anderer Qualifika- tion zu übernehmen, für die Angemessenheit der Vergü- tung, die für die vom bestellten Vertreter ausgeübte Tä- tigkeit festzusetzen ist, ohne Bedeutung ist. Eine solche Bereitschaft mag im Einzelfall bei der Auswahl des Ver- treters durch die RAK zu berücksichtigen sein. Ist die Auswahl indes getroffen und ein Vertreter bestellt, ist im Hinblick auf die Angemessenheit der Vergütung al- lein auf dessen Tätigkeit und Qualifikation abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn ein anderer Rechtsanwalt – etwa wegen seiner größeren Vertrautheit mit der Kanz- lei des Vertretenen – die Vertretungstätigkeit mit einem niedrigeren Aufwand hätte betreiben können. Eine des- halb – unterstellt – fehlerhafte Auswahlentscheidung der RAK darf nicht dazu führen, dass der bestellte Ver- treter für den im Rahmen seiner Vertretungstätigkeit er- forderlichen, wenn auch vergleichsweise größeren Auf- wand nicht angemessen vergütet wird. [24] 2. Nicht zu beanstanden ist auch, dass der AGH Monatspauschale die Vergütung gem. § 53 X 5 BRAO nicht – wie die Bekl. in dem angefochte- nen Bescheid – als stundenweise Vergütung, sondern in ABWICKLUNG UND VERTRETUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 330
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