BRAK-Mitteilungen 5/2021
Mitarbeitern und dem im Kanzleigebäude des Kl. und bereits zuvor für ihn tätigen Rechtsanwalt M. getroffe- nen Vereinbarung wurden die bisherige Arbeitsweise und die bisherigen Verfahrensabläufe beibehalten, während die Aufgabe der Beigeladenen im Wesent- lichen in der Kontrolle dieser Abläufe bestand. [43] Dagegen standen die Kanzleistruktur und die Mit- arbeiter des Kl. der Beigeladenen nicht mehr zur Verfü- gung, nachdem der Kl. die Arbeitsverhältnisse der meis- ten seiner Mitarbeiter mit Schreiben v. 5.1.2018 fristlos gekündigt hatte und Rechtsanwalt M. – ungefähr zur selben Zeit – überraschend verschwunden war. Ab die- sem Zeitpunkt waren der klägerische Kanzleibetrieb und seine hohe Anzahl an Verfahren von der mit ihm und seinen besonderen Gegebenheiten nicht vertrauten Beigeladenen und den von ihr unterbevollmächtigten Rechtsanwälten der Kanzlei K. & D. zu bewältigen. Dies führte zu ganz erheblichen Schwierigkeiten und einem besonderen Arbeitsaufwand für die vorgenannten Per- sonen und die von ihnen zur Unterstützung herangezo- genen weiteren Mitarbeiter der Kanzlei K. & D. Hervor- zuheben ist auch hier die enorme Menge der eingehen- den Post, Verfahrensakten und Anrufe sowie der in ihrer Folge zu sichtenden und zu bearbeitenden Vorgänge. Soweit der Kl. in diesem Zusammenhang in Abrede stellt, dass es in seiner Kanzlei 30.000 zu führende Ver- fahren gegeben habe, führt dies zu keiner anderen Be- wertung. Der Kl. bestreitet nicht, dass ein derart hoher Aktenbestand vorhanden war. Letzterer erfordert aber bereits für sich genommen bei – wie hier – fehlender Zu- sammenarbeit zwischen Vertretenem und Vertreter eine umfangreiche Sichtung und Prüfung durch den Vertre- ter, damit überhaupt festgestellt werden kann, welche Verfahren offen sind und der weiteren Bearbeitung be- dürfen und welche Verfahren abgeschlossen sind. [44] Gerichtstermine waren von der Beigeladenen und ihren Kollegen nicht in überdurchschnittlicher Anzahl wahrzunehmen. Erschwerend kam jedoch hinzu, dass die elektronische Aktenführung der Kanzlei des Kl. für die Beigeladene während eines erheblichen Teils des vorliegenden Vertretungszeitraums nur eingeschränkt zugänglich war und zudem erst erschlossen werden musste. Eine vollständige Datensicherung scheiterte u.a. deshalb, weil Hardware entwendet worden war. Auch verweigerte der Kl. nicht nur weitgehend seine Kooperation mit der Beigeladenen, sondern behinder- te ihre Vertretungstätigkeit zusätzlich durch sein Ver- halten. [45] Die vorstehenden besonderen Erschwernisse der Erschwernisse der Vertretung Vertretung führten sowohl bei Rechtsanwälten der Kanzlei K. & D. als auch bei deren Mitarbeitern zu einer großen Arbeitsbelastung und infolgedessen teilweise zu psychischen Problemen. Eigene Mandate konnten nicht oder nur verzögert bearbeitet werden, was eben- so zu Beschwerden der Mandanten führte wie die eingeschränkte telefonische Erreichbarkeit der Kanzlei K. & D. [46] bb) Die vorgenannten Umstände stehen zur Über- zeugung des Senats fest aufgrund der von ihm durchge- führten Beweisaufnahme und der zwischen den Beteilig- ten nicht streitigen Tatsachen. [47] (1) Sie ergeben sich zunächst aus den entsprechen- den Bekundungen der vom Senat angehörten Beigela- denen und vernommenen Zeugen Ka. und A.W., K. und S. Diese Bekundungen sind glaubhaft. Die Beigeladene und die vorgenannten Zeugen haben ihre im Rahmen der Vertretung des Kl. – als bestellte Vertreterin, Unter- bevollmächtigte und Mitarbeiter – ausgeübten Tätigkei- ten jeweils ausgesprochen detailreich, lebhaft und nachvollziehbar geschildert. Einzelne Verfahrensabläu- fe und ihre eigenen Verantwortungsbereiche konnten sie plausibel und authentisch darstellen. Dabei ver- mochten sie auch aus ihrer Sicht unerwartete Fragen ohne Zögern, widerspruchsfrei und überzeugend zu be- antworten. Der Senat hat keine Zweifel, dass die Bekun- dungen der Beigeladenen und der Zeugen ihre Aufga- ben und Tätigkeiten im Rahmen der Vertretung des Kl. – trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufes – aus eigenem Erleben und eigener Erinnerung zutreffend wiederge- ben. Dies gilt umso mehr, als die von ihnen getätigten Angaben weitgehend miteinander übereinstimmen und widerspruchsfrei sind, ohne abgesprochen zu wirken. [48] (2) Darüber hinaus wird die – zu besonderen Schwierigkeiten der Vertretung führende – mangelnde Kooperation des Kl. durch Tatsachen belegt, die zwi- schen den Beteiligten nicht streitig sind. So hat der Kl. nach dem Vortrag der Bekl. und der Beigeladenen, dem er insoweit nicht entgegengetreten ist, – Anfragen der Beigeladenen zu bevorstehenden Ter- minen dahin beantwortet, die Akten lägen ihr vor, er rege an, diese durchzuschauen, darin fänden sich auch die entsprechenden Gerichtstermine (Anl. B04 zum Schriftsatz der Beigeladenen v. 27.2.2020); – bei ihm eingegangene gerichtliche Aufforderungen mit Fristsetzungen – oft über die Bekl. – an die Beige- ladene erst nach oder zum Zeitpunkt des Fristablaufs weitergeleitet (Anl. AK 22-25, 27 zum Schriftsatz der Bekl. v. 11.3.2020); – Anlagen unvollständig übersandt (Anl. AK 25 zum Schriftsatz der Bekl. v. 11.3.2020); – ohne vorherige Rücksprache mit der Beigeladenen für diese Beratungstermine vereinbart und sie unter Androhung von Schadensersatzansprüchen aufgefor- dert, diese Termine wahrzunehmen (Schriftsatz der Beigeladenen v. 27.2.2020, S. 27 f.); – Widerspruchssachen nach Ablauf der Klagefrist übergeben (Anl. A 28 zum Schriftsatz der Bekl. v. 11.3.2020), so dass Wiedereinsetzungsanträge erfor- derlich wurden; – die ihm am 4.1.2018 zugegangene Aufhebung des Termins vor dem Sozialgericht N. v. 8.1.2018 erst am 10.1.2018 weitergeleitet, und zwar nicht direkt an die Beigeladene, sondern an die Bekl. (Anl. AK 26 zum Schriftsatz der Bekl. v. 11.3.2020); ABWICKLUNG UND VERTRETUNG BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 333
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