BRAK-Mitteilungen 5/2021

– die ihm am 27.12.2017 zugestellte Ladung des Sozial- gerichts Br. zum Termin am 18.1.2018 erst am 17.1. 2018 – über die Bekl. – an die Beigeladene weiterge- leitet (Anl. AK 29 zum Schriftsatz der Bekl. v. 11.3. 2020). [49] Eine weitere erhebliche Erschwernis der Tätigkeit der Beigeladenen verursachte der Kl. dadurch, dass er gegenüber Dritten auf der Kommunikationsplattform „F.“ der Beigeladenen Untreue, nämlich das kriminelle Leerräumen des Kanzleikontos vorwarf (Anl. A 42 zum Schriftsatz der Bekl. v. 11.3.2020). Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass derartige Diffamierungen Anfra- gen bei der Beigeladenen hervorriefen und zu besonde- ren Schwierigkeiten der Vertretung führten. [50] Solche Schwierigkeiten wurden auch dadurch be- gründet, dass der Beigeladenen vom Kl. unstreitig zu- nächst der Zugang zu seinen Kanzleiräumen verweigert wurde und dieser erst mittels einer von der Beigelade- nen erwirkten, am 2.1.2018 vollstreckten einstweiligen Verfügung erlangt werden konnte. Dabei ist es in vorlie- gendem Zusammenhang ohne Bedeutung, dass die Bei- geladene den für die Erwirkung der einstweiligen Verfü- gung erforderlichen Zeitaufwand in dem ihrem Vergü- tungsantrag beigefügten Tätigkeitsnachweis aufgeführt hat. Denn durch diesen Aufwand werden nicht die be- sonderen Schwierigkeiten der Vertretung erfasst, die durch die vorherige Verweigerung des Zugangs zu den Kanzleiräumlichkeiten als solche bedingt waren. [51] (3) Entgegen der Auffassung des Kl. ist der Beigela- denen nicht vorzuwerfen, dass sie ihn durch ihr Verhal- ten zur Kündigung der meisten Arbeitsverhältnisse sei- ner Mitarbeiter veranlasst und auf diese Weise die hier- durch eingetretene erhebliche Erschwerung ihrer Ver- tretungstätigkeit selbst verursacht hat. [52] (a) Mit der Bestellung der Beigeladenen als Vertre- terin des Kl. hat sie diesen nicht aus seiner Stellung als Arbeitgeber seiner Mitarbeiter verdrängt. Mit allen Ver- trägen, die zur Führung der Anwaltspraxis notwendig waren, hatte sie grundsätzlich nichts zu tun. Ansprüche aus bestehenden Arbeitsverhältnissen richten sich nur gegen den Vertretenen (vgl. Dahns , in Gaier/Wolf/Gö- cken, a.a.O., § 53 Rn. 47; Weyland/Nöker , a.a.O., § 53 Rn. 63 f.). Nur wenn der Vertreter die Kanzlei des Ver- tretenen zur Bewältigung seines Auftrags benötigt, hat er in eigener Entscheidung ggf. selbst die Verträge fort- zuführen, neu zu schließen und zu finanzieren. Zahlt der Vertreter hierzu die Vergütung, um das Personal zu hal- ten, kann er diese Aufwendungen gegen den Vertrete- nen nach § 53 IX 2 BRAO i.V.m. § 670 BGB geltend ma- chen ( Dahns, in Gaier/Wolf/Göcken; Weyland/Nöker ; jeweils a.a.O.). [53] (b) Danach war vorliegend die Beigeladene als Vertreterin des Kl. nicht verpflichtet, in dessen Arbeits- verhältnisse mit seinen Mitarbeitern einzutreten und die entsprechenden Vergütungsansprüche – vorbehalt- lich einer Geltendmachung gegen den Kl. – zu überneh- men. Zwar ist nicht zu verkennen, dass eine solche, die Mitarbeiter des Kl. einbeziehende Verfahrensweise – wie die Abläufe in den ersten Tagen der Vertretung bele- gen – geeignet war, die Wahrnehmung der Vertretung wesentlich zu erleichtern und einen erheblichen Teil der später aufgetretenen Schwierigkeiten zu vermeiden. Der Beigeladenen kann jedoch nicht zur Last gelegt werden, dass eine derartige Struktur der Vertretung nicht (dauerhaft) verwirklicht wurde. [54] So hat sie zu Beginn der Vertretung gerade darauf hingewirkt, dass der Kanzleibetrieb des Kl. unter Mitwir- kung und Einsatz des dortigen Personals – weitgehend unverändert – aufrechterhalten blieb. Sie war auch grundsätzlich dazu bereit, entsprechende Personalkos- ten zu übernehmen. Dies wird bereits dadurch belegt, dass sie den im Kanzleigebäude des Kl. arbeitenden Rechtsanwalt M. unterbevollmächtigt und beauftragt hat, im Rahmen der Vertretung gegen eine von ihr zu zahlende Vergütung tätig zu werden. Der Zeuge M. hat in seiner Vernehmung durch den Senat glaubhaft be- kundet, er habe bereits vor dem Vertretungszeitraum als selbstständiger Rechtsanwalt im Kanzleigebäude des Kl. in C. gearbeitet. Er habe für den Kl. Terminvertre- tungen wahrgenommen und hierfür nach Rechnungs- stellung eine entsprechende Vergütung erhalten. Mit der Beigeladenen sei vereinbart worden, dass es in der Kanzlei des Kl. während der Vertretung durch die Beige- ladene so weitergehen solle wie bisher. Er habe als Un- terbevollmächtigter tätig werden und den Kanzleibe- trieb des Kl. im Hinblick auf die wichtigsten Aufgaben fortführen sollen. Seine Tätigkeit sei nach Abrechnung und Übersendung von Stundenzetteln an die Beigelade- ne von dieser mit zunächst um die 60 Euro und später 35 Euro pro Stunde vergütet worden. [55] Darüber hinaus hat die Beigeladene – wie der Zeu- ge K. glaubhaft bekundet hat – eine eigens für die Ver- tretung des Kl. in der Kanzlei K. & D. eingestellte Mitar- beiterin aus dem für die Vertretung eingerichteten Treu- handkonto bezahlt. Dies zeigt, dass sie bereit war, im Rahmen der Vertretung Arbeitsverhältnisse zu begrün- den und die insofern anfallenden Personalkosten aus den – auf dem Treuhandkonto eingehenden – Einnah- men zu begleichen. Dementsprechend hat die Beigela- dene in ihrer Anhörung durch den Senat bekundet, sie sei grundsätzlich bereit gewesen, die Mitarbeiter des Kl. zu vergüten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kl. mit Schriftsatz v. 30.4.2021 vorgeleg- ten Schreiben der Kl. v. 4.1.2018, mit dem sie die Mitar- beiter des Kl. anwies, keine Honorarabrechnungen, Kos- tenerstattungsanträge und sonstigen Schreiben zu ver- fassen, die wie auch immer geartete Einnahmen bedeu- teten. Daraus lässt sich nicht schließen, dass mit der Kanzlei des Kl. keine Einnahmen mehr generiert werden sollten, aus denen etwa die Personalkosten für seine Mitarbeiter hätten beglichen werden können. Ein nach- vollziehbarer Grund für die Anweisung der Beigelade- nen konnte vielmehr auch darin liegen, dass diese – an- gesichts ihrer in dem Schreiben v. 4.1.2018 betonten Abrechnungsverpflichtung am Ende der Vertretung – nunmehr selbst die Verantwortung für und die unmittel- bare Kontrolle über die Einnahmen der Kanzlei des Kl. ABWICKLUNG UND VERTRETUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 334

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