BRAK-Mitteilungen 5/2021

SONSTIGES DATENAUSKUNFTSANSPRUCH GEGEN EINE ANWALTSKANZLEI DSGVO Art. 4 Nr. 1, Art. 12, Art 15 I und III 1 * 1. Einem Mandanten steht ein Anspruch auf Da- tenauskunft gem. Art. 15 DSGVO gegen seinen Rechtsanwalt zu. * 2. Der Begriff der „personenbezogenen Daten“ nach Art. 4 DSGVO ist weit gefasst und umfasst nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare na- türliche Person beziehen. * 3. Dem Anspruch auf Datenauskunft unterfallen auch die Angaben aus dem Mandatskonto sowie die betreffend den Mandanten gespeicherte elektroni- sche Kommunikation. LG Bonn, Urt. v. 20.5.2021 – 15 O 372/20 AUS DEM TATBESTAND: Die Parteien streiten um Auskunft, negative Feststellung und Schmerzensgeld nach Beendigung eines Anwalts- vertrages. Die Kl. erlitt im August 2016 einen schweren Verkehrs- unfall. Zur Regulierung der Unfallschäden mit dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, der X-Versi- cherung, die ihre Haftung dem Grunde nach anerkann- te, beauftragte sie am 8.9.2016 den Bekl. Die Schwes- ter und die Mutter der Kl., die mit der Kl. in dem Unfall- wagen gesessen hatten, beauftragten ebenfalls den Bekl. Dieser übernahm das Mandat und auch führte es auch, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Bekl. das Mandat in der Folge hat einschlafen lassen. In den zu den drei Mandaten geführten Handakten hef- tete der Bekl. zum Teil jeweils lnformationen auch be- treffend die anderen Mandate ab. Für die Aktenein- sichtnahme stellte der Bekl. der X-Versicherung unmit- telbar einen Betrag i.H.v. 157,08 Euro in Rechnung, der in der Schlussrechnung v. 3.10.2020 nicht aufgeführt war. Außerdem kommunizierte der Bekl. mit der Kl. u.a. per E-Mail und Whatsapp, diesbezüglich und auch be- zogen auf das Mandatskonto der K. erteilte er jedoch keine Auskunft. Außerdem erteilte er keine Auskunft zu der Frage, inwieweit lnformationen der Kl. an den mit dem Bekl.n in Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwalt gelangt sind. Der Bekl. wurde für die Kl. zudem in einer Schadenssa- che aus 2017 gegen den Haftpflichtversicherer des Kos- metikstudios H.., tätig. Dabei erhob der Bekl. die Klage nicht im Namen der Kl.n, sondern im Namen ihrer Schwester. Unterlagen betreffend dieses Mandat legte der Bekl. nicht vor. Unter dem 7.1.2020 kündigte die Kl. das Mandat und forderte den Bekl. auf, ihr eine vollständige Datenaus- kunft einschließlich einer Kopie der Handakte zu ertei- len. Außerdem beauftragte die Kl. ihren jetzigen Pro- zessbevollmächtigten mit der Geltendmachung des An- spruchs auf Erteilung der Datenauskunft und Heraus- gabe einer Kopie der Handakte, wobei streitig ist, wann dieser Auftrag erteilt worden ist. Die Kl. behauptet, dass der Bekl. trotz rnehrfacher Auf- forderung untätig geblieben sei und sie auch nicht über den Fortgang des Mandats unterrichtet habe. lhr stehe ein Schadensersatzanspruch aufgrund der Kosten der Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts zu. lhren Prozessbevollmächtigten habe sie erst am 25.3.2020 damit beauftragt, die Rechte aus dem gekündigten Mandatsverhältnis gegenüber dem Bekl. wahrzuneh- men. Die Höhe des Schmerzensgeldes sollte einen Be- trag von 1.000 Euro nicht unterschreiten, weil der Bekl. sich seit neun Monaten mit Erteilung der Auskunft in Verzug befinde und sein Verhalten als mutwillig zu be- werten sei. Der Anspruch auf Datenauskunft sei weiter- hin nicht vollständig erfüIIt, weil Angaben zum „Man- datskonto” und der Kommunikation per E-Mail und WhatsApp fehlten. Zudem fehlten Angaben zum Büro- rechner und ob Daten an den Rechtsanwalt in Büroge- meinschaft weitergegeben worden seien, weil dieser die gleiche Telefaxnummer nutze. Außerdem fehlten Aus- künfte zur Mandatsführung in der Sache gegen das Kosmetikstudio H. Die Klageerhebung sei mit der Kl. nicht abgesprochen gewesen. Durch die verspätete Da- tenauskunft sei die Kl. gehindert worden, ihre Ansprü- che gegenüber der Versicherung weiter geltend zu ma- chen. Sie könne ohne die Handakte nicht den Stand der Regulierung überblicken, weil eine Rechnungslegung fehle. Der von dem Bekl. vorgelegte Formulardruck las- se keinen Bezug zur Person der Kl. erkennen. Den Gebührenhinweis nach § 49b V BRAO habe der Bekl. nicht erteilt. Eine 2,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG könne der Bekl. ohne Begründung nicht verlan- gen. Weder der angesetzte Gegenstandswert noch die Entstehung einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG seien nachvollziehbar. Der Betrag i.H.v. 4.671,11 Euro sei nicht nachvollziehbar. Mit dem Schadensersatzanspruch wegen der weiteren vorgerichtlichen Kosten erklärt die Kl. hilfsweise die Auf- rechnung. Die Datenauskunftsklage macht die Kl. als Stufenklage geltend. Sie behält sich Schadensersatzan- spruche gegen den Bekl. vor. lm Termin zur mündlichen Verhandlung v. 6.10.2020 hat der Bekl. dem Klägervertreter die Handakte überge- ben. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in- soweit für erledigt erklärt. Außerdem hat der Bekl. seine Rechnung Nr. 20-1001 i.H.v. 4.778,62 Euro übergeben. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage zum Protokoll v. 6.10.2020, Bl. 225, verwiesen. Unter dem 13.10.2020 übersandte der Bekl. eine Datenauskunft betreffend die Kl. Mit Schriftsatz v. 14.10.2020 hat die SONSTIGES BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 342

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